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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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Nachbarort. Warte, ich geb dir meine Nummer. Ich habe kein Festnetz, nur Handy. Bitte.“ Sie reichte Alexandra einen alten Einkaufsbon, auf dem sie die Rückseite mit blauem Kugelschreiber mit einer Nummer bekritzelt hatte.
    „Was ist das denn für ein Zettel?“ Alexandra betrachtete den Einkaufszettel, der ein auffälliges Yin-Yang-Symbol trug.
    Gina lächelte. „Ich bin Heilsteinberaterin und das ist der Laden, in dem ich immer einkaufen gehe, wenn ich Kunden habe, die besondere Utensilien brauchen.“
    „Heilsteinberaterin?“ Alexandra guckte sie zweifelnd an. „Du siehst gar nicht so esoterisch aus!“
    Gina lachte. „Glaub mir, auch Esoteriker sind Menschen! Du bist also skeptisch? Was bist du denn von Beruf?“
    „Logopädin. Und zwar eine von der ganz normalen Sorte. Ich habe mit Esoterik echt nichts am Hut.“
    „Die ideale Basis für den Beginn einer ganz besonderen Freundschaft!“ Ginas Grinsen verzog sich zu einer schmerzhaft verzogenen Grimasse. „Du, ich muss da jetzt rein, sonst muss ich nachher extrem lange warten, bis ich dran komme. Die ersten Omas laufen schon ein!“ Sie zeigte auf zwei alte Damen, die den Bürgersteig in Richtung Arztpraxis entlang kamen. Freundlich schweigend sahen sie einen Moment den alten Damen zu, dann gab sich Gina einen Ruck.
    „Ich muss wirklich los, Alex. Die Sorte alter Witwen, die da kommen, kenne ich. Der Arzt ist der Einzige, der noch mit ihnen redet und das nutzen sie aus, solange es geht.“ Sie lächelte entschuldigend. „Kommst du denn ohne Auto von hier gut nach Hause?“
    Alexandra stieg aus dem Auto aus und warf Gina den Schlüssel über das Auto hinweg zu. „Kein Problem. Ich habe meine Runde noch nicht fertig gelaufen, dann jogge ich eben die letzten Meter nach Hause. Gute Besserung und dann bis bald! Mach‘s gut!“ Sie trabte leicht an, drehte sich noch mal um und winkte Gina zu, die sich humpelnd in die Praxis bewegte. Auf dem Weg durch den Ort lief sie Caro über den Weg, die gerade aus der Bank kam.
    „Guten Morgen, Süße. Musst du Geld scheffeln oder warum bist du schon so früh unterwegs?“
    „Mama-Taxi. Wie jeden Tag. Und du warst sportlich?“
    „Ja, sportlich und heute Morgen war ich als Samariterin unterwegs. Hab ne verletzte Läuferin aufgegabelt und zum Arzt gebracht.“
    „Du Gute. Du bist also nicht die einzige Irre hier im Ort, die stundenlang läuft.“ Caro schob sich die Sonnenbrille in die Haare und blinzelte in die Sonne. „Ich habe übrigens gerade an der Kita Andrea getroffen. Sie fragt, ob du am Samstag kommst? Ich habe ja gesagt.“
    „Caro!“, bestürzt sah Alexandra ihre Cousine an.
    „Was ist los? Warum bist du so entsetzt?“ Sie war offensichtlich irritiert.
    „Ich kann da nicht hin. Nicht, wenn Hannes auch kommt. Das wird so peinlich ...“
    Caro grinste. „Ach so. Vergiss es. Es wird dir nicht weniger peinlich sein, wenn du ihn drei Wochen später triffst.“
    Alexandra sah sie unglücklich an. „Meinst du?“
    „Sicher. Komm her.“ Caro nahm ihre Cousine in den Arm. „Es wird dir nichts anderes übrig bleiben, als dich deinen versoffenen Dämonen zu stellen. Und ich schwöre“, sie lächelte schräg und hielt drei Finger hoch, „und ich schwöre, dass ich nicht lachen werde, wenn er kommt und dich darauf anspricht!“
    „Ich werde nicht mit ihm sprechen. Ganz bestimmt nicht.“ Ihren Vorsatz bekräftigend schüttelte Alexandra heftig den Kopf, sodass ihr gebundener Haarzopf wie ein Pferdeschweif hin und her wippte.
    „Nun, du vielleicht nicht mit ihm. Aber er ganz sicher mit dir! Komm, mach dir keine Gedanken. Wird schon werden.“ Caro drückte sie fest und zog winkend ab. „Muss mich beeilen. Die Arbeit ruft!“
     
    Die Fete bei Andrea begann wie jede Fete bisher. Die Sonne hatte den ganzen Tag über für extreme Hitze gesorgt, die am Nachmittag in heftige Schwüle umschlug. Für heute Abend war ein Gewitter angesagt, aber niemand nahm die Ankündigung ernst. Es gab seit Tagen die Vorhersagen für Gewitter, die sich bisher immer als unzutreffend erwiesen hatten.
    Die Stimmung der Gäste war gereizt, die drückende Hitze legte sich auf die bisherige gute Laune wie ein undurchlässiger Überzug.
    Auch Alexandra fühlte sich angestrengt. Caro mit Familie war noch nicht da und die lauten, streitsüchtigen Stimmen der Kinder, die sich im Garten mit der Musik mischten, gingen ihr auf die Nerven. Die Knirpse waren von der Hitze übersättigt und überreizt. Gestresst von den letzten Schulwochen

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