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Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)

Titel: Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Höcker
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Mögliche veranlassen, um unseren Herrn zu beschützen.
    Gestern erst sind die Wachen verstärkt worden und jeder waffenfähige Bewohner Dragelunds wurde bewaffnet und ausgerüstet.
    Handwerker ziehen einen zusätzlichen Palisadenring auf und Waldläufer patrouillieren durch die umliegenden Wälder. Jedes Wesen, das sich unserem Dorf nähert, wird argwöhnisch und sorgfältig überprüft, bevor es Dragelund betreten darf und im Zweifel eher getötet, als überstürzt eintreten zu dürfen.
    Götter, ich erzittere bei jedem fremden Geräusch, bei jedem Donnergrollen. Ich harre jeden Abend angstvoll den heimkehrenden Patrouillen und den Nachrichten, die sie bei sich tragen. Einerseits hoffe ich, dass die Vorsehungen sich als unwahr herausstellen und uns gar keine Gefahr droht, andererseits aber bete ich darum, dass das Wesen, das den Tod nach Dragelund bringen wird, rechtzeitig vor unseren Grenzen gestellt und getötet wird. Da ich an die erste Möglichkeit in meinem tiefsten Inneren nicht glauben kann, erhoffe ich umso mehr die zweite.
    Mein Herr dagegen glaubt fest daran, dass sich die Visionen erfüllen werden – er sieht seinen Tod direkt vor Augen und hat mit seinem Leben abgeschlossen. Das Einzige, was unklar ist, so sagt er, sei die Art seines Todes. Dass es geschähe, wisse er bereits.
    Wenn es Neuigkeiten zu berichten gibt, werde ich sie unverzüglich niederschreiben.
     
    Gezeichnet: Skorvjen Wravson“

Vierzehntes Kapitel: Erdspuren
     
    Auriel verzog das hübsche Gesicht zu einem stummen Schrei und brach in die Knie. Den Dolch hielt sie noch in der Hand, doch locker und ohne jeden Gedanken daran, ihn einzusetzen.
    Sie begann erbärmlich zu weinen, schlug die Hände vor die Augen. Wie ein verprügeltes Kind kauerte sie sich zusammen. Ihre Schultern bebten und ihr ganzer Körper zitterte und wankte unter dem Kummer, der aus tiefster Seele sprach.
    Rhavîn Atem stockte der Atem. Er glaubte zu spüren, wie der Schmerz sein Herz zerfetzte. Auriels Leid wurde zu seinem, er verlor sich im Strudel ihres Kummers. Ungeachtet seiner Pläne und Vorhaben stürzte der Dunkelelf zu Auriel auf den Boden. Liebevoll legte er die Arme um sie, sodass sie sich an ihn lehnen konnte. Er hielt sie einfach nur fest, ohne ein Wort. Aber er stützte sie und drückte sie fest an sich.
    Der Sícyr´Glýnħ genoss diesen besonderen Kontakt, wie er selten zuvor etwas genossen hatte. Wie sehr hatte er sich danach gesehnt, wie sehr sich gewünscht, dieses zarte Menschenmädchen endlich berühren und in seinen Armen halten zu dürfen. Rhavîn bereute nicht, dass er schwach geworden war und seinen seltenen Gefühlen nachgegeben hatte. In diesem Moment gab es für ihn einzig Auriel und seine Zuneigung zu ihr.
     
    Irgendwann später versiegten die Tränen der Zauberin. Auriel blickte auf, ihre Augen waren rot. Sie musterte Rhavîns Gesicht und erklärte mit kaum hörbarer Stimme: „Ich kann es tatsächlich nicht, Rhavîn. Ich kann nicht herzlos sein, nicht grausam und nicht kalt. Ich bin nicht so wie du.“
    „Auriel.“ Rhavîn drückte die junge Frau noch fester an sich. Er gab ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. Dann legte er seine Wange an ihren Kopf und schloss die Augen. Sein Atem flatterte, in seiner Seele rangen Wärme und Kälte um Aufmerksamkeit.
    Auriel zitterte. Ihr war, als hätten Rhavîns Lippen ein brennendes Mal auf ihre Stirn gezeichnet. Plötzlich spürte sie eine heiße Sehnsucht in ihrem Schoß. Dennoch versuchte sie, sich zu beherrschen, um die zarten Bande, die sich zwischen ihr und dem Dunkelelfen webten, nicht zu zerstören.
    „Du hast recht“, murmelte sie nach einiger Zeit. „Ich würde es niemals fertigbringen, alle Gefühle aus meinem Leben zu verbannen, selbst wenn ich es dir zum Gefallen gern tun würde, Rhavîn. Ich bin zu schwach, um meine Menschlichkeit zu vergessen.“
    Die zierliche Frau blickte auf, schenkte Rhavîn einen sinnlichen Blick tiefer Verliebtheit. Gierig hoffte sie auf einen weiteren Kuss – einen Kuss, der ihr endgültig zeigen würde, wie der Sícyr´Glýnħ zu ihr stand.
    „Auriel.“ Rhavîn rückte die junge Frau ein Stück von sich ab, legte beide Hände an ihren schmalen Hals und verwischte die Tränen mit den Daumen. „Wenn du mir tatsächlich gefallen möchtest, was du wirklich nicht bräuchtest, dann bleibe so, wie du bist. Du bist wunderschön, an Gestalt, wie auch in deinem Inneren.“
    „Ich dachte, du verabscheust meine Menschlichkeit, Rhavîn“, schluchzte Auriel. Sie

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