Rettungskreuzer Ikarus Band 047 - Sudekas Traum
empfing eine Meldung des Vorpostens, der von einer nicht modifizierten, humanoiden Lebensform passiert und berührt worden war.
Aufmerksam, aber nicht alarmiert griff es mit seinen Sensoren hinaus, suchte nach der Lebensform und fand sie. Weiblich, registrierte das Bewusstsein, mittleres Alter, ohne gravierende Behinderungen und Erkrankungen. Aber nur ein Auge, obwohl bei Humanoiden dieser Art die Zweiäugigkeit typisch war. Das Bewusstsein war irritiert, stufte diese Feststellung aber rasch als unerheblich ein.
Die weibliche Humanoide trug warme Kleidung und war mit Scheinwerfern und Nahrungskonzentraten ausgerüstet. Das Bewusstsein registrierte die ansteigenden Energieemissionen eines Gerätes, das die Humanoide kurz zuvor eingeschaltet hatte. Der Apparat sandte eine durchdringende, aber für Lebensformen unschädliche Strahlung aus, wie das Bewusstsein nach kurzer Überprüfung feststellte, ohne die Art der Strahlungsemissionen näher bestimmen zu können. Das Bewusstsein suchte nicht nach diesen Informationen, weil es noch nicht erkannt hatte, dass es ein Gedächtnis besaß, und es noch zum größten Teil leer und unbenutzt war.
Die Humanoide passierte den provisorischen Eingang der Fabrik. Das Bewusstsein dachte nicht darüber nach, woher es wusste, das der Zugang bloß provisorischer Natur war. Es stellte sich auch die Fragen, wo sich der Haupteingang befand und was, da er doch offensichtlich nicht existierte, mit ihm geschehen war.
Das Bewusstsein verfolgte aufmerksam die Bewegungen der Humanoiden, die langsam und vorsichtig in die Fabrik eindrang, den Weg vor sich mit den Scheinwerfern ausleuchtend und das Strahlen aussendende Gerät behutsam hin und her schwenkend. Es fühlte sich an eine ähnliche Begegnung erinnert, die sich vor einem Zeitraum ereignet hatte, den es zu bestimmen nicht in der Lage war. Ein Unterschied war aber festzustellen, und der war erheblich: Seinerzeit waren es Maschinen gewesen, die eingedrungen und verschwunden waren, nicht ohne das Bewusstsein zuvor aus seinem Schlaf zu erwecken, über dessen Dauer es sich keine Gedanken gemacht hatte.
Das Bewusstsein verfolgte die Humanoide mit seiner Aufmerksamkeit.
Für etwas anderes interessierte sich das Bewusstsein nicht. Auch nicht dafür, wer es war, welchem Zweck es diente und wieso es bereits existierte.
Sudeka traf nach einigen Metern auf einen weiteren Droiden, eine kleinere Einheit, die sich tiefer in das unterirdische Labyrinth vorgewagt hatte. Der konisch geformte Körper durchmaß etwa vierzig Zentimeter; im Grunde war der Roboter nicht viel mehr als eine autonom handelnde Kamera mit Antrieb. Er lag auf dem Boden, regungslos, und die Kontrollleuchten waren erloschen. Als Sudeka sich niederkniete, um die Einheit näher zu betrachten, stellte sie fest, dass auch hier der Flaum über der Außenhülle lag.
Sudeka runzelte die Stirn und rieb sich das rechte Auge. Sie holte eine Fernbedienung hervor – ein normaler Ausrüstungsgegenstand, den Expeditionsleiter von Neue Welten bei sich trugen, um die Vorauskommandos an automatischen Kundschaftern zu kontrollieren und Datensätze abzufragen. Sie drückte einige Tasten. Es tat sich gar nichts.
Die Sonde war keinesfalls ohne Energie. Wenn Sudeka die behandschuhte Hand auf die Hülle legte, vermochte sie sogar, so etwas wie eine Vibration zu spüren. Eine sehr sanfte nur, aber ein Zeichen von Aktivität.
Sudeka richtete sich wieder auf. Ihre Anzugsensoren zeigten nicht, dass irgendetwas Ungewöhnliches zu bemerken war. Es half nichts, sie musste weiter vordringen.
Nur einige Momente nachdem sie ihren Vorsatz in die Tat umgesetzt hatte, musste sie erneut innehalten. Diesmal war es keine beflaumte Sonde, die ihre Aufmerksamkeit fesselte. Sie trat in eine große, natürliche Höhle und blickte auf etwas, was weder ein Produkt der Natur noch eines von Neue Welten war. Es war eine große, metallisch wirkende Wand, schwarz, vernarbt, zerkratzt, mit einer Aura von Alter umweht, wie sie nur antiken Artefakten zu eigen war. Sie schien ein Teil der Felswand zu sein, als ob sie aus ihr hinauswachsen würde, aber das war natürlich absurd.
Sudeka dachte an die toten Sonden und verharrte. Vielleicht war es notwendig, sich über das Ausmaß von Absurdität später noch einmal genauer Gedanken zu machen. Wie leicht konnte man sich doch irren.
Sie schritt auf die metallene Wand zu. Ihr geübtes Auge wanderte über die Struktur. Ihre Messinstrumente warfen Daten aus. Sicher, diese
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