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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Ägirs und Ran - tanzten und wirbelten in wilder Raserei auf dem Meer und hielten gierig Ausschau nach Schiffen, um sie in die Tiefe zu zerren. Ihre langen weißen Haare flatterten in der peitschenden Gischt. Loki stand eine Weile am steinigen Strand und blickte in die eisigen grauen Wellen, die das Land verschlangen, während die Fluten höher und höher stiegen. Er seufzte und fröstelte ein wenig. »Die armen Wesen, die dort leben müssen«, sagte er kopfschüttelnd.
    »Wie gut, daß Loki klüger ist und sein Zuhause im warmen Feuer hat.« Er reckte sich und legte sich auf den Strand; seine Kleider wurden zum warmen braunen Pelz einer Robbe, während sein Leib sich wölbte und rundete.
    Schwerfällig kroch die Robbe mit den hellen Bernsteinaugen über den schmalen steinigen Strand. Nach einem kurzen Schütteln tauchte sie ins Wasser und kämpfte sich durch die tobenden Wellen, die sie ans Ufer zurückwerfen wollten. Ägirs Töchter streckten die wäßrigen Finger nach ihm aus, aber Loki sprühte warnende Funken, und sie wichen zurück.
    »Ho, ho, ihr wilden Frauen, Himingla, Blodhagan, Dufon«, rief Loki, »hei, Bulgi, Baron, Kolgon, hört mich an, ich will eure Mutter besuchen. Sagt mir, Hefring, Unaz, Hronaz, sitzt sie in ihrer Halle? Es können heute nicht viele Schiffe unterwegs sein, die sie mit ihren Klauen packen kann! Ganz bestimmt kommt heute nur der gescheite Loki freiwillig zu Ran...«
    Rans Töchter lachten rauh, sie stiegen und sanken mit den Wellen, während die Gischt sie umtobte.
    »Komm herunter, kleiner Funke«, rief Blodhagan; ihre Stimme klang wie der Schrei einer Möwe. Die Klauen des salzigen Wassers hoben sich gierig und legten sich fest um Loki. »Komm herunter, flinke kleine Robbe, komm und wärme unsere Halle.«
    Die kalten Finger der neun Meertöchter griffen nach Lokis Pelz und zogen ihn in die Tiefe. Die Robbe schwamm mit ihnen durch das Wasser. Ihr Schwanz schlug gegen meereskalte Brüste und Hintern, die Flossen glitten flink zwischen Schenkel, und die Zähne kauten spielerisch an allem, was sie fanden. Die Meertöchter kicherten lüstern.
    »Endlich einmal etwas anderes als die ängstlichen kleinen Matrosen, die unsere Liebe nie zu würdigen wissen«, sagte Unaz. »Behalten wir doch das feurige kleine Wesen. Hast du genug Feuer für uns alle, kleiner Loki? Hilflose Schwanenjungfrauen sind vielleicht nicht schlecht, aber wir gehören zu den Riesen und haben mehr Kraft - auch mehr Lust auf Liebe ...«
    Kolgon blickte verführerisch in die bernsteinfarbenen Augen der Robbe und streichelte sie mit eisiger Hand.
    Loki drehte den Kopf zur Seite. »Ich habe genug Feuer für euch alle«, sagte er prahlerisch. »Aber wer soll die erste sein? Wie soll ich das entscheiden? Hier sind viele Frauen, die mich wollen, und ihr seid zu groß, um es euch allen gleichzeitig zu geben.« Er wand sich geschickt aus Kolgons Griff und blickte jeder der Meertöchter in die Augen. »Hört zu - wer von euch mich fangen kann, darf mich behalten!«
    Loki schoß wie ein Funken von Frau zu Frau, und alle versuchten, ihn zu fassen.
    »Mir gehört er!« rief Hronaz. »Ich habe ihn als erste gesehen, also gehört er mir.. .«
    »Nein, mir!« widersprach Himinglawa, »meinen Namen hat er zuerst genannt.«
    »Ich habe ihn eingeladen!« schrie Blodhagan, »er gehört mir!«
    »Mir!«
    »Mir!«
    »Mir!«
    Das Wasser schäumte und brodelte, als die Riesentöchter miteinander kämpften. Sie verwandelten das Meer in einen Mahlstrom, der brüllte und tobte mit neun Stimmen der Wut. Loki lachte leise, glitt davon und sank in die Tiefe unter das Kampfgetöse. Sein Ziel war die Halle auf dem Meeresgrund. Dumme Haie, die nicht wußten, daß keine echte Robbe so tief tauchen konnte, und die auch das unsichtbare Knistern der Macht nicht spürten, griffen ihn an, aber wichen sofort zurück, als ihnen blaue Blitze in die Augen spuckten. Das riesige kuhähnliche Auge eines Wals, der wie ein Berg wirkte, beobachtete ihn argwöhnisch, als er an seinem riesigen Leib vorüberschwamm, aber der Wal verhielt sich still. Bald hatte die Robbe ihn weit hinter sich gelassen und gelangte zu den Schatten der Tiefe. Die Halle von Ägirs und Ran war aus dem wassergeschwärzten Holz gesunkener Schiffe gebaut. Unter dem hohen Dach ragten geschnitzte Drachenköpfe mit langen Hälsen -jeder von ihnen der Bug eines Schiffes - aus den Wänden. Neun riesige schwarze Wassergeister in Gestalt von Männern, aber von doppelter Größe und mit Schuppen und

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