Revolution - Erzählungen
geschieden.«
»Nein, nicht die Spanierin«, sagt Gene. »Seine Frau in Tårnby, die Stewardess.«
»Was für eine Frau?« Ich gucke verständnislos. Gene wird ganz blass.
»Ups, jetzt habe ich mich wohl verplappert.« Ich sehe Dorthe an, die nur mit einem unergründlichen Blick zurückschaut. Es ist grässlich.
»Aber …«, bringe ich noch heraus, dann versagt mir die Stimme.
»Er ist mit einer dänischen Stewardess verheiratet, die in Tårnby wohnt«, sagt sie.
»Aber er wohnt doch mit dem Polen zusammen.«
»Nein«, sagt Dorthe. »Er wohnt bei seiner Frau.« Das ist so … wenn er … es ist einfach so ausbeuterisch. Eine Stewardess – sie kann ihm billige Reisen besorgen, zum Beispiel damals, als er behauptet hat, seine spanische Tochter besuchen zu wollen. Und mir hat er erzählt, er würde das Zimmer mit dem Polen teilen, daher könnten wir nicht zu ihm … deshalb habe ich nichts von der Frau mitgekriegt. Und er würde am Abend unterrichten und hätte außerdem noch Privatschüler, es sei also nicht so einfach, sich zu sehen. Bei meinem nackten Arsch. Seiner Frau und mir gegenüber eine total verlogene Fassade.
Ich ziehe eine ziemlich eisige Miene, als er zur Tür hereinkommt. Er erbleicht, als er mich sieht. Ich verlasse das Zimmer und gehe direkt an ihm vorbei: »Lügner.«
Ich bin schon im Treppenhaus, als er mir nachkommt, erklärt und redet und beteuert, dass in Wahrheit Schluss sei mit Mette, so heißt die Stewardess.
»Und wieso wohnst du dann noch mit ihr zusammen?«, schreie ich und fange an zu flennen wie ein kleines Mädchen.
»Ich kann bei Mette nicht ausziehen, solange wir nicht zwei Wohnungen haben«, verteidigt er sich. Nun ja, schließlich habe ich mich Hals über Kopf in ihn verliebt, und ihn fallenlassen will ich auch nicht.
»Aber …«
»Es stimmt«, sagt er. »Meine Frau und ich sind nicht mehr zusammen. Ich schlafe auf dem Sofa, und sie ist die meiste Zeit im Flugzeug unterwegs.«
Ich stehe im Treppenhaus, und er fängt an, mich zu berühren; und ich denke, ich bin eine kleine Göre mit festen Titten und bestimmt knackiger und jünger als seine Stewardess. Ich kann ihn für mich haben, obwohl ich nicht eine Sekunde daran glaube, dass er auf einem Sofa schläft, wenn es ein Bett gibt.
»Mette hat’s mehr mit der Geborgenheit, aber ich lasse mich gerade von ihr scheiden, dann kann ich mit dir zusammenleben, dann können wir auf Reisen gehen.«
Natürlich dauert es nicht lange, bis es an meiner Dachkammer klopft und eine Stewardess in SAS -Uniform vor der Tür steht. Sie sagt, sie heiße Mette.
»Ich vögele mit ihm«, sage ich. »Ich vögele schon ziemlich lange mit ihm, während du unterwegs bist.«
»Ich bin nicht unterwegs gewesen«, erwidert sie. »Die letzten vier Monate habe ich am Flughafen gearbeitet.«
»Ach?«
»Und ihn gevögelt«, sagt Mette.
»Na schön, aber du bist nur so ein in die Jahre gekommener neurotischer Geborgenheitsfreak«, sage ich und werfe die Tür zu.
Meine Eltern kommen im Urlaub nach Dänemark und kaufen ein Ferienhaus bei Silkeborg. Von nun an wollen sie jeden Sommer kommen – das ist etwas völlig Neues. Als ich klein war, lebten wir jeweils zweieinhalb Jahre in Grönland und danach ein halbes Jahr in Dänemark. Diese Regelung wurde geändert, stattdessen bekommt man jetzt jedes Jahr einen kürzeren Urlaub, außerdem ist es erheblich billiger geworden zu fliegen. Jacques bleibt in Kopenhagen, während ich meine Eltern besuche. Es ist richtig gemütlich. Meine älteste Schwester hat mit ihrem Maurer aus Brønshøj ein Kind bekommen, also feiern wir eine Kindstaufe; und gleichzeitig heiratet meine jüngere große Schwester einen Anwalt aus Hellerup.
Bürgerlich
In Kopenhagen wird mir eine Dreizimmerwohnung angeboten, weil Chuck und seine Freundin nach Kanada wollen. Achtzig Quadratmeter in der Baggesensgade direkt an den Seen der Innenstadt. Jacques ist begeistert. Er zieht sofort zu mir und leitet die Scheidung von Stewardess-Mette ein; die obligatorische einjährige Trennungszeit wird vereinbart, danach ist die Scheidung offiziell. Und ich weiß, dass er auf mich setzt, weil ich mit ihm verreisen und die Welt sehen will. Ich bin kein Geborgenheitsfreak, ich will die knallharte Realität zu Wasser, zu Lande, in der Luft und überhaupt. Er findet das super. Und er hat mich echt gern.
Ich bin ein totaler Freak, als wir zusammenziehen, weil ich mich an keinerlei Regeln halte, aber, nun ja … Jacques findet, dass ich nicht mehr so
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