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Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Gerlach
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son Junkie an. Son abgefuckten Bruder, der hier nervös auf der Couch sitzt und schomma die Möbel inspiziert. Ich hab klar und deutlich gesagt, dass ich solche Leute hier nich in der Hütte haben will. Mann ej! Die stelln dir eines Tages die Bude auf den Kopf, darauf kannste Gift nehmen. Mit so was will ich nix zu tun haben.“
    Das Telefon klingelte. Spargel verdrehte die Augen und seufzte tief. „Bei dem Geschäft haste keine Ruhe mehr, ich sag´s dir.“ Gleich darauf ging er ins Schlafzimmer, schloss sogar die Tür.
    Frank brachte schwerfällig seine langen Glieder in die Vertikale, rührte mal die Bratkartoffeln um und beugte sich dann zum Videogerät hinunter, auf dem ein paar Filmhüllen lagen. Er machte sie auf, um die Titel zu lesen. Eigentlich brauchte er keine Pornos, er war sowieso dauernd geil. Der Spargel war früher auch so. Hatte er ihm mal erzählt. Der brauchte nur auf die Straße zu gehen und ein paar Röcke zu sehen, und schon stand er ihm. Spargel fand, das ging zu weit, das musste ein übersteigerter Sexualtrieb sein. Er ging mit seinem Problem zu Dr. Konze, seinem Hausarzt im benachbarten Viertel, der ihn u.a. von einem Tripper kuriert hatte. Dr. Konze verschrieb Valium. Da Spargel gern mit sich selbst experimentierte, nahm er meistens mehr als die Packungsbeilage empfahl, worauf er wiederum mit Stimmungsschwankungen, Depressionen und Müdigkeit reagierte. Heute, meinte er, hätte sich alles normalisiert. Mit der Kifferei hielt sich alles in (natürlichen) Grenzen. Frank kiffte zwar auch täglich, aber gegen seine Geilheit hatte das bis jetzt nicht viel ausgerichtet. Olaf kam zurück.
    „Tut mir leid, war was Wichtiges.“ Dann fügte er grinsend hinzu: „ER.“
    Frank grinste zurück. ER war Spargels Zulieferer – ernst, schweigsam, undurchdringlich, mit einer Knastträne unterm linken Auge. Sie kannten ihn noch aus der Zeit, als er ein armer, heroinsüchtiger Zuhälter war und sich an seinem ausgemergelten Körper kaum noch eine Stelle fand, wo er die Nadel ansetzen konnte. Eines Nachts, als Frank und Spargel ihm über den Weg liefen, muss er wohl so fertig gewesen sein, dass er ihnen seine Braut aufdrängte. Für nur zwanzig Mark würde sie es beiden besorgen. Er zitterte am ganzen Körper, das Mädchen war mit Sicherheit noch nicht volljährig, aber bis oben hin zugedröhnt. Aus reinem Mitleid gaben sie ihm zwanzig Mark, und Frank ließ sich von der Kleinen einen blasen. Als sie sich vor Spargel hinkniete, sagte der nur: „Nee, nee, lassma, hamwer doch gerne gegeben.“ Hinterher lachten sie drüber, aber eigentlich war keinem zum Lachen zumute. ER verschwand irgendwann einfach von der Bildfläche, war aber gar nicht tot, was nahegelegen hätte. ER tauchte ein paar Jahre später ebenso einfach wieder auf und sah aus als hätte man ihm eine Vollreinigung verpasst. Er sah irgendwie glatt aus, von wächserner Blässe, nicht ungesund, eher wie ein Untoter.
    „Der iss doch noch drauf, oder?“
    Olaf hielt den Holzlöffel in der rechten Hand und blickte nachdenklich auf das halb heruntergelassene Sonnenrollo. „Weiß ich nich, kann ich schlecht sagen. Ich glaub, der iss clean. Aber wahrscheinlich tut er sich ab und zu die ganz besonderen Leckerbissen rein. Kanner sich ja jetzt leisten.“
    Die Spiegeleier brutzelten in der Pfanne, machten quackende Geräusche. Olaf lud dampfende Haufen auf zwei Teller und drapierte die Eier zu einer glänzenden Kartoffelbergspitze. Man musste nur mit der Gabel in das weiche runde Goldgelb hineinstechen und schon vermischte es sich mit den gut gesalzenen, krossen Kartoffelscheiben und dem Kümmel. Frank schloss die Augen, als er sich die erste heiße Gabel voll in den Mund schob. Er sollte auch mal mit dem Kochen anfangen, dachte er.
    Eine Weile mampften sie schweigend, während sie John Lees Blues-Gitarre begleitete. Diese Musik passte aber nicht zu Bratkartoffeln mit Spiegelei, was Olaf, Besitzer von 270 Kassetten, bald merkte. Er stand auf und machte die Anlage aus. „Es geht auch mal ohne.“
    „Sag mal, gehst du gar nicht mehr weg? Ich hab dich schon ewig nich mehr abends in der Stadt gesehen.“
    „Das Geschäft, Alter. Wenn ich ma nich da bin, rennen mir die Kerle die Bude ein. Außerdem habbich im Moment gar kein Bock. Was soll ich in der Stadt? Die Kalinen kannste sowieso alle vergessen.“
    „Wieso? Sind doch immer ´n paar Nette drunter. Man darf nicht so anspruchsvoll sein.“
    „Hier gibt´s zwei Typen von Frauen: die Tussis, du weißt

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