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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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Calabretta ist nicht da, der musste mit seiner Mutter zum Arzt.
    Der Brückner und der Schulle sind super Typen. So klassische Hamburger Jungs mit flachsblonden Haaren und Gesichtern, die nie älter werden als achtundzwanzig. Der Brückner ist eher klein, und der Schulle ist eher groß.
    Herr Borger ist Ende vierzig, er trägt eine silberne Lesebrille und sieht aus wie der Religionslehrer von nebenan, spricht aber wie ein Billardprofi: cool und abgeklärt. Ich hab noch nie erlebt, dass den Borger irgendwas aus der Ruhe gebracht hätte. Die Kollegen im Präsidium nennen ihn intern Mr. Valium, und ich glaube, er weiß es auch, und es ist ihm natürlich egal.
    Die Frau aus der Pathologie kenne ich nicht, die scheint neu zu sein. Sie ist rothaarig und hat eine beeindruckend kleine spitze Nase, Modell Kleopatra, und sie wirkt auf den ersten Blick irre zart und auf den zweiten Blick sehr fleißig und professionell. Schade, dass der Calabretta nicht da ist. Ich glaube, sie könnte sein Typ sein.
    Der Hollerieth von der Spurensicherung ist der Chef seiner Truppe und der, den ich von diesen Eierköpfen am wenigsten leiden kann. Immer, wenn ich den sehe, habe ich sofort das Bedürfnis, ihm weh zu tun. Er ist ein hochnäsiger Geselle mit einem sehr plumpen Gesicht und sehr schlanken Händen, die überhaupt nicht zum Rest seiner Erscheinung passen, und irgendwas an ihm macht mich echt rasend. Ich vermute, es ist die Tatsache, dass er anwesend ist. Er trägt einen grauen Beamtenschnurrbart, ein grobes Sakko und eine indiskutable Motivkrawatte zu einem labberigen Hemd. Er eröffnet unsere Gesprächsrunde.
    »Wir haben so gut wie nichts«, sagt er und lässt einen vorwurfsvollen Blick über den Tisch rutschen.
    Ich hasse vorwurfsvolle Menschen. Ich werfe doch auch niemandem mein Leben vor.
    »Und das heißt genau?«, fragt der Faller.
    Der Hollerieth schlägt seine Akte auf, spinnenfingrig und wichtigtuerisch.
    »In der Nacht von Montag auf Dienstag hat es geschüttet wie aus Eimern. Wir haben also zwar jede Menge Fußabdrücke und Reifenspuren, aber die sind verwischt und nicht zuzuordnen – auf dem Kopfsteinpflaster am Hafen fahren und latschen ja schließlich Tausende von Leuten rum. Am Körper der Toten haben wir kein Stück fremde DNA gefunden, lediglich ein paar einzelne Fasern von Klamotten. Irgendjemand trug vermutlich eine Jeans und einen Wollpulli, entweder sie oder ihr Mörder. Und wir gehen davon aus, dass sie mit einem Plastikkabel erwürgt wurde, weil wir an ihrem Hals kein faseriges Material gefunden haben.«
    Der Hollerieth schaut die junge Ärztin aus der Pathologie an. »Was halten Sie davon?«
    »Kunststoff«, sagt sie und nickt. Sie hat eine wunderschöne rauchige Stimme, die perfekt zu ihrer Haarfarbe passt. »Ich tippe aber von der Verletzung her eher auf einen Kabelbinder als auf ein Kabel. Ein Kabel würde nicht solche Einschnitte hinterlassen.«
    »Und sonst?«, frage ich. »Ist da was unter ihren Fingernägeln?«
    »Nichts, was auf einen Kampf hindeutet«, sagt sie. »Die Hautpartikel, die wir gefunden haben, sind ausschließlich von ihr selbst. Sie hat sich höchstens mal am Kopf gekratzt. Bis auf die Würgemale an ihrem Hals hat sie keine Hämatome. Und was die Ausbildung der Leichenflecken angeht, kann ich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass sie erst nach ihrem Tod an die Stelle geschafft wurde, an der die beiden Matrosen sie gefunden haben.«
    »Was ist mit den Tabletten, von denen der Doc gesprochen hat?«, frage ich.
    »Phenobarbital«, sagt sie, »ein starkes Barbiturat. Ist verschreibungspflichtig und wird eigentlich nur noch zur Narkosevorbereitung oder bei Epilepsie verabreicht. Der Stoff ist schwer zu beschaffen. Es könnte natürlich sein, dass unser Täter Epileptiker ist. Aber dann braucht er das Zeug selbst und kann es sich nicht leisten, es in solchen Dosen zu verpulvern.«
    »Wie wirkt der Stoff?«, fragt der Brückner. Wollte ich auch gerade fragen. Diese ersten SoKo-Treffen sind immer ein bisschen wie die erste Stunde bei einem neuen Mathematiklehrer: Alle versuchen, einen möglichst guten Eindruck zu machen.
    »Das hängt von der Dosierung ab«, sagt die Ärztin, deren Art, zu reden, mir mit jedem Satz, den sie von sich gibt, besser gefällt. Ein schön unbeteiligter Singsang. Ich muss den Faller fragen, ob er sich ihren Namen gemerkt hat. »Die Tote hat eine ordentliche Menge in Verbindung mit Gin bekommen«, sagt sie. »Ich schätze, sie ist stehenden Fußes eingeschlafen und hat

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