Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille
Anhänger
gleich welcher Religion hervorzubringen, was nicht zuletzt mit ihrer Entstehungsgeschichte
zu tun hatte.
»Für mich ist klar, dass unsere Zeitreise nicht halb so geheim ist,
wie wir uns das gemeinhin vorgestellt haben. Ich bin mir sicher, dass es Kräfte
gibt – Lear, die Adlaten oder noch wen –, die uns hier erwartet haben,
die wussten, was geschehen wird – oder geschehen ist – und die darauf
reagieren. Oder es möglich machen. Oder möglich gemacht haben. Suchen
Sie sich etwas aus.«
»Absurd«, insistierte Darius kopfschüttelnd. »Das ist hirnrissig.
Wollen Sie uns durch möglichst geschicktes Vermischen grammatikalischer
Zeitformen verwirren? Sie meinen, dass die Tatsache, dass wir hierher gereist
sind und Sudekas Ahnin gerettet haben, geplant worden sei??«
An'ta ignorierte Darius' erste Bemerkung.
»Nein, zumindest nicht im engeren Sinne des Wortes. Aber es passt zu gut
zusammen, um alles nur zufällig sein zu können. Ich bin mir sicher,
dass man unser Tun beobachtet und bin mir im Unklaren darüber, ob uns das
hilft oder schadet.«
»Nun«, räusperte sich Sentenza. »Dem Raumcorps und damit
unserem Arbeitgeber hat es auf jeden Fall genutzt. Ganz unabhängig davon,
ob alles Zufall oder Planung war. Ich weiß auch nicht, woher Sie Ihre
Sicherheit für diese Behauptung nehmen.«
»Ich habe es im Gefühl«, erwiderte die Grey schlicht. Sentenza
musste sich daran erinnern, dass die oft kühle und abweisende Art An'tas
nichts mit mangelnder Emotionalität oder Intuition zu tun hatte. Die Grey
waren keine Roboter, sie verwendeten und kanalisierten ihre Gefühlswelt
nur anders als ein Mensch. Dennoch konnte er nicht glauben, dass An'ta solche
Behauptungen ohne triftigeren Grund als ein Bauchgefühl aufstellte. Das
war schlicht und einfach nicht ihre Art.
»Ist es das gleiche Gefühl, dass den Rat der Grey bewogen hat, Sie
in diesem Körper wieder zu beleben, der eine treffliche Waffe gegen die
Outsider darstellt?«, hakte er nach.
An'ta warf ihm einen halb ängstlichen, halb anklagenden Blick zu.
Volltreffer!, dachte Sentenza. Der Rat der Grey wusste mehr, als er bisher
zugeben wollte, und die Tatsache, dass er ein Instrument wie An'ta geschaffen
hatte, war bis heute einer der Schachzüge, dessen Erklärung auf sich
warten ließ. An'tas Reakton zeigte, dass sie zumindest etwas mehr wusste
oder ahnte, als sie bisher hatte sagen wollen. Sentenza fragte sich, wann er
ihr jemals voll würde vertrauen können.
Auch die anderen Besatzungsmitglieder in der Zentrale zeigten deutlich, dass
sie ähnliches dachten. Die Grey schien noch etwas sagen zu wollen, besann
sich dann aber offenbar eines Besseren. Ihr Blick fiel auf die zentrale Projektion,
die weiter eine Außenansicht zeigte und sie runzelte die Stirn.
»Wir haben Besuch!«, sagte sie. Die Blicke der Anderen folgten ihr.
Vor der Bodenschleuse der Ikarus stand ein gut zwei Meter hoher Roboter,
der aus einem ovalen Hauptkörper, zwei Gehbeinen und vier Armen bestand.
Er trug offenbar militärische Zeichen, war ansonsten von stumpfschwarzer
Farbe. Er wirkte nicht allzu bedrohlich. Waffen waren keine zu erkennen, obgleich
sich alle sicher waren, dass er welche zur Verfügung hatte, sollte sich
die Notwendigkeit ergeben.
»Was ...«, begann Sentenza.
»Wir empfangen ein Rufsignal«, meldete An'ta nun. »Der Roboter
stellt sich als Destruktor-Leutnant Hozz vor. Entweder eine KI oder ein Exoskelett,
würde ich sagen.«
»Was will er?«, fragte Sonja.
»Er möchte mit dem Captain sprechen.« An'ta warf Sentenza einen
bedeutungsvollen Blick zu. »Er sagt, er habe eine Einladung des Gouverneurs
zu überbringen.«
»Einladung?«, echote Sentenza, während er gleichzeitig den Zugang
für den Roboter manuell freigab. »Eine offizielle Danksagung?«
Die roboterhafte Gestalt setzte sich in Bewegung und verschwand aus der Erfassung.
»Wir werden sehen«, meinte An'ta. Und lange mussten sie nicht warten.
Trooid, von Darius informiert, geleitete den unerwarteten Gast auf die Brücke.
Die mechanische Gestalt wirkte aufgrund ihrer filigranen Gliedmaßen wirklich
nicht bedrohlich, und das trotz ihrer beachtlichen Größe.
Als sie dann auch noch eine Verbeugung andeutete, verschwand auch der letzte
Rest an Vorbehalten.
»Captain Roderick Sentenza?«
Die Stimme des Besuchers war wohlmoduliert und ohne den leicht artifiziellen
Beiklang, den Vokoderstimmen
Weitere Kostenlose Bücher