Rettungskreuzer Ikarus Band 042 - Gesandtschaften
Aber ich
will dabei sein, wenn die Neuen empfangen werden – hinter uns waren keine
Schiffe mehr. Wer weiß, wann wir wieder die Möglichkeit haben, in
einer Menge unterzutauchen. Und nein«, stoppte An'ta den Androiden, ehe
er seinen Vorschlag überhaupt äußern konnte, »wir trennen
uns nicht, auch wenn ich nicht daran zweifle, dass Sie uns finden könnten,
nachdem Sie das Shuttle alleine weggebracht haben. Das Beiboot bleibt hier,
vielleicht brauchen sie es auch gar nicht für ihr Riesenschiff. Und wenn...
wir sind hier ohne jedes Problem rein gekommen. Bleibt zu hoffen, dass ein Rettungsteam
von der Ikarus das auch könnte.«
»Bleibt zu hoffen, dass wir keins brauchen werden«, fügte Anande
murmelnd hinzu und schulterte seinen Rucksack.
Ein unbehagliches Gefühl blieb, als sie über den breiten Metallanleger
gingen, dorthin wo sich die anderen Neuankömmlinge versammelten. Doch es
wich einer gewissen Verblüffung, sobald sie die Menge erreicht hatten.
An'ta wusste nicht genau, was sie erwartet hatte. Eine Meute aggressiver Infizierter
oder willenlose, stumpfe Sklaven der genetischen Macht, die sie manipulierte?
Doch ganz sicher hatte sie nicht mit einer Gruppe von Leuten gerechnet, die
gelassen und – man konnte es nicht anders sagen – nahezu heiter zusammen
standen, als wären sie am Beginn eines vergnüglichen Ausfluges. Welcher
Drang auch immer sie hierher getrieben hatte, welche angestauten Energien auf
ihren Heimatplaneten in Gewalt umgeschlagen waren gegen all jene, die sie hatten
aufhalten wollen, es war nichts mehr davon zu spüren. Stattdessen lag eine
Erwartung in der Luft, ein freudiges Fiebern und ein Tatendrang, der selbst
bei An'ta dazu führte, dass sie unruhig wurde. Nicht nervös, nicht
ängstlich. Eher... ungeduldig.
»... folgt ihr den roten Markierungen, die euch zu den Schlafquartieren
bringen«, erklärte eine große Frau und deutete in den einzigen
Gang, der von der Anlegestelle aus tiefer in die Werft hinein führte. »Techniker,
Ingenieure, Maschinisten und andere mit Fertigkeiten, die uns beim Bau der Arche
helfen können, bleiben gleich bei mir; ich weise euch dann entsprechend
ein. Alle anderen werden ihre Aufgaben später zugewiesen bekommen.«
»Irgendwas ist seltsam an der Frau«, wisperte Anande neben An'ta.
Sie standen beide am Rande der Gruppe und konnten kaum über die vor ihnen
aufragenden Rücken hinüber zu der Sprecherin blicken. An'ta musterte
kritisch die hochgewachsene Gestalt, unter deren Hemd sich beeindruckende Schultermuskeln
abzeichneten. Der ganze Körper war athletisch, wenngleich ein wenig füllig
dabei. Das war es, was ihr die Erkenntnis brachte.
»Sie ist ein Schluttnick«, sagte An'ta und konnte es selber kaum glauben.
»Eine schlanke, muskulöse, hoch gewachsene Schluttnickfrau.«
»Zeichen und Wunder«, murmelte Anande und schob sich etwas weiter
vor.
Zwischen den anderen Leuten sah er aus wie ein Halbwüchsiger, und An'ta
wusste, dass es bei ihr nicht viel anders war. So eine Ansammlung von kräftigen,
hünenhaften Gestalten hatte sie das letzte Mal auf dem Greyson-Storm-Bergungskreuzer
gesehen, als sie mit Sentenza zusammen dort gewesen war, um das Schiff der Movatoren
zu bergen. Die für ihre Aufgabe perfektionierten Körper der Bergungsarbeiter
glichen denen der Infizierten, nur fehlte hier das gleichmäßige Grau
der Haut. Und kein Ceelie-Trupp wäre dabei erwischt worden, wie er seiner
Arbeit mit solcher Fröhlichkeit nachging.
An'ta wich dem Gedanken aus. Er beunruhigte sie, war fast schmerzhaft. War das
Heimweh? Vermisste sie die Gesellschaft der Ceelie, ihrer eigenen Leute, ihre
Effizienz und Reserviertheit? Oder...
Die Schluttnickfrau wechselte die Sprache und schien ihre Anweisungen zu wiederholen.
An'ta blickte zu Trooid hinüber und sah eine der sorgsam von Weenderveen
programmierten Emotionen auf dem Gesicht des Androiden. Es war Verwunderung.
»Sie kennen die Sprache nicht?«
»Nein, und das sollte kaum möglich sein. Auch wenn ich nicht von jeder
gebräuchlichen Sprache die kompletten Daten eingespeichert habe, so doch
zumindest eine Probe. Aber ich kann keinerlei Übereinstimmungen finden,
nicht ein einziges Wort. Auch keine Ähnlichkeiten. Soweit ich das sagen
kann, existierte die Sprache, die die Frau dort spricht, überhaupt nicht.«
»Trotzdem geht sie anscheinend davon aus, dass man sie versteht.«
Hier und da sah An'ta
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