Rheingau-Roulette
Nachfragen und seinen Erklärungsversuchen zu entgehen. Sie suchte nach Caro und Arno, die mit den üblichen Verdächtigen, Andrea, Hannes, Frank, Doro und Fritz an der Theke zusammenstanden.
„Na?!“ Caros Tonlage war so zweideutig, wie sie nur sein konnte.
„Selber ‘Na‘!“ Alexandra sah sie harmlos an.
„Geht da was mit Harald?“
„Nein. Wir haben nur über Hunde und katholische Messen gesprochen.“
Caro feixte. „Wie der evangelische Pfarrer und ich es während der katholischen Messe wie die Hunde trieben?“
Alexandra lachte. „Caro, du bist eine ketzerische Metze.“
„Das, Cousinchen, ist der Grund, warum ich sie geheiratet habe!“, sagte Arno. Er nahm seine Frau in den Arm und küsste sie. „Böse Hexe!“
„Aha. Aber ihr saht so nach glücklichem Paar aus!“ Caro wollte das Thema noch nicht fallen lassen.
Alexandra grinste. „Adam und Eva. Und dann kam die Vertreibung aus dem Paradies in Gestalt einer Blondine.“
Arno sah auf die Stelle, an der eben noch Alexandra gesessen hatte. Er betrachtete Sändi und Harald eingehend. „Meinst du, Sändi ist an einem Job als Pfarrersfrau interessiert?“
„Och komm, Arno.“ Caro zog gespielt genervt die Stirn in Falten. „Jetzt tu bloß nicht so, als verstündest du was von Beziehungsanbahnung. Dass sie ein Auge auf ihn geworfen hat, sieht ein Blinder mit Krückstock!“
„Ich dachte ja nur, ich sag mal was dazu“, sagte Arno achselzuckend. „Scheint ja ein Thema bei euch Mädels zu sein.“
„Sonst kapierst du es doch auch immer erst bei der Hochzeit.“ Caro sah Alexandra an. „Und? Bist du traurig über die Unterbrechung?“
„Todtraurig.“ Alexandra lachte. „Ich hab immer noch Angst vor den Damenkränzchen im Pfarrhaus.“
„Komm, nimm einen Schluck von diesem köstlichen Trunk“, Arno hielt Alexandra einen bunten Cocktail hin und sah in den Himmel, „bevor uns ein Unwetter zwingt, die Räumlichkeiten zu wechseln!“
Die kleinen Wolken des Nachmittags hatten sich zusehends zu dicken Wolkenbergen aufgetürmt und sahen bedrohlich aus. Alexandra überlegte kritisch. Sollte sich das Wetter tatsächlich ändern? Ihr kurzer Rock und das schmale Oberteil, das sie anhatte, waren einem Regenguss sicher nicht gewachsen. Sie sah in den Garten und bemerkte die langsam einsetzende Geschäftigkeit, die immer dann auftritt, wenn sich bei einer Gartenparty das Wetter ändert. Andrea und Vera räumten die Gegenstände, die nicht zwingend für die Party notwendig waren, geflissentlich ins Haus.
Es war das Telefon, das ihn verriet. Alexandra stand mit Frank zusammen, um mit ihm über das Computer Netzwerk ihrer Praxis zu sprechen, als Hannes auftauchte, mit einem Handy am Ohr.
Die Schwüle des Tages war endgültig kühler Abendluft gewichen und kündigte unwiderruflich die Wetteränderung an. Ein leises Frösteln lief Alexandra über die Arme. Der Himmel hatte sich nicht nur abendlich verdunkelt, auch ein zarter Wind blies die Düfte des Abends durch den Garten. Seit Wochen war es abends nicht mehr so kühl gewesen und entsprechend wenig hatte sie sich um eine wärmende Jacke gekümmert. Wozu auch. Meistens war sie im T-Shirt noch zu warm gekleidet.
Als sie ihn hörte, verstärkte sich ihr Frösteln. Es war die Art und Weise, wie er mit seinem Gesprächspartner redete, die Alexandra plötzlich erkannte. Kurz angebunden, sehr förmlich und vor allem in einem eisigen Tonfall. Die Erkenntnis kam plötzlich und war so ärgerlich wie die Erkenntnis, dass Stimme und Sprache eigentlich ihr Beruf waren. Wie konnte es ihr nur passieren, dass sie seine Stimme am Telefon nicht erkannt hatte?
Hannes war der Arsch von der Krankenkasse. Er musste es sein. Der, der für die Praxen - Zulassung der Ersatzkassen zuständig war und ihr seit Wochen diesen unerträglichen Ärger machte. Ständig war etwas an ihren Unterlagen nicht korrekt oder zu verbessern. Frust und Zorn wallte in ihr auf. Wieso hatte er nichts gesagt? Und warum war ihr die Namensähnlichkeit nicht bewusst geworden? „Berger“ hatte sie verstanden und ihn auch immer so angesprochen. Und er hatte sie nicht korrigiert. Seit Wochen traf sie ihn regelmäßig im Dorf, auf den Partys und er erwähnte mit keinem Wort, dass sie beruflich Kontakt hatten. Sie spürte Zorn in sich aufwallen. Seit Wochen ärgerte sie sich mit den Krankenkassen herum und ihre Nerven lagen mittlerweile blank. Sie hätte schon seit diesem Monat arbeiten sollen, und anstatt Geld zu verdienen, stand sie vor
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