Revelations
mitgenommen. Trotzdem gelang es ihm, ein paar übermütigen Schatzsuchern das Genick zu brechen, ehe sie ihn überwältigen konnten«, fügte sie mit einem anerkennenden Unterton hinzu. »Wenn du ihm irgendwann überdrüssig sein solltest, überlass ihn mir. Ich würde schon einen Weg finden, mir seine Ausdauer zu Nutze zu machen.«
Angel wunderte Jades launische Vielseitigkeit längst nicht mehr. Ihren Liebhaber zu teilen, hatte sie jedoch noch nie zuvor in Betracht gezogen. Dafür hatte es einfach zu wenig Frauen bei den Vultures gegeben. Bevor sie allerdings eine treffende Antwort zu formulieren vermochte, wechselte Jade taktvoll das Thema.
»Willst du mich gar nicht nach Johnny fragen?«
»Hat er denn überlebt?«
Jade nickte ihr blinzelnd zu, als versuchte sie, seinen Wert als Kriegsgefangenen abzuschätzen.
»Der Legionskommandeur wollte ihn nach dem Debakel von Silver Valley eigentlich sofort hinrichten lassen. Er wirkte nicht gerade wie ein tüchtiger Sklave und war obendrein schwer verletzt.«
Wieder suchte sie in Angels Gesicht nach einem Anzeichen für versteckte Emotionen, der es aber mit etwas Mühe gelang, weiterhin die Unbeteiligte zu spielen.
»Nachdem ich mich aus den Fängen eurer allzu männlichen Wachen befreien konnte und nach Brackwood zurückgekehrt war, entdeckte ich seinen Wanst unter den frisch eingetroffenen Gefangenen und erinnerte mich an ihn«, fuhr sie nachdenklich fort. »Zu Beginn weigerte er sich mit mir zu reden, aber ich ließ ihn trotzdem von unseren Ärzten versorgen. Anschließend musste ich nur noch warten.«
Die letzten Worte schienen Jade unglaublich zu amüsieren. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und erwiderte Angels fragenden Blick mit einem unschuldigen Wimpernschlag.
»Du kannst ihm wirklich keine Vorwürfe machen. Er hat sich tapfer gewehrt!«
Angel runzelte verwundert die Stirn. Wie sollte sich ein schwerverletzter Mann, der aufgrund seiner Schussverletzungen nicht einmal geradezustehen vermochte, gegen das Verhör einer Spezialistin wie Jade wehren können? Gerade Johnny, dem man nur seine fünf Mahlzeiten am Tag nehmen musste, um ihn in den Wahnsinn zu treiben! Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen ...
»Es stand eine Weile wirklich auf Messers Schneide, aber nachdem ich fast ein halbes Spanferkel vor seiner Nase heruntergewürgt hatte, gab er endlich auf.«
Angel stöhnte bei dem Gedanken an die Höllenqualen, die Kim ihrem Freund zufügen würde, wenn sie davon erführe, und drückte dabei Daumen und Zeigefinger der rechten Hand tief in ihre Augenhöhlen.
»Was hat der Dicke diesmal erzählt?«
»Zu Beginn eigentlich dasselbe, was wir immer zu hören bekommen. Anklagen gegenüber unseren Methoden, eine Aufzählung sogenannter Kriegsverbrechen und natürlich, dass wir am Ende ohnehin verlieren würden«, antwortete Jade und zuckte dabei so unschuldig mit den Schultern, als redete sie von alltäglichen Bagatelldelikten. »Anschließend haben wir über euch gesprochen. Stimmt es, dass du ihn zwei Wochen lang auf eine Diät gesetzt hast, um dich an ihm zu rächen?«
In diesem Augenblick erschien das erste Lächeln seit Beginn des Gesprächs auf Angels verschmutztem Gesicht, was sie als Bestätigung auffasste.
»Was wird mit ihm geschehen?«
»Ich will dir nichts vormachen. Er ist als Kriegsgefangener äußerst wichtig für mich und anders als dein muskelbepacktes Statussymbol für unsere Verhöre empfänglich. Darum kann ich ihn dir nicht zurückgeben«, philosophierte Jade. Für einen Moment klang es beinahe, als versuchte sie, ihre Handlungen zu rechtfertigen. »Sei aber versichert, dass wir uns um seine Verletzungen kümmern und er nicht leiden wird.« Mit einem Augenzwinkern fügte sie hinzu: »Nun ja, jedenfalls nicht mehr als unter deiner Behandlung. Vielleicht wird mir sein Rotschopf am Ende sogar dankbar sein.«
»Du bringst deine eigenen Männer für ein verlorenes Duell um, versklavst unsere Leute und gibst mir im selben Atemzug andere zurück. Jetzt die Vorzugsbehandlung für Johnny«, fasste Angel ungläubig zusammen und schüttelte dabei den Kopf. »Warum das alles?«
»Warum ich euch nicht einfach umgebracht oder dir überhaupt erst die Position für diesen Stützpunkt verraten habe?«, erwiderte Jade und zuckte erneut mit den Schultern. »Ich sagte es dir doch bereits in Eagle Village. Wir sind immer auf der Suche nach Potential. Provinzen, Sklaven und Soldaten gibt es überall, aber Menschen wie du und ich sind wertvoller als
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