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Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott

Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
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bedauernden Seufzen stimmte McLennane zu. Immerhin, sie würde
nicht ganz mit leeren Händen nach St. Salusa gehen. Mal sehen, was sich
daraus machen ließ.
    Hwang Thang versprach ihr, sie auf dem Laufenden zu halten und ihr jede neue
Information umgehend zuzuleiten. Dann brachte er sie zum Gleiter, der sie zum
Raumhafen fliegen würde.

    Viele seiner Kollegen behaupteten, Ay wäre deswegen ein guter Journalist,
weil es ohnehin fast nie schlafen musste und demnach viel mehr Zeit hatte für
langwierige Recherchen. Alle wussten, dass das nicht stimmte, aber es war ein
gutes Thema beim Essen – vor allem, wenn der Kilese mit am Tisch saß.
    Tatsächlich verfiel das Echsenwesen nur zweimal am Tag für eine Stunde
in eine Art Dämmerzustand, in dem sich Teile seines Gehirns nacheinander
ausruhten. Somit konnte es manchmal durchaus noch sprechen und hören, sich
jedoch fast nicht bewegen, sofern es nicht »geweckt« wurde –
ein etwas unheimlicher Zustand, an den sich Neuankömmlinge in der Redaktion
erst gewöhnen mussten. Zum Ausgleich für diesen enormen Zeitgewinn
wurde der Kilese dann jedoch alle acht Monate von einer großen und unwiderstehlichen
Müdigkeit ergriffen – das war die Zeit, wenn auf Kilanos die Phase
der kühlen Dunkelheit begann, eine Art von Winter, wenn der Planet in den
Schatten eines anderen, größeren Sonnentrabanten geriet. Auch wenn
Ay schon lange von seinem Heimatplaneten entfernt lebte, konnte es doch die
jahrmillionenalte genetische Programmierung nicht abschütteln. Somit nahm
es zu dieser Zeit einen großen Teil des Jahresurlaubs und zog sich in
seine Wohnung zurück, um ein Nickerchen von ungefähr drei Wochen zu
machen. Eine weitere Woche brauchte es dann, um wieder völlig wach zu werden,
und danach tauchte es frisch und erholt in der Redaktion des » Real «
auf. Viele Gerüchte rankten sich darum, ob es sich auch häutete, wie
viele Schlangenarten es taten, doch Ay bestätigte diese Vermutung weder,
noch widerlegte es sie. Die zahlreichen Wünsche der Kinder seiner Kollegen,
eine abgelegte Schuppenhaut als Geburtstagsgeschenk zu bekommen, quittierte
es stets mit einem freundlichen und nichts sagenden Lachen.
    Sicher war, dass diese Besonderheit der Kilesen es Ay erlaubte, auch nachts
lange Stunden an seinem Schreibtisch im Büro zu verbringen – ohne
rotgeränderte Augen und Unmengen von Kaffee oder anderen Aufputschmitteln.
Es nahm sich die Zeit, in guter, alter Handarbeit zu recherchieren, Aufzeichnungen
durchzugehen und in Meldungen zahlreicher Zeitungen zu wühlen, stets in
der Überzeugung, dass Intuition und Zufall Ergebnisse bringen konnten,
die eine Computersuche nach schnöden Fakten nicht zu leisten vermochte.
    Das bedeutete nicht, dass es sich dabei unbedingt amüsierte.
    Halb über den Tisch gelegt, den langen geschuppten Schwanz lässig
über die Armlehne des leeren Stuhls am benachbarten Platz geschlungen,
starrte Ay seit Stunden in das kühle Licht des Displays und bewegte nicht
mehr als die Kralle der einen Hand, um neue Seiten und Filme aufzurufen oder
in Texten herum zu wandern. Gelegentlich schlossen sich die Nickhäute,
aber minutenlang hätte man das Echsenwesen auch für eine übergroße
Statue halten können. Ay wusste nicht, wie viele Berichte es jetzt gesehen
hatte, von denen es mehr als die Hälfte nicht verstand. Veröffentlichungen
verschiedener Forscher und Ärzte des HSM -Konzerns, Artikel über
neue Produkte oder wissenschaftliche Durchbrüche, über die wirtschaftliche
Lage des Unternehmens, über Fusionen und Abspaltungen, über Medikamente
mit Namen, die wie Worträtsel eines verrückten Linguisten klangen.
Es hatte sogar eine dieser bunten Grafiken gefunden, in denen es um die Denirin-Produktion
des Konzerns ging, aber sie bezog sich auf die Jahre nach dem illegalen Experiment.
In einem kurzen Artikel über die »Genetec-Society« wurde Anandes
Name erwähnt – allerdings nur, weil er es aus zeitlichen Gründen
abgelehnt hatte beizutreten. Viel leeres Gerede über Ulrich Self, ein paar
verlorene Worte über Anna Sorren, hochoffizielle Statements des verstorbenen
Fjodor Perusko. Ansonsten war es das langweiligste und unergiebigste Gewühle
in veralteten Meldungen, das Ay seit langem hatte. Vor zwei Stunden war ihm
der Gedanke gekommen, endlich nach Hause zu gehen. Vor einer Stunde hatte es
sich etwas zu Essen bestellt. Es würde ohnehin

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