Rettungskreuzer Ikarus Sonderband 002 - Saint Domina
Parallelkurs.
Ein Lichtkegel, zehn Meter im Durchmesser, erfasste den Rover. Pronzini schloss geblendet die Augen. Er spürte den Sog eines Raumfahrzeuges, das ihn in geringer Höhe überflog, und der ihn aus dem Sitz zu ziehen schien - was auf einem Planeten mit einer Standardatmosphäre auch sicherlich geschehen wäre. Dann folgte der ohrenbetäubende Lärm der Triebwerke, der über die Außenmikrofone des Raumanzuges ungefiltert auf Pronzini einprasselte. Der Shuttle der Phönix ! Pronzini verzog das Steuer des Rovers und entkam dem Lichtkegel. Doch das Fahrzeug katapultierte sich selbst über die Kante der Schlucht und stürzte hinab.
Der Aufprall schleuderte Pronzini aus dem Fahrzeug heraus und ließ die Vorderreifen des Rovers zerplatzen. Seltsam unwirklich, seltsam langsam, sah Pronzini, wie der Probenbehälter an ihm vorbeiflog, auf dem Boden aufprallte und der Verschluss zersprang, bevor er selbst hart aufschlug. Das letzte, was Pronzini wahrnahm, war ein Knirschen im Nacken.
Die Organismen verließen den Probenbehälter, bildeten eine Wolke, die unschlüssig darüber verharrte, bevor sie sich zu Pronzini bewegten und ihn einige Minuten in schneller Bewegung umkreisten. Dann reduzierten sie ihre Geschwindigkeit, soweit es ihnen möglich war, erhoben sich über den leblosen Körper, bewegten sich einige Meter zur Seite, bildeten mehrere dünne, einige Meter hohe Spiralen, die um ihre Längsachsen zu rotieren begannen und sich miteinander verwoben.
Sie steigerten ihre Rotationsgeschwindigkeit, bis sie eine leuchtende, weiße Spirale bildeten, die unvermittelt in den Weltraum hinaufschob.
Achim Hiltrop:
Veni, vidi, vinci
Die zierliche Frau mit den kurzen braunen Haaren sah auf, als das Türsignal ihres schmuddeligen, abgedunkelten Hotelzimmers einen Besucher avisierte. Sie überzeugte sich ein letztes Mal routiniert davon, dass der verborgene Nadelstrahler und das Wurfmesser einsatzbereit waren, dann setzte sie sich auf die Kante ihres ungemachten Bettes und schlug die Beine übereinander.
»Herein.«
Die Tür glitt auf, und eine in einen dunklen Umhang gehüllte Gestalt trat ein. Das Gesicht des Fremden lag tief in den dunklen Schatten einer Kapuze verborgen. Er verbeugte sich, als er den Raum betrat.
»Sind Sie Skyta?«, fragte er ruhig.
Skyta nickte und musterte den Fremden kühl. Es war beinahe unmöglich, etwas aus seiner Körpersprache oder seinem Akzent herauszulesen - sie war sich nicht einmal sicher, welcher Spezies ihr Besucher angehörte - aber trotzdem ging von ihm eine gewisse Aura aus, die bei ihr ein prickelndes Gefühl im Nacken auslöste. Dieser Mann bedeutete Gefahr. »Bin ich. Und Sie sind...?«
Der Fremde schlug seine Kapuze zurück, und das sonnengebräunte, pockennarbige Gesicht eines jungen Mannes kam zum Vorschein. »Kaplan Danilo Tesmer, zu Ihren Diensten.« Als er sich bewegte, öffnete sich sein Umhang einen Spalt breit und Skyta erhaschte einen flüchtigen Blick auf den Kampfanzug des Raummarinedienstes der Galaktischen Kirche, den Tesmer darunter trug. »Man erzählt sich, Sie suchen nach Leuten?«
Skyta spitzte die Lippen. »Ich muss gestehen, mit einem Kaplan des Raummarinedienstes hätte ich am wenigsten gerechnet.« Im Laufe des Nachmittags hatte sich ein gutes Dutzend Leute bei ihr gemeldet, doch die meisten waren grobe Schlägertypen gewesen, die nicht einmal den Mindestanforderungen einer Söldnerorganisation wie der Schwarzen Flamme genügten.
Tesmer verzog das Gesicht. »Ich bin sozusagen gerade zwischen zwei Arbeitgebern, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Skyta nickte wissend. Die Priesterkrieger des Raummarinedienstes waren der Kirche fanatisch ergeben und würden für ihren Glauben bedingungslos ihr Leben geben, das war allgemein bekannt. Wenn Tesmer nicht völlig aus der Art geschlagen war - und so wirkte er nicht auf sie - dann konnte das nur heißen, dass etwas Schwerwiegendes vorgefallen war, aufgrund dessen man ihn unehrenhaft entlassen hatte. Die Frage nach dem Grund lag ihr einen Moment lang auf der Zunge, dann aber entschied sie, dass das vermutlich in diesem Moment kein guter Konversationsstoff war.
»Okay«, sagte sie mit gespielter Gleichgültigkeit, »was können Sie, Tesmer?«
»In meiner letzten Einheit war ich der Spezialist für Sprengstoffe. Daneben habe ich eine Spezialausbildung als Scharfschütze auf St. Salusa erhalten, in der ich Jahrgangsbester war.«
Ein Scharfschütze! Skytas Herz schlug schneller. Bingo! »Sehen Sie
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