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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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er sicher nicht. Lose Fäden und helle Umrisse an den Brusttaschen und auf den Schultern deuteten darauf hin, dass Schulterklappen und andere militärische Erkennungszeichen abgerissen worden waren– als ob er keiner Fahne, keiner Einheit und keiner Nation den Treueid geleistet hätte.
    » Wu.« Der Mann grinste. » Wer is’n das– dein Freund?« Er hatte eine tiefe Stimme. Er war ein Amerikaner.
    Marco zerrte an der Kette und ließ den Blick nach links und rechts schweifen; es stand ihm schon wieder der Schweiß auf der Stirn. Keine Spur von Wu. Er drehte sich zu dem Fremden um. » Wer zum Teufel sind Sie?«
    Das Grinsen verschwand aus dem hässlichen Gesicht des Soldaten. Er beugte sich vor und versetzte Marco mit dem Handrücken einen festen Hieb gegen das linke Ohr. Ein weißer Blitz zuckte in der Wüste auf; Marco drückte die Augen zu und spürte, wie eine Träne auf die Wimpern tropfte. Den Schmerz kannte er schon. Er wartete, bis er nachließ, und schlug die Augen wieder auf. Er erinnerte sich an die Halbträume, die er gehabt hatte, nachdem er durch das Gas in Ohnmacht gefallen war, und an das Gefühl, geschlagen zu werden. Aufwachen.
    Dieser Drecksack hatte ihn geschlagen.
    Nun rieb der Mann sich die Fingerknöchel am Bart und grinste wieder. Er hatte einen bösartigen Ausdruck in den hellblauen Augen. » Das geht dich nix an«, sagte er. » Geht dich einen Scheiß an, wer ich bin.«
    » Freut mich auch, Ihre Bekanntschaft zu machen«, murmelte Marco. Das Ohrläppchen schmerzte noch immer. Trotz der sarkastischen Bemerkung hatte er Angst– er hatte das Gefühl, zerquetscht zu werden, als stünde das zweihundert Kilo schwere Quad auf seinem Oberkörper. Er schluckte trocken.
    Oh Gott. Ich stecke tief in der Scheiße.
    Die Sonne hatte sich inzwischen höher über den Horizont erhoben und kitzelte noch mehr Farben aus dem Land. In der Nähe wuchsen gelbe Sonnenblumen. Sie schauten Marco mit fröhlichen Gesichtern an. Er sah die Glock und die AK -47 neben einem staubigen braunen Rucksack auf dem Erdboden liegen. Und daneben lag eine Waffe, die wie ein Granatwerfer aussah– damit war wahrscheinlich das Gas in den Zug geschossen worden. Der Soldat hob die Kalaschnikow auf und brachte sie zum Quad. An der Seite des Fahrzeugs war eine improvisierte Waffenhalterung angebracht: ein Netz aus ausgefransten Nylonsträngen, in dem sich eine Schrotflinte, eine Axt und eine kurzläufige Maschinenpistole befanden. Er fügte die Kalaschnikow der Sammlung hinzu, kam zurück und kniete sich neben den Rucksack.
    Marco zögerte… und wagte es dann, die Frage zu stellen: » Wo ist Wu?«
    Er befürchte schon, statt einer Antwort wieder einen Schlag versetzt zu bekommen.
    Doch der Mann ignorierte ihn. Stattdessen zog er ein ziegelsteingroßes Walkie-Talkie aus einer Seitentasche des Rucksacks und schaltete es ein. » Conquest Drei«, rief er mit bellender Stimme.
    Eine heisere Stimme ertönte im Lautsprecher. » Conquest Drei, was hast’n?«
    Der Soldat entfernte sich, sodass Marco dem Gespräch nicht mehr folgen konnte. Wenig später kam er zurück. » Ja, zum Teufel«, sagte er und nickte. » Bis dann.« Er schaltete das Funkgerät aus.
    Marco versuchte es noch einmal. » Wo ist Wu?«
    Der Soldat hob die Hand, als wollte er ihn zur Geduld mahnen. Er verstaute das Funkgerät im Rucksack, und dann kam er zu Marco und packte ihn an den Fußgelenken. Bevor Marco noch reagieren und ihm einen Tritt versetzen konnte, zog der Soldat ihn im Halbkreis herum, sodass seine Füße die Böschung hinaufzeigten. Das Blut schoss Marco in den Kopf und beeinträchtigte sein Sehvermögen. Er wurde mit dem Rücken über den harten und steinigen Erdboden gezerrt, und die Handschellen klapperten dabei.
    Dann ließ der Soldat ihn wie einen nassen Sack in den Schmutz fallen.
    » Ist dein Kumpel noch im Zug?«, fragte er und deutete an Marcos Füßen vorbei nach Westen.
    Marco folgte dem ausgestreckten Finger mit den Augen. Aus seiner neuen Position konnte er am Dornbusch vorbei den Hügel überblicken. Dort war der Sunset Limited. Er stand reglos und tot auf den Schienen. Der Totmannwarner hatte die führerlose Lokomotive gestoppt. Orangefarbener Qualm waberte aus einem Loch in der Frontscheibe.
    » Wu, stimmt’s?«, sagte der Soldat mit einem Grinsen. Er schien den Namen irgendwie lustig zu finden. » Ja, ich hab ihn dort oben gefunden, als er ein Nickerchen machte. Das Gas hatte ihn ins Reich der Träume geschickt.« Er formte mit Daumen und

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