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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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wird es langsam Zeit. Also gut, trag das ins Gasthaus.« Er sah ihn spöttisch an. »Wer nicht hören will, muß fühlen! Wenn deine Arme jetzt noch nicht weh tun, dann bestimmt morgen. Du kannst von Glück sagen, wenn du sie dann noch bewegen kannst.« Sigfrid hielt es für klüger zu schweigen. Er nahm den Sack auf den Rücken und trug ihn zum Gasthof hinauf. Das Gesicht der Wirtin Wurde bei Regins Anblick etwas freundlicher.
    »Regin, der Schmied«, sagte Gutrid laut und deutlich, als sei er etwas Besonderes. Es klang, als freue sie sich nicht übermäßig, ihn zu sehen. Aber offenbar betrachtete sie ihn als jemanden, den man mit Achtung behandeln mußte. »Du hast dein übliches Zimmer.«
    »Ja. Und ich brauche noch eine Decke für meinen Jungen, Wulfi.«
    »Das kostet mehr. Anshelm hat mir schon erzählt...«
    Regin trat Sigfrid gegen die Wade, der den Sack gerade fallenlassen wollte. Unter dem strengen Blick seines Meisters setzte Sigfrid die Last vorsichtig ab und verschwand, während Regin und Gutrid miteinander feilschten.
    Draußen bewegte er vorsichtig die schmerzenden Schultern, blieb stöhnend in der wohltuenden Wärme der Sonne stehen und überließ sich seinem Ärger. Aber es dauerte nicht lange, bis die Erschöpfung verflog, und sofort kehrte seine Fröhlichkeit zurück. Er blickte sich um und lief dann in den Wald, um einen geeigneten jungen Baum zu finden, der dem Fährmann die zerbrochene Stange ersetzen sollte.

    *

    Als Sigfrid mit einem dünnen Baumstamm in der Hand zum Gasthof zurückkehrte, hörte er das Klappern von Hufen und Männerstimmen. Er lief um das Haus herum zur Vorderseite, um die Ankömmlinge besser sehen zu können. Es war ein großer Trupp... er schätzte fünfundzwanzig bis dreißig Krieger in Kettenpanzern. In ihrer Mitte ritten ein Drichten in kostbarer Rüstung und eine Frowe, gefolgt von zwei Jungen und einem Mädchen, das ungefähr so alt war wie Sigfrid, sowie zwei Mägden. Vor dem Drichten ritt ein großer schlanker Mann in seltsamen Gewändern mit einem langen grauen Haarschopf. Ein milchiger Belag überzog seine dunklen Augen. Der alte Mann musterte Sigfrid kurz, blickte aber dann wieder geradeaus. Die Pferde der Burgunder waren kleiner als Alprechts Pferde; sie wirkten auf Sigfrid schwach und wenig anmutig. Ihm fiel auf, daß sie in der Formation im Gleichschritt liefen. Er hatte gehört, daß die Burgunder ebenso wie die Hunnen vom Pferd aus kämpften; man erzählte, daß sie ihre kleinen Pferde durch Zauberkraft lenkten und daß die Tiere gehorsam auf jeden Gedanken ihrer Reiter reagierten. Zuerst glaubte Sigfrid, die Krieger trügen seltsame Helme oder Kopfbedeckungen. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte er, daß viele der Krieger seltsam entstellte Schädel hatten. Sie waren besonders schmal und hatten beinahe eine konische Form. Vielleicht paaren sie sich wirklich mit Trollen, dachte er aufgeregt. Er hielt den Baumstamm fest in der Hand und wartete gespannt, ob der Zug vor dem Gasthaus anhalten würde.
    Zu seiner großen Freude rief der Drichten: »Halt! Wir übernachten hier.«
    Schnell und geübt versammelten sich die Krieger um ihren Drichten. »Gebika lebe hoch!« riefen sie. Die Hufe schlugen im donnernden Gleichtakt auf die Erde, dann standen alle Pferde wie auf Kommando still. Nur der Hengst des schwarzhaarigen Jungen stampfte unwillig unter seinem Reiter, als versuche er verspätet, sich an dem Manöver zu beteiligen. Der Junge zügelte das Pferd und preßte sichtlich unzufrieden die Lippen zusammen.
    Sigfrid mußte ein Lachen unterdrücken, als er die Burgunder beim Absitzen beobachtete. Der Mann in der Mitte, der Drichten, mußte König Gebika sein. Die kleine vogelähnliche Frau, die er vom Pferd hob, war bestimmt seine Frau Krimhild, das Mädchen im weißen Kleid mit den dichten, langen goldbraunen Haaren Gudrun, und die Jungen waren Gunter und Hagen - allerdings wußte Sigfrid nicht, wer Hagen und wer Gunter sein mochte. Gebika war nicht besonders groß, etwas kleiner als Sigfrid, aber von kräftiger Gestalt; er hatte breite Schultern, kastanienbraune Haare und ein derbes, rundliches Gesicht. An der Seite trug er ein schmuckloses Schwert, dessen Griff vom langen Gebrauch wie poliert schimmerte. Die Scheide wirkte alt und abgenutzt. Der kräftigere seiner Söhne hatte dichte braune Haare, breite Wangenknochen und das kleine gekerbte Kinn seines Vaters; der andere, dessen Pferd aus der Reihe getanzt war, wirkte trotz seiner breiten Schultern drahtig

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