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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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kommst jetzt plötzlich auf die Idee, dass die Räume nicht angemessen sind? Warum hast du mir nicht gesagt, dass du nicht Berger, sondern Bergner heißt? Damit ich nicht merke, dass du es bist, der mir diesen Ärger macht? Du ... du bist so mies!“ Sie hatte sich in Rage geredet, ihre Stimme war laut geworden und die letzten Worte schrie sie fast.
    „Moment mal. Beruhige dich erst mal.“ Beschwichtigend hob er die Hände. Ruhig und beherrscht stand er vor ihr und seine gleichmütige Gelassenheit brachte sie noch mehr auf die Palme. Gleichzeitig wunderte sie sich über sich selbst. Es war lange her, dass ein Mann sie so in Weißglut versetzt hatte. Selbst Oliver hatte das nur einmal geschafft. In der Nacht, als sie sich trennten.
    „Ich will mich nicht beruhigen. Und sei gefälligst nicht so ... so ruhig. Was hast du für ein Problem mit mir? Warum behandelst du mich so feindselig?“
    „Sorry, Alex. Ich behandele dich nicht feindselig. Ich unterschreibe täglich mehrere Anträge auf Praxiszulassungen. Ich arbeite diesbezüglich für ganz Brandenburg und für alle Sorten von Therapeuten. Also nimm’s mir nicht übel, wenn ich nicht ständig alle Antragsteller parat habe.“
    Ihre Stimme wollte sich überschlagen. „Was soll das? Du blöder Arsch! Wie viele Alexandras machen dieses Jahr in Rangsdorf eine logopädische Praxis auf? Wie viele?“
    „Alex, ich lese normalerweise die Namen nicht, die auf den Anträgen stehen. Außerdem muss ich beruflich und privat trennen. Wenn ich neue Praxen zulasse, dann immer nach einer Maßgabe des Verbandes, da kann ich keine Ausnahmen machen.“
    „Keine Ausnahmen? Du hättest mit mir sprechen können. Auf sämtlichen beschissenen Feten, die wir in den letzten Wochen gefeiert haben, haben wir uns getroffen. Auf jeder Fete! Du hättest mich auf jeder Party ansprechen können und mir reinen Wein einschenken können. Auf jeder!“ Ihre Wut sprühte Funken und auch seine Haltung war nicht mehr so gelassen wie noch vor ein paar Minuten.
    „Alex, wann hätte ich es dir denn sagen sollen? Du bist erst vor kurzem als Antragstellerin auf meinem Schreibtisch gelandet, weil der Kollege, der deinen Antrag bearbeitet hat, erkrankt ist. Und, jetzt mal ganz ernsthaft. Hätte ich dich bei unserem letzten Zusammentreffen darauf ansprechen sollen?“ Sein sarkastischer Unterton empörte sie, ebenso wie die Tatsache, dass er auf ihr Besäufnis anspielte.
    „Also wusstest du es doch.“ Alexandra nickte aufgebracht. „Du hast sehr wohl meinen Namen auf dem Antrag gelesen. Du hättest es mir jederzeit sagen können. Nicht „können“, sondern müssen, verstehst du? Du wusstest genau, wen du am Telefon hast, und hast mit keiner Silbe verraten, dass du mich kennst. Warum? Und du hast genau gemerkt, dass ich dich nicht erkannt habe.“
    „Ich sagte es bereits. Weil ich beruflich und privat gern trenne.“ Er hob entschuldigend die Hände. „Tut mir leid, Alex. Wenn ich gewusst hätte, dass es dich so aufregt, dann hätte ich eher was gesagt.“
    „Eher was gesagt?“ Alexandra schäumte. „Es geht noch nicht mal darum, dass du nicht eher was gesagt hast. Es geht darum, dass du es mir grundsätzlich nicht gesagt hast und darum, dass du mich boykottierst!“
    „Noch mal, Alex: Ich boykottiere dich nicht. Ich habe Vorgaben, und nach denen muss ich arbeiten.“
    „Warum geht dann bei den anderen Antragstellern, die ich kenne, alles glatt, nur bei mir wird jeder Furz an der Decke begutachtet? Warum musste ich explizit nachweisen, dass meine Praxis zukünftig auch barrierefrei erreicht werden kann, während in zwanzig Kilometer Entfernung eine Kollegin ihre Praxis im 4. Stock ohne Fahrstuhl eröffnen kann?“
    „Ich kann dir das nicht beantworten. Diese Praxis gehört nicht zu meinem Aufgabenbereich. Ist ein anderes Bundesland!“
    „Weißt du, dass mich dieser blöde Umbau Zeit und Geld kostet? Für eine Vorschrift, die keine zwingende Vorgabe ist?“
    Er kam einen Schritt näher. „Jedenfalls sind deine Investitionen zukunftorientiert. Das wird irgendwann sicher eine zwingende Vorgabe.“ Seine Stimme war kalt und der Tonfall genervt.
    Alexandra sah ihn schweigend an. Man konnte ihr ansehen, wie sie vor Zorn glühte. Ihre Wangen waren erhitzt, ihre Locken waren elektrisch aufgepeitscht und standen wild vom Kopf ab.
    „Hast du mir die Ratten vor die Tür gelegt?“
    Hannes sah sie ungläubig an. „Quatsch.“
    „Natürlich hast du mir die toten Ratten vor die Tür gelegt. Wer sonst?

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