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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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glaube, das können sie besser als Menschen. Wenn ich erledigt habe, was ich tun muß, und du etwas mehr Übung darin hast, mit deinem Körper dein Brot zu verdienen, dann gebe ich dir vielleicht noch eine Chance, die Federn zurückzubekommen.« Die Schwanenfrau hob erschrocken den Kopf, als sei sie plötzlich aufgewacht. Ihre dunklen Augen funkelten haßerfüllt. Sie stöhnte vor Schmerzen, als sie mühsam aufstand. Die roten Male auf ihrem Körper brannten. »Behalte es, wenn du willst. Aber du wirst das Gold im Rhein nie bekommen, wenn du nicht erfährst, was ich darüber weiß. Da hilft dir das gestohlene Federkleid nicht, auch wenn du ewig den Rhein hinauf und hinunter fliegen wirst.«
    »Wie kannst du mehr wissen als deine Schwestern? Sie haben mir gesagt, was ich wissen muß. Warum sollte ich dir glauben?« »Weil ich älter und klüger bin als sie. Nur ich bin in die Tiefen getaucht und habe mit dem alten Salm gesprochen, der im Fluß lebt. Du bist ein Wesen der Kraft. Du weißt sehr wohl, daß ich Geheimnisse hüte, von denen meine Schwestern nichts ahnen.«
    Loki musterte sie nachdenklich. Die schimmernde Dunkelheit, die bewegten Schatten und das Strahlen in ihrer Seele faszinierten den Feuergott. Loki schob die langen, feuerroten Haare zurück und wurde in einem Funkenregen wieder zum Mann. »Sag mir, was du weißt«, erklärte er leichthin. »Wenn es von Bedeutung ist, werde ich dir deine Federn zurückgeben.«
    »Du lügst«, zischte die Schwanenfrau, »du warst schon immer ein Lügner. Du bist so tückisch wie die Schatten deiner Flamme. Es würde sich vielleicht lohnen, meine Federn für immer zu verlieren, nur um zu erleben, daß du dein Ziel nicht erreichst. Aber wenn du sie mir gibst, werde ich dir auch das letzte Geheimnis um das Gold im Rhein verraten, obwohl du es nicht verdient hast.«
    Loki schwieg einen Augenblick und ließ die Finger durch die weichen Federn gleiten. Ihre Seele funkelte kalt wie ein Diamant. Er wußte, jetzt würde er ihren Willen nicht brechen können. »So sei es«, sagte er und warf ihr das Federkleid zu. Sie zog es halb über sich. Große Schwanenflügel hoben sich rein und weiß über ihrer mißhandelten Schulter. Ein heftiger Windstoß fuhr durch Lokis Haare und blähte seinen Umhang, als sie mit den Flügeln schlug, in die Luft flog und über seinem Kopf schwebte.
    »Hole das Gold des Rheins aus der Tiefe, und es wird allen, die es bekommen, ein grausames Schicksal bescheren, bis es den Fluten zurückgegeben wird. Wenn du die Folgen bedenkst, dann weißt du, das Geheimnis bringt den Tod - Tod den Edlen und den Kindern der Edlen. Aber nur zu, entwende dem Zwerg den Ring der Macht und behalte ihn, wenn du kannst. Und erinnere dich an seine Fischgestalt, wenn du in größter Not bist, denn keine Kreatur ist schwerer zu finden und zu fangen als er. Und nimm mit dem Gold auch meinen Fluch mit dir: So wie du mich mit meinem Federkleid gefangen hast, sollst du eines Tages mit den Eingeweiden deines Sohnes gefesselt werden! So wie dein Feuer mich verbrannt hat, so soll das Gift des Drachen auf dich fallen und dich verbrennen, bis du dich befreist, um am Ende der Welt die Heerscharen zu Muspells Flammen zu führen. Bei all deinem Stolz, Loki, dein Schicksalsfaden ist bereits gesponnen. Möge dein Sturz bald kommen!«
    Sie streckte die Hand aus, spreizte die Flügel, und ihr Haß strömte als giftiger, schmerzhafter Strom wie der Biß von hundert Nattern auf Loki. Er war im ersten Augenblick zu verblüfft, um etwas zu erwidern. Die Schwanenfrau flog davon, und ihre Schwestern folgten ihr.
    Loki spie verächtlich aus. »Gänsegeschnatter!« sagte er laut. »Wie kann sie glauben, ihr Fluch könnte mir etwas anhaben?« Er blickte in das tiefe Wasser des Rheins. »Ein Hecht mit einem goldenen Ring an einer Flosse? Hmm, Loki mag ja Vieles sein, aber freiwillig ist er keine Wasserkraft. Ich werde wohl besser jemanden aufsuchen, der alles darüber weiß, wie man fängt, was im Wasser schwimmt...«
    Bedauernd kehrte er dem Glanz den Rücken, der noch immer aus der Tiefe des Rheins lockte, flackerte hell auf und machte sich davon. Wie ein ferner Blitz zuckte er über verborgenen Wegen zur Küste der Nordsee, wo Ägirs sich in der ersten Winterwut erhob und das Land mit den Riesenkräften schäumenden grauen Wassers bearbeitete. Die Möwen wurden wie Blätter durch den Sturm gewirbelt, ihr Geschrei ging unter im Tosen der hohen Wellen. Die Gestalten der Riesenfrauen - die Töchter von

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