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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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Geburtsasphyxie«, nuschelte Marco. Sein Mund war taub. Er hatte Schwierigkeiten, die komplexen Silben zu artikulieren. » Hypoxische… ischämische… Enzephalopathie.«
    » Was hast du gesagt?«, ertönte wieder die scharfe Stimme.
    Marco versuchte weiter, sich trotz der anhaltenden Benommenheit zu konzentrieren. » Neonataler Zustand– Neugeborenes– ohne Atemfunktion. Kein Sauerstoff zum Gehirn. Roger verursachte Hypothermie. Standardbehandlung, Gehirn auf dreiunddreißig Grad herunterkühlen, drei Tage. Roger ist aber noch weiter runtergegangen. Riskant. Die Asphyxie war schwer. Er wollte sie retten, kein Gehirnschaden. Aber. Sie starb.«
    » Roger wer?«, fragte die Stimme schroff. » Roger Ballard?«
    Marco befeuchtete die Lippen mit der Zunge. Er hatte hämmernde Kopfschmerzen, doch in seinen Ohren knackte es, und sie wurden frei. Er spürte, wie eine kühle, frische Morgenbrise ihm über die Stirn fächelte. Die Worte kamen ihm nun zusammenhängender und flüssiger über die Lippen. » Roger will das Gehirn am Leben erhalten. Ohne Sauerstoff.«
    Er verstummte und runzelte die Stirn. Sein Blick klärte sich, und die Umgebung nahm endlich wieder Gestalt an. Er lag in einem Gewirr aus grauen Ästen und Büschen auf einem steinigen Wüstenabhang. Der Erdboden war kalkweiß, noch bleicher als in Arizona. Sechs Meter tiefer ging der Hügel in einen öden zweispurigen Highway über. Telefonmasten erstreckten sich in einer endlosen Prozession in Nord-Süd-Richtung, schmalere Straßen zweigten vom Highway ab und verliefen zu entfernten Häusern und hässlichen Bauwerken, die wie Lagerhäuser aussahen. Er sah verrottete Heuballen, die in regelmäßigen Abständen auf verdorrten Feldern gestapelt waren– das waren die Randgebiete irgendeiner entlegenen kalifornischen Stadt.
    Auf der anderen Straßenseite entdeckte er ein verfallenes Gebäude mit einer Schindelfassade– eine bessere Baracke. Davor dehnte sich ein dreckiger Parkplatz aus, auf dem gespenstisch ausgebleichte Autos standen. Orangefarbene Leitkegel markierten die Ecken des Platzes. Das Grundstück wurde von einem stellenweise aufgerissenen Netz aus Nylonseilen eingezäunt, die um verrostete Metallpfosten geschlungen waren. Kleine blaue, gelbe und rote Wimpel aus Plastik dienten als Dekoration. Über dem Eingang formten ausgebrannte verschnörkelte Neonröhren die Worte Bill’s und einen riesigen Bierkrug mit einer Schaumkrone.
    Eine Bar.
    Das konnte nicht sein. Es dauerte noch einen Moment, bis Marco den Grund dafür erkannte.
    » Wieso sind wir nicht im Zug?«, fragte er.
    Die banale Frage schien auch noch die letzten Schranken im Kopf zu durchbrechen; plötzlich war er geistig wieder voll präsent und erlangte die Erinnerung zurück. » Runter!«, hatte Wu geschrien, und dann die explodierte Frontscheibe, die Granate, der Rauch. Jemand hatte einen Gasangriff auf die Lokomotive ausgeführt– und Marco wäre dadurch fast ins Koma gefallen. Er hatte noch immer den Geschmack des giftigen Gases im Mund; er hustete und spuckte in den Staub aus.
    Und dann erkannte er auch den Grund, weshalb er sich nicht mehr zu bewegen vermochte. Er war mit Handschellen gefesselt. War an irgendetwas gefesselt, das sich über Kopfhöhe hinter ihm befand. Er krümmte sich mit einem Grunzen und verdrehte den Kopf.
    Er war an die hintere Stoßstange eines Quad gefesselt. Das schmutzige lehmbraune Vehikel hatte ein Wüstentarnmuster und war so groß wie ein Golfwagen, nur kompakter und mit weniger Bodenfreiheit. Es verfügte über einen Schalensitz für den Fahrer und über eine Lenkstange. Von hinten sah es aus wie ein umgebautes Motorrad mit vier riesigen Reifen, deren grobes Profil auch im Gelände gute Traktion garantierte.
    » Wu!«, rief er besorgt und drehte den Kopf ruckartig wieder dorthin, wo er die schemenhafte Gestalt gesehen hatte.
    » Was zum Teufel…«, sagte er. Dann holte er tief Luft.
    » Sie sind nicht Wu«, sagte er.
    Der Mann, der neben ihm kniete, hatte dunkle Haut und einen dichten schwarzen Bart, der rissige Lippen und schiefe gelbe Zähne einrahmte. Er trug ein beigefarbenes Barett, eine Uniformjacke mit grünem Fleckentarnmuster und eine legere Cargohose. Der militärischen Kleiderordnung entsprach dieser Aufzug jedenfalls nicht.
    Es war fraglich, ob er überhaupt ein regulärer Soldat war. Dafür war er zu zerzaust und seine Kleidung zu zusammengewürfelt. Vielleicht gehörte er irgendeiner Guerilla- oder Söldnertruppe an. In der US -Armee diente

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