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Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Gerlach
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gerannt. Um zwei Uhr nachts musste er den Notarzt rufen. Wie der´s überhaupt noch zum Telefon geschafft hat. Bei dem Blutverlust wäre ich ohnmächtig geworden.“
    „Der Motte iss aber o.k., echt ´n feiner Kerl. Ej, der iss der Einzichste, der mir hier sofort die Kohle auf den Tisch legt. Und von seinem Brösel lässter einen noch die Hälfte mitrauchen. Ich glaub, ich geh heute mal bei dem vorbei.“
    „Der iss einfach zu gut. Das gibt einem manchmal zu denken. Son kleiner Kfz-Mechaniker, will nix Böses, bescheißt keinen, sonne richtige ehrliche Seele. Der arbeitet und ..., wie soll ich sagen? – lebt. Mehr macht der eigentlich nicht.“
    Olaf nickte zustimmend. „Genau, mehr macht der nich. Aber wozu soll man auch mehr machen? Kuck uns an. Sind wir vielleicht interessanter als der Motte? Jetz ma realistisch gesehen.“
    Frank machte den Eindruck, als grübelte er ernsthaft über die Frage nach. „Ich dachte immer, ich wäre anders, eben interessanter. Aber wahrscheinlich nich, nee. Was mach ich denn? Hab mein BWL-Studium abgebrochen und wo bin ich gelandet? Beim Geier, diesem elenden Revierblatt, das gerne wie Wiener und Tempo sein möchte, mit Dirk Freese und sonner bescheuerten Möchtegernfeministin als Kollegen. Also so gesehen ... Der Freese markiert neuerdings den Chef. Hat wirklich Talent, die alte Kröte, aber ein Gehabe an sich! Seit er mal ein tolles Interview mit dem Intendanten vom Bochumer Theater gemacht hat, kommt er sich vor wie der Feuilletonchef von der Zeit.“
    Olaf hörte zu und dachte daran, was ihm der Freese mal erzählt hatte. Beim Geier hieß Frank „das Redaktionsschwein“, weil Frank offensichtlich unter Blähungen litt und ständig furzte. Christine, die andere Redakteurin, zündete dann immer Sandelholzstäbchen an. Der Freese meinte, diese Mischung aus Sandelholz und Franks Abgasen würde für immer mit dieser Zeitung verbunden bleiben, ja, er glaubte sogar, dass das Druckerzeugnis danach roch. Olaf war froh, dass er da nicht arbeiten musste. Aber Frank Diepenbrock mochte er gut leiden. Es gibt eben Leute, die mag man einfach. Mit Frank war er eines Abends einfach so ins Gespräch gekommen, als er noch auf Punk war, obwohl Frank kein Punk war, aber der fand Devo gut und redete keine Scheiße und versuchte auch nicht, bei den Punks mitzumachen oder irgendwas zu sein, was er nicht war. Vielleicht war es das, was Olaf an ihm schätzte: Er versuchte nichts darzustellen, er war immer nur er selbst – Frank Diepenbrock mit seinen Jeansklamotten und seinem Päckchen Drum in der Jackentasche. War eigentlich nie schlecht drauf, man kam gut mit ihm aus, er stresste nicht, er hinterließ keine Spuren. Auch keine unangenehmen Gerüche, jedenfalls nicht in seiner Wohnung.
    „Wieso studierst du eigentlich nich weiter? Das wollte ich dich schon lange fragen. Mann ej, wenn ich es bis zur Universität geschafft hätte! Ich hätte das nich einfach so aufgegeben.“
    „Ach, ist alles nicht so, wie du dir das vielleicht vorstellst. Meine Alten denken ja, ich geh da noch regelmäßig hin und der Job wär nur nebenbei. Aber wenn ich das Gelände da betrete, dann hab ich das Gefühl, es bringt sowieso nichts. Alles was da rumsteht, an Werten und so, alles für notting. Kulisse. Tausende von Leuten gehen da jeden Tag rein und raus und spielen den Mythos Universität mit. Was wird aus dieser Masse von Titelträgern? Arbeitslose! Und ich wäre nur ´n armes Licht mehr unter den arbeitslosen Titelträgern. Ich weiß auch nich, ich seh das eben so. Außerdem ..., ob ich da wieder reinkäme? Lernen, Prüfungen und so, iss mir zu stressig. Na ja, meinen Ausweis hab ich ja noch. Status als Student hat so seine Vorteile. Irgendwann muss ich mir natürlich überlegen, was ich mache. Aber ich bin ja noch jung.“
    „Vielleicht isses auch schon zu spät.“
    Frank nickte. „Vielleicht. Ich kiff zu viel, ich trink zu viel und ich bin müde. Nee, ich bin nicht interessanter als der Motte. Alles was ich mache und denke ist jedenfalls nicht besser als Autos zusammenflicken.“
    „Das seh ich auch so. Der Motte weiß abends wenigstens, was er den ganzen Tag gemacht hat.“ Nachdem er wieder Rauch ausgelassen hatte, fügte er hinzu: „Ich kann mich meistens nich mehr erinnern.“
    „Klar, weilde den ganzen Tag stoned bist.“
    „Also bitte, Frank, so daafße das auch nich sehen! Ich mach das sozusagen berufsbedingt. Offiziell bin ich zwar arbeitslos, nee, dauerarbeitslos, aber ich arbeite ja, ich verdien

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