Rettungskreuzer Ikarus Band 031 - Das Projekt
drohte ihr
mit dem Finger: »Wir sprechen uns noch, Fräulein.«
Sie lächelte ihn spitzbübisch an. »Lieutenant Commander Chelsea
Huntington. Freies Raumcorps. Personalnummer CH-990509-ZH.«
Die finsteren Gedanken, die um Lieutenant Commander Chelsea Huntington kreisten,
und die Erinnerungen an die Gefahren des vergangenen Tages verblassten allmählich,
als Sentenza die Tür zu seinem Apartment auf Vortex Outpost hinter sich
schloss. »Sonja?«
Keine Antwort. Lediglich der Servicecomputer seiner Wohnung antwortete ihm und
informierte ihn über die Anzahl der in seiner Abwesenheit für ihn
eingegangenen Nachrichten. Bestimmt wieder alles nur Werbung , schoss
es ihm durch den Kopf.
»Sonja? Ich bin wieder da, Schatz!«
Wieder keine Antwort. Sentenza hörte damit auf, sich aus seiner Uniform
zu schälen, und lauschte. War sie überhaupt zu Hause? Er ging von
einem Zimmer zum nächsten und suchte nach ihr, doch die Wohnung war leer.
Beinahe fühlte er sich an die Suche nach den verschwundenen Wissenschaftlern
im Labor auf Mole Mountain erinnert.
»Sonja DiMersi ist nicht zu Hause«, flötete der Wohnungscomputer
hilfsbereit. »Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen möchten, sagen
Sie bitte nach dem Signalton ›Nachricht‹ .«
»Computer«, rief Sentenza, »lokalisiere Chief Sonja DiMersi.«
»Sonja DiMersi ist nicht zu Hause«, wiederholte die Stimme des Automaten
geduldig.
»Habe ich verstanden«, sagte Sentenza zerknirscht. »Wohin ist
sie gegangen?«
»Unzureichende Daten.«
»Scheiße.«
»Unzureichende Daten.«
Sentenza ging zu der Kommunikationskonsole hinüber. Vielleicht war ja eine
der eingegangenen Nachrichten von Sonja. Doch wie er erwartet hatte, bestand
der größte Teil seiner Post aus unverlangt zugesandter Werbung, die
sich durch die komplexen Filtersysteme seines elektronischen Briefkastens gemogelt
hatte. Sonja jedoch hatte sich nicht von unterwegs gemeldet.
Er runzelte die Stirn. Es war ihr doch hoffentlich nichts zugestoßen?
In ihrem Zustand konnte selbst ein kleiner Unfall schlimme Folgen für das
ungeborene Kind haben! Sie brauchte nur zu stolpern und unglücklich zu
fallen... Bei dem Gedanken bekam er eine Gänsehaut.
Sentenza schüttelte sich und rief besorgt die Krankenstation an. Anstelle
von Doktor Ekkri erschien das Gesicht eines bärtigen Krankenpflegers auf
dem Bildschirm.
»Hallo, Mister Behrendsen«, sagte Sentenza, »ist Chief DiMersi
etwa bei Ihnen?«
Gustav Behrendsen blinzelte überrascht. »Äh. Ach so. Ich dachte,
Sie wüssten Bescheid, Captain.«
In Sentenzas Magengrube formte sich ein Eisklumpen von der Größe
des Halleyschen Kometen. »Bescheid?«, krächzte er.
»Wegen der OP heute. Ich dachte, Chief DiMersi hätte ihnen davon erzählt.«
Jetzt war es Sentenza, der überrascht blinzelte. »Sonja ist heute
operiert worden? Von Doktor Ekkri?«
»Ja klar, von wem sonst? Doktor Malmström war ja mit der Phoenix unterwegs, und Doktor Anande war –«
»Ich weiß, wo Doktor Anande war«, unterbrach Sentenza den jungen
Mann barsch, »ich will wissen, was mit Sonja und dem Kind los ist!«
Behrendsen kratzte sich am Kopf. »Ja, wie soll ich das jetzt erklären
... Vielleicht ist es am besten, Sie kommen mal zu uns runter, Captain.«
Der Pfleger hatte den Satz noch nicht beendet, da war Sentenza schon aus dem
Apartment gestürmt. Wenige Minuten später erreichte er atemlos den
Eingang der Krankenstation von Vortex Outpost, wo Doktor Saldor Ekkri ihn bereits
erwartete.
»Captain Sentenza«, rief der Arzt und hob beschwichtigend die Hände,
»es ist alles in bester Ordnung.«
»Sonja«, japste Sentenza. »Das Baby. Was ist passiert?«
»Kommen Sie mit«, sagte Ekkri. »Ich erkläre es Ihnen.«
Kurz darauf saß Roderick Sentenza auf der Bettkante von Sonja DiMersis
Krankenlager, hielt ihre Hand und sah sie liebevoll an. Ekkri hatte recht gehabt.
Es war wirklich alles in bester Ordnung. Sonja ging es blendend. Ihr fehlte
absolut nichts – wenn man davon absah, dass ihr Bauch, der sich bis vor
einigen Stunden noch beachtlich gewölbt hatte, jetzt wieder straff und
flach war.
Sentenza schüttelte den Kopf. In ihm wirbelten Fassungslosigkeit, Erleichterung
und Verärgerung durcheinander. Er war verstimmt darüber, dass Sonja
ihm nichts von ihren Plänen verraten hatte. Erleichtert war er, weil letztendlich
alles gut gegangen war. Und fassungslos, weil ihm das, was Ekkri und
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