Rettungskreuzer Ikarus Band 014 - Phönix
sie glaubte er wäre geflohen. Die kalte Pistolenmündung,
die sich in ihren Nacken drückte, bewies ihr das Gegenteil.
»Schade«, sagte Starf hinter ihr und trat aus den Schatten. Sonja
hatte nicht die geringste Ahnung, wie er sich ihren Blicken entzogen hatte.
»Ich hätte Sie gerne lebend Ihrer Majestät übergeben«,
fuhr er fort. »Aber wenigstens haben Sie mir die Arbeit abgenommen, Wadda
und sein Pack zu erledigen.«
»Ich hab mir schon gedacht, dass sie kein Kopfgeld zahlen«, sagte
Sonja.
»An diese Bande?« Starf lachte rau auf. »Sicher nicht. Waffen
fallen lassen und langsam umdrehen!«
Sonja seufzte. Die Blaster polterten zu Boden. Sie hob vorsichtig die Hände,
um Starf zu zeigen, dass sie leer waren, und drehte sich bedächtig auf
der Stelle um. Der Scherge des Kronprinzen trat einen Schritt zurück und
betrachtete sie mit einem geringschätzigen Blick, der an ihren nackten
Brüsten hängen blieb. Sonja wog ihre Chancen ab, den Augenblick für
einen Angriff zu nutzen, entschied sich jedoch dagegen. Etwas in ihr sagte ihr,
dass sie nicht unsinnigerweise ihr Leben aufs Spiel setzen musste, obwohl sie
vorher noch anders darüber gedacht hatte. Vielmehr war so etwas wie eine
Art Pflichtbewusstsein in ihr erwacht – eine Pflicht gegenüber ihren
Leuten von der Rettungsabteilung. Sie spürte, dass sie hier auf eine größere
Sache gestoßen war, über die sie unbedingt mehr erfahren und die
sie an Sentenza und das Corps weitergeben musste.
»Ist das auf Ceelus der neue Modetrend?«, höhnte Starf, während
sein Blick eindeutig lüsterner wurde.
Eine neue Detonation erschütterte die Station. Irgendwo knarrte und knackte
es. Ein Scheppern war zu hören.
»Machen Sie sich keine Hoffnungen«, sagte Starf und deutete mit dem
Kinn aufwärts. »Ihr Rettungskreuzer wird den Angriff eines imperialen
Schlachtkreuzers kaum überstehen.«
»Warum ist Joran hinter mir her?«, fragte Sonja geradewegs heraus.
Starf legte den Kopf schief und hob gleichzeitig die Brauen. »Sie scheinen
bei der Wiederkehr ja wirklich einiges vergessen zu haben. An was erinnern Sie
sich überhaupt noch?«
Sonja atmete tief durch. Sie wusste nicht, ob es ratsam war, ihm auf die Nase
zu binden, dass sie so gut wie gar keine Erinnerungen besaß, aber was
machte es schon für einen Unterschied? Vielleicht hatte sie Glück
und er plauderte munter drauflos, zumal er ja ohnehin angedeutet hatte, sie
töten zu wollen.
Sie senkte leicht den Blick und ließ die Schultern hängen, um einen
hilflosen Anblick abzugeben. In Wahrheit drückte die Geste aber ohnehin
ihre momentane Gefühlswelt aus, wie sie sich ungern zugestand. Seit sie
auf Ceelus erwacht war, war sie vom Regen in die Traufe geraten. Sie war es
leid, fortzulaufen oder gegen Leute zu kämpfen, von denen sie nicht wusste,
warum sie hinter ihr her waren.
»Gerade mal an meinen Namen«, sagte sie und schien noch weiter in
sich zusammenzusacken. Sehr viel leiser fügte sie hinzu: »Sonja ...
DiMersi ...«
»Wie war das?«
Sonja blickte auf und sah Starf fragend an. »Ich sagte, ich erinnere mich
gerade mal an meinen Namen.«
Starf machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das hab ich gehört, aber
wie meinten Sie, wäre Ihr Name? Sonja DiMersi?«
Sonja schaute verunsichert, im selben Augenblick lachte Lonny Starf lauthals
auf. In dem Moment war er sicherlich abgelenkt genug, dass Sonja ihn angreifen
konnte, aber sie war von seiner Reaktion zu überrascht, um überhaupt
zu reagieren. Er wusste etwas über sie, aber er schien nicht der Mann zu
sein, der unter Androhung von Gewalt redete. Er musste es ihr schon freiwillig
erzählen.
Als Starf sich einigermaßen wieder gefangen hatte und noch dabei war,
sich die Tränen aus den Augen zu wischen, schüttelte er leicht den
Kopf.
»Oh Mann, diese Grey haben ja gehörig in Ihrem Verstand herumgepfuscht,
wenn Sie nicht mal Ihren richtigen Namen wissen.«
Sonja – Sonja? – schluckte. Sie spürte, wie ihre Knie
weich wurden. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus, kroch
langsam aber sicher ihre Kehle hoch. Sie fühlte Übelkeit in sich aufwallen.
»Wie ...?« Sie zitterte, ihre Stimme schwankte, wurde heiser. Sie
fühlte den Kloß in ihrer Kehle, ihren beschleunigten Herzschlag und
rang verzweifelt nach Luft. »Wie ... ist ... mein ... Name?«
Die letzte Spur eines Lachens verschwand aus Lonny Starfs Zügen. Er wurde
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