Rheingau-Roulette
Hannes. „Beeindruckend. Hast du das wirklich alles selber gestaltet?“
Die Halle war hell, viel heller, als man vermutet hätte. Über der Eingangstür war ein großes halbrundes Fenster mit buntem Glas eingelassen. Das Fenster war ähnlich einer Sonne aufgebaut, in der Mitte war eine dunkle runde lila Fläche, die nach außen in Strahlen fließend heller in ein Azurblau verlief. Durch das Fenster brach sich das Licht und fiel bläulich gedämpft in die Halle und tauchte den Eingangsbereich in ein unnatürliches Licht. Gegenüber dem Eingang befand sich ein großer schwarzer Kaminofen, offenbar neueren Datums. Insgesamt war die Halle etwa fünfzig Quadratmeter groß. Der Boden war mit kleinen Kacheln diagonal schwarz-weiß gefliest, die Wände bis zur Hälfte dunkelrot getäfelt und darüber in einem hellen Cremeton gewischt. Rechts ging eine Tür ab, daneben der Treppenaufgang, der eine breite, abgewetzte hölzerne Treppe auf eine Galerie nach oben führte. Im hinteren Bereich, auf der Kaminseite, verlief zur linken wie zur rechten Seite ein Flur, der den Zugang zu weiteren Räumen gewährte.
An der linken Wand hing zwischen den zwei dunklen Kassettentüren ein riesiges Gemälde, das in Rot und Lilatönen eine Stadt darstellte, auf der rechten Seite hing eine moderne Plastik aus verschiedenen Metallen, die aussah, als ob sie aus der Wand heraus geboren sei. Alexandra sah sich in der Halle um und konnte ihre Begeisterung nicht verhehlen.
„Das ist unglaublich. Es ist so schön hier!“
Hannes lächelte sie an. Das erste Mal heute, konstatierte Alexandra.
„Es ist von mir gestaltet, ja. Aber es hat seine Zeit gedauert. Die Halle ist erst seit ein paar Wochen fertig. Und die Treppe“, Hannes klopfte auf das dunkle, durch viele Hände abgenutzte Treppengeländer, „die Treppe muss auch noch renoviert werden. Gelegentlich!“
Caro zog Alexandra mit sich. „Das ist noch nicht alles. Du musst die Küche sehen!“
Caro führte sie durch die Tür vor dem Treppenaufgang auf der rechten Seite. Als sie die Küche betraten, das heißt, das, was Caro prosaisch eine Küche nannte, empfand Alexandra eher als eine Halle mit Kochgelegenheit, saßen Arno, Dieter und die Mädchen an einem langen Holztisch. Er stand in der Mitte eines Raumes, der etwa die gleiche Größe wie die Eingangshalle hatte. Über dem Tisch hing ein überdimensionaler, prächtiger und sehr kitschiger Kronleuchter. Der Tisch war mit buntem Geschirr bedeckt und Charlotte, Josie und Natz saßen mit eisverschmierten Gesichtern glücklich zwischen Arno und Dieter, die beide ein großes Bier vor sich stehen hatten und mit den Mädchen rumalberten.
„Was darf ich euch anbieten? Wasser, Saft oder Wein?“, wiederholte Hannes seine Getränkefrage an Caro und Alexandra gerichtet.
„Wir trinken erst ein großes Glas Wasser und dann ein Glas Weißwein.“
Caro sah fragend zu Alexandra, die stumm, aber zustimmend nickte.
„Sie ist immer noch sprachlos“, lästerte Arno .
„Du musst wissen, Hannes, für Alexandra sind Küchen und Menschen, die darin etwas produzieren können, wie Außerirdische von einem anderen Stern. Wenn Alex zum Essen einlädt, dann ist die Küche kalt. Entweder, sie hat es geschafft, einen versalzenen Salat zu zaubern, oder aber sie hat sich gleich dafür entschieden, beim Italiener anzurufen und das Essen dort zu ordern.“
Alexandra protestierte. „Das stimmt nicht, Arno. Ich gebe zu, ich bin keine begnadete Köchin, aber ich kann immerhin Nudeln kochen.“
Arno stupste Natz an. „Kannst du dich dran erinnern, dass Alex für uns kalte Nudeln gekocht hat? Mama hat ihr erzählt, dass man die Nudeln nach dem Kochen kurz abschrecken muss. Das ... kurz ... hatte Alex wohl überhört.“
Die Mädchen kicherten. Er grinste versöhnlich.
„Aber ich muss zugeben, es waren die köstlichsten kalten Nudeln, die ich je gegessen habe!“
„Na und?“ Alexandra zuckte schnippisch mit den Schultern. „Dafür kann ich richtig gut einkaufen!“
„Ja. Am besten geht Alex zur Maria Kaufhof einkaufen. Da kann man alles kaufen!“, sagte Josie wichtig.
„Zur Maria Kaufhof? Wer ist das denn? Kenn ich die?“ Caro guckte ihre Tochter verwirrt an.
„Na, die Maria Kaufhof. Da kann man alles kaufen und es macht Spaß. Hat vorhin ein Mann im Radio gesagt.“ Caro rätselte noch einen Moment, bis Alexandra erheitert das Rätsel löste.
„Radiowerbung. Galeria Kaufhof ...“ Die Erwachsenen lachten.
Arno nickte friedfertig. „Josefine,
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