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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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und zog überlegen den rechten Mundwinkel hoch. »... dein Team mit Bedacht wählen.«
    Mit diesen Worten ging sie zum äußersten Rand der Bunkerruine und stellte ihren linken Fuß abermals auf den großen Stein, um ihre Überlegenheit zu demonstrieren.
    »Eure Zeit ist um!«, rief sie den Vultures zu. »Wie habt ihr euch entschieden?«
    Trotz der chaotischen Zustände innerhalb der meisten Gangs behielt die Loyalität zur eigenen Flagge einen gewissen Wert. Da sich jedoch ausgerechnet ihre beiden Anführer entzweit hatten, sahen sich die Männer einem echten Dilemma gegenüber. Auf der einen Seite konnte Dog mit seinem gewaltigen Charisma punkten, auf der anderen fürchteten sie Erics blutige Rache für Ungehorsam. Des Weiteren galten die Ranger als Schwächlinge, was ihre Niederlage gegen die Sicarii zu beweisen schien. Am Ende entschieden sich gerade einmal zwei von ihnen, Dogs Schicksal zu teilen. Wortlos gesellten sie sich zu ihm und den Geschwistern, bereit, ihr Todesurteil zu empfangen.
    Stattdessen drehte sich Jade stirnrunzelnd zu Angel um und fragte rhetorisch, ob der Humvee denn überhaupt Platz für sieben Personen hätte. Ohne die Antwort abzuwarten, zeigte sie in Richtung Süden, wo der zweite Vulturebuggy im Zuge ihrer Flucht vor der anrückenden Sicariiarmee zurückgelassen worden war. Den könne sie aufgetankt zurückhaben. Cassidy traute ihren Ohren nicht, als ihnen Jade freies Geleit versprach und versicherte, dass sie kein Sicarii im näheren Umkreis von Brackwood aufhalten würde.
    Bevor sie Angel entließ, zog sie ein daumengroßes Silberamulett aus ihrem hellbraunen Trenchcoat, dessen Oberseite die Gravur einer Eule mit übergroßen Augen zeigte. Die Rückseite schmückte der Kopf einer Frau mit verbundenen Augen. Sollte Angel je in Bedrängnis geraten, könnte ihr das funkelnde Schmuckstück vielleicht helfen. Anschließend verließ sie die ehemalige Grünanlage mitsamt ihrer Eskorte und den übergelaufenen Vultures, ohne noch ein einziges Mal zurückzublicken.

4 - Déjà-vu
     
     
Den ganzen Tag über ließ Angel die beiden Wagen nicht zur Ruhe kommen. Jades Versprechen auf freies Geleit hatte sich als verlässlich erwiesen. Nicht eine einzige Sicariipatrouille war ihnen gefolgt. Wie schon bei der Reise durch das Vultureterritorium machte die friedliche Landschaft den Anschein, als wäre ihr unaufhaltsamer Feldzug längst beendet. Die vorbeiziehende Steppen der nördlichen Wastelands wirkte mit ihren hohen Gräsern, kleinen Wildtierherden und versteckten Raubtieren so unglaublich beruhigend, dass der grausame Krieg, der sie alle zu Waisen gemacht hatte, fast in Vergessenheit geriet.
    Entgegen den Protesten ihrer Schülerin saß Angel seit sieben Stunden nahezu ununterbrochen am Steuer des Humvees. Cassidy war derart lange Nachteinsätze nicht gewohnt. Sogar als Gefangene in der verfluchten Militärbasis hatte sie etwas schlafen können, wenn auch nicht ganz freiwillig. Ein Blick auf den Beifahrersitz ließ Angel triumphierend mit den müden Augen blinzeln. Mit dem Verlassen der Vorstädte von Brackwood war Cassidy in einen annähernd komatösen Zustand gefallen und seitdem nicht mehr erwacht.
    Auf der Rückbank sorgte sich Caiden um Faiths Wohlergehen. Die starke Dehydrierung stellte das größte Problem dar, doch zum Glück verlangte sie instinktiv bei jedem Aufwachen wie ein frisch geschlüpfter Vogel nach Wasser. Ihre Orientierung hatte sie längst nicht zurückgewonnen.
    Seit der Abreise aus Brackwood warf Angel den beiden argwöhnische Blicke durch den Rückspiegel zu. Weder Dog noch die anderen Vultures waren körperlicher Folter ausgesetzt worden, wenngleich die seelischen Wunden des Hünen als Köder von einer Frau für eine Frau wohl nie ganz heilen würden. Aber warum hatten die Sicarii ausgerechnet Faith derart eindringlich verhört? Einstiche und Pflasterreste an ihren Armen zeugten vom Drogeneinsatz während ihrer Befragungen. Laut Dog hatte sich Jade zwei Tage lang fast ausschließlich mit ihr beschäftigt und sie permanent in einen fensterlosen Raum gesperrt, den niemand außer ihr betreten durfte. Angel war völlig klar, dass Caiden mehr wusste, als er zugab. Sie war dennoch einer Meinung mit seiner Schwester, dass er selbst noch keine schlüssigen Antworten hatte, und entschied sich, mit ihrem Verhör auf einen günstigeren Zeitpunkt zu warten.
    Mit hundert Metern Abstand folgte der schwarze Vulturebuggy dem unaufhörlich Sand aufwirbelnden Humvee. Auch die großzügige

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