Rettungskreuzer Ikarus Band 023 - Flucht von Borsai
sich
Jason ohnehin nicht mehr verstecken können. Er beschloss, nicht länger
Zeit zu vergeuden und statt durch das Unterholz zu schleichen, dem gepflasterten
Pfad zu folgen. Zu seinem Erstaunen wichen ihm die Gärtner aus, verlagerten
ihre Tätigkeiten hinter hohe Stauden und Bäume, um nach einer Weile,
wenn er vorüber gegangen war, zu ihrer ursprünglichen Arbeitsstätte
zurückzukehren. Sonderbar, aber er fühlte sich sicher in ihrer
Gegenwart. Etwas sagte ihm, dass sie keine Bedrohung darstellten.
Spontan packte er eines der Wesen am Arm, als es blitzschnell an ihm vorbei
wieseln wollte.
»Wo finde ich die Erhabenen? Wie viele von ihnen halten sich gerade hier
auf?« Er wollte wissen, was ihn erwartete.
Der Gärtner wand sich in Jasons Griff und schien am liebsten ein Loch in
den Boden graben zu wollen, um darin zu versinken.
Jason wiederholte die Fragen.
»Nicht wissen«, stammelte der Gärtner. »Herr muss Diener
fragen.«
»Wo finde ich die Erhabenen und die Diener?«
Das Wesen machte eine Geste, die einem Schulterzucken gleich kam. »Nicht
wissen. Überall. Dort.« Es wies auf die Paläste.
Jason konnte doch nicht jedes dieser riesigen Gebäude untersuchen und seine Ahnung war nicht so präzise, dass er die Vizianerin auf fünf
Schritte genau hätte ausmachen können. Einen Tipp brauchte er schon,
um Shilla schnell zu finden. Mit einem Seufzen ließ er den Gärtner
los, der auf seinen kleinen Beinchen hastig wegtrippelte.
Diese Lebensformen verfügten offenbar über eine geringe Intelligenz,
beherrschten lediglich einen kleinen Wortschatz und hatten keine Kenntnis von
den Dingen, die nichts mit ihrem Aufgabenbereich zu tun hatten. Wollte Jason
seine Suche verkürzen, musste er einen der Diener finden, die in den Palästen
arbeiteten und eher wussten, wo sich die Angeli aufhielten und mit wie vielen
zu rechnen war. Ob Shilla mit ihren Verwandten bereits fraternisierte?
Jason hastete weiter. Egal, zuerst musste die Energieversorgung unterbunden
werden.
Ohne dass ihn jemand aufhielt, erreichte er die Anlage, die aus einem Gebäudekomplex
bestand, der die Reaktoren, die Schirmfeldprojektoren und andere Einrichtungen
barg. Der Tulb hatte die Lokalitäten genau erklärt, daher hatte Jason
keine Probleme, die Sprengsätze an den empfindlichsten Stellen zu deponieren
und die Zeitzünder zu justieren.
Wer ihn bemerkte, kümmerte sich nicht um ihn. Jason hätte ein Gefühl
der Erleichterung verspüren müssen, aber diese Ignoranz war ihm schon
fast unheimlich.
Jedes Wesen im Erhabenen Kannya hatte fest umrissene Aufgaben, denen es nachging.
Übergreifende Pflichten waren ihnen fremd und was ihnen nicht angelernt
worden war, konnten sie nicht ausführen: So war ein Gärtner nicht
in der Lage auszuhelfen, wenn ein Lagerarbeiter eine Kiste an einen Ort tragen
musste, die für ihn allein zu schwer war, und kein Techniker, der die Reaktoren
warten sollte, kümmerte sich um die Aufgaben eines Kollegen, der am Kontrollpult
saß und auf den Befehl wartete, den Schutzschirm für ein aus- oder
einfliegendes Angelischiff zu öffnen. Einerseits verhinderte dies, dass
Sklaven, denen es gelingen mochte, sich von den Manipulationen zu befreien,
geschlossen gegen ihre Herren rebellierten, andererseits war es von Nachteil,
dass es keine sinnvolle Kommunikation gab. Tatsächlich waren die Sklaven
unfähig, Feinde, die über ein Implantat verfügten und sich eingeschlichen
hatten, als solche zu erkennen. Es gab vermutlich nicht einmal Sicherheitsleute,
denn diese wurden nicht benötigt, um eine absolut hörige Dienerschaft
in Schach zu halten.
Jason war überrascht, dass er nirgends die Uniformen der Polizeitruppen
erblickte und niemand eine Waffe trug. Die Philosophen und ihre Verbündeten
würden ein leichtes Spiel haben, bis zu den wichtigen Stellen vorzudringen
und dort alles zu verwüsten. Ihn schauderte bei dem Gedanken an das Blutbad,
das die skrupellosen Rebellen anrichten würden. Und noch schlimmer mochte
es werden, sobald bewaffnete Sicherheitskräfte von außerhalb zu Hilfe
kamen und den Rückzug der Angreifer zu erschweren versuchten. Auch sie
würden gnadenlos in die Menge feuern, das hatte er bereits erlebt. Unwillkürlich
bedauerte Jason, dass viele der hier Beschäftigten bei den kommenden Auseinandersetzungen
den Tod finden würden. Es war nicht ihre Schuld, dass sie von den Angeli
missbraucht und als
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