Revelations
Angel hinter dem Sandwall.
»Das ist doch Wahnsinn!«, brüllte Kim, ohne zu wissen, woher das plötzliche Dröhnen um sie herum kam. »Wir lassen euch hier nicht zurück!«
»Das ist ein Befehl! Bring die anderen in Sicherheit!«, schrie Angel sie an, obwohl sie nur einen Meter von ihr entfernt war. Der Sturm nahm urplötzlich orkanartige Dimensionen an und saugte den Sand nicht länger an, sondern blies ihn der Gruppe entgegen. Das Dröhnen war unerträglich laut geworden und hörte sich zunehmend künstlich an.
Angel zog sich ihr braunes Halstuch bis vor die Augen und starrte durch einen kleinen Schlitz auf die Schlucht. Plötzlich erhob sich wie aus dem nichts ein schwarzer Hubschrauber mit blinkenden Positionslichtern und grollenden Rotorblättern über dem Schlachtfeld. Einen Augenblick lang stand das stählerne Monstrum fast still in der Luft und schleuderte ihnen Unmengen von Staub und leeren Patronenhülsen entgegen, dann rauschte das riesige Luftschiff auf einmal über ihre Köpfe hinweg.
Die Gruppe traute ihren Augen nicht, als auf den Seiten der antiken Kriegsmaschine rotierende Schnellfeuergewehre aufblitzten und die Sicarii binnen Sekunden in die Flucht schlugen. Im selben Moment tauchte ein zweites, baugleiches Ungetüm aus den Tiefen der Schlucht auf und unterstützte seinen Partner bei dem ungleichen Gefecht. Die unkoordinierte Gegenwehr prallte dabei nahezu wirkungslos an den gepanzerten Militärhubschraubern ab.
Das beeindruckende Schauspiel der fliegenden Schlachtschiffe besaß durchaus eine gewisse Ästhetik, allerdings hatte zu diesem Zeitpunkt nicht mal Angel ein Auge dafür übrig. Sharon drohte an ihrem eigenen Blut zu ersticken, das in ihre Lungen gelaufen war. Cassidy und Faith stellten sich einmal mehr als eingespieltes Team bei der Verwundetenversorgung heraus, konnten aber für den Moment lediglich die Blutung stoppen. Kim nutzte die Feuerpause auf der Suche nach einem geeigneten Fixpunkt, damit sie Angel nicht zurücklassen mussten. Butch stand noch immer unter Schock, lehnte in dem Graben und betrachtete den Mond am Himmel durch das klaffende Loch in seiner Handfläche.
Nach ein paar Minuten hatten die beiden Hubschrauber ihre Jagd beendet und kehrten zurück. Der Erste flog unbeeindruckt über die zerschundene Gruppe hinweg und interessierte sich nicht im geringsten für die Neuankömmlinge. Das zweite Ungetüm hingegen schwebte wie zu Beginn am Rande der Schlucht und schien sich fast mit dem anderen zu streiten, der auf halber Strecke über den Canyon stoppte. Unterhalb des schweren Transporthubschraubers drehte sich eine Kugel, die wie ein riesiges Auge aussah, Angels Team unaufhörlich untersuchte und plötzlich einen blendenden Suchscheinwerfer einschaltete. Die gesamte Gruppe zog reflexartig die Köpfe ein, bis auf Sharon, die sich im Delirium in die Vergangenheit zurückversetzt fühlte. Instinktiv streckte sie ihren linken Arm in Richtung des Hubschraubers aus, der ihr schon einmal das Leben gerettet hatte, und versuchte, auf das Licht zuzurobben.
Die ganze Zeit über wirbelten die Rotoren tonnenweise Sand und Wüstenstaub auf, was Angel allmählich zu der Überlegung kommen ließ, dass ihnen die Unbekannten alles andere als freundlich gesinnt waren. Vielleicht debattierten sie gerade darüber, ob die kleine Gruppe ebenfalls zu Invasoren gehörte, die es zu bekämpfen galt. Bevor sie ihre Gedanken jedoch zu Ende führen konnte, kehrte der erste Hubschrauber um und kreiste über ihren Köpfen, während der Zweite zur Landung ansetzte, ohne dabei den Scheinwerfer abzuschalten. Kaum hatten die drei feststehenden Räder den Boden berührt, öffneten sich die großen Schiebetüren an den Seiten, aus denen zwei bewaffnete Männer in Kampfpanzeranzügen heraussprangen, die im Gegensatz zu einfachen Kevlarwesten den ganzen Körper schützten. Beide trugen militärische Sichthilfen, die wie eine Brille mit einem einzigen, durchgängigen Glas aussah, welches orangefarben glimmte. Sie kamen nicht näher, sondern bezogen kniend Stellung vor ihrem Fluggerät. Erst als die Pilotin ebenfalls ausgestiegen war und auf Angels Team zulief, folgten sie ihr mit angelegten Gewehren.
»Sharon! Was ist mit ihr passiert!?«, rief die Asiatin der verdutzten Gruppe zu, die bis auf Butch einen Kreis um die Verletzte gebildet hatten. Ohne auf eine Antwort zu warten, winkte sie ihren Leuten zu, die auf der Stelle umkehrten und eine zusammenklappbare Trage herbeischafften.
»Ihr kennt euch?«,
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