Rettungskreuzer Ikarus Band 023 - Flucht von Borsai
direkte Auseinandersetzung mit einem Telepathen einließen,
auch war es fraglich, ob Jason Shilla rechtzeitig finden und sie beide in Sicherheit
bringen konnte, bevor die sprengwütigen Philosophen auch die Wohntürme
der Angeli dem Erdboden gleichmachten.
Drei Stunden blieben ihm!
Noch immer interessierte sich niemand für ihn. Als er die Gebäudekomplexe
der Angeli erreichte, schwirrten auch hier Scharen verängstigter Diener
herum.
Jason versuchte es wieder: »Wie viele Erhabene sind hier? Wo kann ich sie
finden?«
Der Bedienstete, der ein kleiner Bruder M'neels hätte sein können,
blieb stocksteif stehen. Offenbar war er solche Fragen ebenso wenig gewohnt
wie die Gärtner.
»Wie viele Erhabene halten sich in den Palästen auf?«, fragte
Jason nach und überlegte sich dabei ob dieses Wesen eventuell aus M'neels
Volk rekrutiert und durch Manipulation kleiner, dünner und willenlos gemacht
wurde.
»Nur eine, Herr!«, antwortete M'neels kleiner Bruder.
Jason hatte keine Ahnung, als was ihn das Implantat ausgab, dass er so devot
behandelt wurde. Da es keine Möglichkeit gegeben hatte, es zu untersuchen
und seine Wirkungsweise zu testen, konnte er nur vermuten, dass es wie ein Funkgerät
arbeitete. In der Nähe dieser Wesen hatte er das vage Gefühl dazuzugehören .
Zunächst hatte er diesem Umstand keine große Beachtung geschenkt,
hatte angenommen, es wäre bloß die Erleichterung, dass das Gerät
offenbar so arbeitete, wie es sollte. Offenkundig fühlten die hier beheimateten
Wesen ähnlich und hielten ihn daher für einen der Auserwählten,
die im Erhabenen Kannya leben durften. Aber es gab noch immer viele Fragen,
die Jason quälten.
»Nur eine?«
Der Diener machte ein Zeichen der Bestätigung.
Nur eine also. Das musste Shilla sein. Er hätte es gefühlt, wenn sie
Borsai verlassen oder sich in größerer Entfernung aufgehalten hätte.
So viel Glück war kaum zu fassen! Statt eines Rudels rachsüchtiger,
mordlustiger Telepathen musste er nur Shilla überleben.
»Wo finde ich sie?«
Der Diener deutete zwei Türme weiter.
Shillas Palast war so riesig wie alle anderen. Darin konnte Jason Tage lange
nach jemandem suchen, der nicht gefunden werden wollte. Oder wollte sie ihm
irgendwo auflauern, um ihm den Garaus zu machen? Als sie ihn vor einigen Wochen
angegriffen hatte, geschah das doch noch auf Geheiß der Exekutoren. Konnte
es sein, dass sie unterdessen aus eigenem Antrieb handelte? Hatte sie sich so
sehr verändert?
»Wo im Palast hält sich die Erhabene meistens auf?«
»Bitte, Herr, das weiß ich nicht. Fragt die Diener der Erhabenen
oder ihren Herrlichen Lakaien, Euren Kollegen.«
Aha, das Implantat kennzeichnete ihn als Herrlichen Laka. Die Geschichte
wiederholt sich , dachte Jason angenehm überrascht. Bei allen Sternenteufeln,
wie war Markasit Ansarek bloß an das Implantat eines Herrlichen Lakaien
heran gekommen? Zu gern hätte Jason dieses Wundermärchen gehört,
aber vermutlich würde das eines der großen Geheimnisse bleiben, die
der Rebellenführer mit in sein Grab genommen hatte. Jedenfalls dankte er
im Geiste dem legendären Helden, denn ohne dieses kleine Gerät hätte
er es nie bis hierher geschafft. Und die Position, die es ihm verlieh, war um
Längen besser als die eines Gärtners oder Toilettenreingers.
Jason ließ den Sklaven laufen und eilte zu dem bezeichneten Wohnturm.
Hoffentlich konnte ihm dort jemand weiterhelfen. Zu gern hätte er gewusst,
ob man Shilla eine Nachricht sandte, dass er sie zu sprechen wünschte.
Das wäre schlecht, denn es würde ihm das Überraschungsmoment
kosten. Allerdings würde Shilla nicht wissen, dass er der Herrliche Lakai
war, der nach ihr suchte.
Man erlaubte ihm sogleich, in Shillas Palast einzutreten und erklärte,
dass sich die Erhabene momentan ganz oben im Turm aufhalte. Ein mechanischer
Lift wurde ihm gezeigt, der ihn trotz des Stromausfalls hinaufbringen würde.
Bevor sich die Türen hinter ihm schlossen, quetschte sich ein massiger
H'ltrp zu Jason in die Kabine. Das gefiel ihm gar nicht, aber die Kabine setzte
sich bereits in Bewegung, bevor er protestieren konnte. Vielleicht stieg das
Wesen früher aus oder er konnte es auf andere Weise loswerden. Ganz sicher
brauchte er keinen Zeugen, der die Dienerschaft gegen den Entführer einer
Erhabenen aufwiegeln mochte.
»Was wollt Ihr von meiner Erhabenen?«, quäkte der H'ltrp weinerlich.
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