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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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in eine mögliche Falle getappt, was den Rotschopf ein wenig verlegen machte. Dog glich die Punktzahl aber sofort wieder aus, als er sich hechelnd wie ein Bernhardiner im Hochsommer durch das Gestrüpp kämpfte, so dass man ihn schon aus hundert Metern Entfernung hören konnte. Er spie unverständliche Flüche in Caidens Richtung, die selbst das frische Wasser nicht zu besiegen vermochten. Das laute Signal war ihm dabei völlig egal, doch der Zwangssprint im Windschatten seiner deutlich besser trainierten Gefährtin war zu viel für ihn gewesen.
    Angel zeigte sich hingegen ganz und gar nicht verärgert. Cassidys Bruder hatte dringend benötigtes Wasser gefunden und zugleich einen fetten Braten erlegt, den sie alle gut gebrauchen konnten. Außerdem standen ihnen mit der derzeitigen Ortskenntnis, dem Reiseführer und dem Eisenbahntunnel relativ gute Fluchtmöglichkeiten zur Verfügung, sollten die Sicarii sie bemerkt haben und zum Angriff übergehen. Wenn die Gruppe erst das unbekannte Flachland betreten hatte, das hinter dem nächsten Bergrücken begann, wären sie einem Überfall schutzlos ausgeliefert. Sie entschied daher, das Team den ganzen Tag lang rasten zu lassen und bei Nacht den Bahnschienen bis zum Ausgang des Gebirges zu folgen.
    Angel verbrachte die heißen Stunden des Tages im Schatten einer hochgelegenen Insel aus Birken mit schneeweißen Stämmen, von wo aus sie fast das gesamte Tal zu überblicken vermochte. Sie hatte sich Cassidy als seelischen Beistand für den unvermeidlichen Abstieg mitgenommen. Außerdem konnte sie so endlich einmal wieder ein paar Worte mit ihr allein wechseln. Inzwischen ging es Cassidys Ohren ein wenig besser. Das Pfeifen war kaum noch zu hören, aber Angel musste sie nach wie vor anstupsen, bevor sie etwas sagte. Ansonsten wäre ihre tiefe Stimme im Rauschen des Laubs oder dem Tschilpen der Vögel untergegangen.
    »Dein Bruder hat eine sehr gute Auffassungsgabe«, begann sie nachdenklich. Cassidy setzte das von Kim geliehene Fernglas ab und versuchte vergeblich, dem Blick ihrer Mentorin auszuweichen. Sie hatte geahnt, dass Caidens Ausbruch im Kloster nicht unbemerkt geblieben war, und suchte nach einer passenden Ausrede. Vorerst nickte sie einfach nur, um sich nicht zu verplappern.
    »Eric ist kein Idiot«, fuhr Angel fort. »Psychopathisch und unmenschlich - ja, aber kein Idiot. Zwanzig Jahre lang hat er jede Gang zerstört, die ihm über den Weg kam, und die Reste in sich aufgesogen. Es gab mehr als ein Angebot, seine Leute mit anderen Banden zu vereinen und er hat jedes Mal abgelehnt. Einmal hatten die Red Dragons vierzig seiner Männer gefangen genommen, auf dem Schlachtfeld als Schutzschild vor ihren eigenen Truppen aufgereiht und damit gedroht, sie alle umzubringen, sollte er sich nicht unterwerfen. Was glaubst du, wie er reagiert hat?«
    Da sich die Vultures bis zu diesem Tag behaupten konnten, lag die Antwort auf der Hand. Cassidy hatte aber genug sadistische Horrorgeschichten aus Angels Vergangenheit gehört, um sich innerlich bereits auf das nächste Blutbad vorzubereiten. Eigentlich wollte sie es gar nicht wissen.
    »Er stand völlig regungslos vor unserer Armee, begutachtete den zusammengewürfelten Haufen der Schlitzaugenbande und entschied, dass er sich so eine Chance nicht entgehen lassen durfte. Mit einem Fingerzeig befahl er, das Feuer zu eröffnen, ohne Rücksicht auf die Leben der Vultures. Wir schossen einfach durch sie hindurch. Die meisten Gangs sind erbarmungslose Mörder, aber damit hatten die Dragons nicht gerechnet. Bevor sie reagieren konnten, hatten wir fast ihre gesamten Truppen ausgeschaltet oder in die Flucht geschlagen, wo ihnen unsere Buggys den Rest gaben.«
    »Hat das nicht seine eigenen Leute gegen ihn aufgebracht?«, wollte Cassidy wissen.
    »Wohin sollten die denn gehen? Die Dragons waren kurz darauf Geschichte und Eric ein Garant für den Sieg. Viele glaubten einfach, dass sie nie so unfähig sein würden, sich gefangennehmen zu lassen. Dog hat sich hinterher erlaubt, Kritik an dem Massaker zu üben. Unter vier Augen versteht sich. Eric hat ihn angebrüllt, dass nur er über die Leben seiner Männer entscheiden dürfe. Ich war damals gerade erst aus der Sklaverei befreit worden und konnte mich nicht einmischen.«
    Cassidy vergrub erschüttert ihr Gesicht in ihren Handflächen und war heilfroh, dass Caiden nur ein paar Wochen unter diesen Barbaren hatte zubringen müssen.
    »Nun sag mir, würde so jemand innerhalb weniger Tage zu den

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