Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
Vom Netzwerk:
meine kleine junge Frau will nur diese hellblaue Farbe, und die haben sie uns besorgt.«
    »Aber wieso?«
    »Weil der Wagen jetzt ein anderes Nummernschild hat. Wenn der Haschhändler mit der Ware kommt, wird er nicht bemerken, dass sich das Nummernschild geändert hat, schließlich ist es der gleiche Wagentyp und die gleiche Farbe. Doch die Polizei wird nach einem Auto mit zwei Hippies und einem ganz anderen Nummernschild suchen.«
    Jacques dreht sich um und geht. Ein paar Stunden später kommt er mit dem neuen hellblauen Renault zurück, und kurz darauf erscheint der Verkäufer. Im Haus sind die Gardinen zugezogen, sie sitzen auf dem Boden und packen die Koffer. Es ist vollkommen irre, elf Kilo. Jacques hat einen guten Preis bekommen und ist gierig geworden. Der Stoff nimmt enorm viel Platz weg. So dick, wie der doppelte Boden ist, kann jeder Idiot sehen, dass nicht nur Klamotten darin sein können. Es ist früher Nachmittag. Der Verkäufer bekommt sein Geld und verschwindet. Jacques rennt ins Badezimmer und schreit, ich solle mir die bürgerlichen Klamotten anziehen, Make-up auflegen und mein Haar bürsten. Kurz darauf erscheint er, frisch rasiert und in einem Slimline-Hemd. Er trägt die Koffer zum Auto, und wir fahren über kleine Schotterpisten bis zur Hauptstraße – als anständiges, ordentliches Paar. Wir wollen nach Casablanca und von dort mit einer Linienmaschine nach Zürich.
    »Benutzen wir im Flughafen den anderen Pass?«, erkundige ich mich.
    »Nein, nein«, sagt er. »Denselben Pass, mit dem wir eingereist sind.«
    Ich sage nichts mehr. Wir sind wie Spießer verkleidet, wollen aber unsere Hippie-Pässe benutzen – ich versteh’s nicht. Bin nur seltsam emotionslos. Jacques trommelt aufs Lenkrad und fragt mich ständig nach der Uhrzeit. Es ist einfach Mist mit den Koffern. Jacques fährt langsam, obwohl kaum Verkehr ist, und will weiterhin dauernd wissen, wie spät es ist. Die Maschine hebt bald ab.
    »Warum fährst du nicht schneller?«
    »Sei still«, erwidert er.
    Ich habe Angst, dass wir das Flugzeug nicht rechtzeitig erreichen – das ist mein einziger Gedanke. Im allerletzten Augenblick kommen wir am Flughafen an. Jacques rennt vor mir her, beide Koffer in der Hand, ich trippele ihm auf den hohen Absätzen hinterher.
    Jacques ruft: »Nein, bitte entschuldigen Sie. Na ja, es gab einen Riesenstau. Wir müssen noch mit. Ich habe eine wichtige Besprechung in Zürich und muss danach die Maschine nach Frankfurt erwischen.«
    Durch die Glasscheiben des Flughafens sehe ich die letzten Passagiere die Gangway hinaufgehen – eine Zugmaschine steht bereit, um die Treppe wegzuziehen, während ein Mann die letzten Koffer auf das Transportband zum Laderaum der Maschine wirft. Aber Jacques gelingt es, unsere Koffer zum Flugzeug bringen zu lassen, ohne dass sie untersucht werden – einfach so, wuuusch –, und wir in ein Auto, das zum Flugzeug rast, wir springen die Gangway hoch. Sie haben kaum in unsere Pässe schauen können, in denen wir aussehen wie zwei Hippies auf Entzug. Ich habe das Gefühl, in einem James Bond-Film mitzuspielen: Sofie – Agent 007.
    In Zürich müssen wir umsteigen, aber die Koffer müssen nicht noch einmal durch den Zoll – sie werden direkt von einem Flugzeug zum anderen transportiert. Wir haben vier Stunden Aufenthalt, und die Stewardess hat erzählt, dass der Flughafen einen Bus-Pendelverkehr in die Stadt unterhält, damit die Passagiere sich die Sehenswürdigkeiten ansehen können. Das machen wir. Als wir zum Flughafen zurückkommen und einchecken, zieht Jacques unsere noblen Pässe heraus.
    »Wollen Sie die Pässe nicht stempeln?«, fragt er den Passbeamten, umarmt mich und lächelt mich an, bevor er hinzufügt: »Es ist das erste Mal, dass wir zusammen verreisen.«
    Und ich lächele wie eine nette kleine Freundin. Wir bekommen einen Stempel aus Zürich in unsere bürgerlichen Pässe, in denen es keine Stempel aus Marokko gibt – die sind in den Hippie-Pässen. Wir fliegen nach Frankfurt und tragen unsere Koffer durch die deutsche Zollkontrolle, denn unsere Pässe zeigen ja, dass wir lediglich mit einer Linienmaschine aus Zürich kommen. Und das ist nicht sonderlich suspekt, tatsächlich werden wir nicht einmal kontrolliert. Dann nehmen wir den Zug nach Kopenhagen.
    »Aber warum sind wir nicht einfach von Frankfurt nach Kastrup geflogen?«, will ich wissen. Jacques schüttelt den Kopf und flüstert mir ins Ohr: »Die dänischen Drogenspürhunde sind ziemlich tüchtig.« Im

Weitere Kostenlose Bücher