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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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ihm unangenehm, daß jemand es weiß...«
    »Ich werde bestimmt nichts sagen«, versprach Sigfrid. »Auch Gudrun nicht. Selbst wenn sie ihm nichts sagt, würde sie auf mich losgehen, und dann würde er es mit Sicherheit erfahren. Hagen hat Ohren wie ein Luchs. Ich schwöre dir, er kann durch Stein hindurch hören, wenn man über ihn redet.«
    »Darüber sollte ich wohl geschmeichelt sein«, hörten sie über sich Hagens Stimme. Sigfrid und Gunter erschraken und sahen sich schuldbewußt an. Hagen kam durch die Tannen den Abhang herunter. Er war barfuß. Etwas weiter entfernt schrie Gudrun in diesem Augenblick: »Au, mein Fuß!«
    »Ich habe gerade noch gehört, Gunter, wie du gesagt hast: ›Verrate ihm ja nicht, daß ich dir etwas gesagt habe.« Hagen sprang vom Felsen, schob sich eine Haarsträhne aus den Augen und sprach, ohne Atem zu holen, weiter: »Daraus schließe ich, daß du ihm bereits alles gesagt hast. Stimmt es?« Er blickte Sigfrid an, dem wieder ein Schauer über den Rücken lief. »Vielleicht«, erwiderte Sigfrid, »und wenn schon? Ich bin auch nicht König Alprechts richtiger Sohn. Wenn man es genau nimmt, bin ich nach einer verlorenen Schlacht geboren worden, und das ist bestimmt noch schlimmer.«
    »Danke«, sagte Hagen bitter.
    »Sigfrid,« rief Gunter, »das macht keinen Eindruck auf ihn!«
    »Es ist aber so. Alprecht hat meine Mutter davor bewahrt, gefangengenommen zu werden, nachdem mein Vater in der Schlacht gefallen war. Ich finde nichts dabei, und ich meine, Hagen hat auch keinen Grund, sich zu schämen.«
    »Ich schäme mich nicht und ich schäme mich bestimmt nicht meines Vaters«, erwiderte Hagen. »Aber ich habe genug Schwierigkeiten, weil sich die Sache herumgesprochen hat. Deshalb möchte ich nicht, daß man sich alle möglichen Geschichten über meine Abstammung erzählt. Das macht mich wütend.« Er funkelte Gunter an, hob aber schnell den Kopf, als Gudrun zwischen den Bäumen erschien, und rief besorgt: »Hast du dir weh getan?«
    »Es ist nicht schlimm...«, rief sie zurück, »ich bin nur auf einen spitzen Stein getreten.«
    »Ich komme!« Er lief ihr entgegen, kniete neben ihr auf die Erde, hob vorsichtig ihren Fuß und betrachtete die Sohle. Gudrun stand sichtlich verärgert auf einem Bein. Sigfrid konnte unter dem weißen Kleid ihre Knie sehen.
    Gunter entging sein Blick nicht, und er gab ihm einen Stoß. »Dir fallen ja die Augen aus dem Kopf, Sigfrid«, flüsterte er. »Nur Geduld, du wirst schon noch früh genug alles sehen.« Sigfrid wurde rot und wollte sich auf Gunter stürzen. Der wich ihm aber geschickt aus.
    »Es blutet«, sagte Hagen zu Gudrun, »Paß auf, ich trage dich zur Quelle. Dann können wir die Wunde auswaschen.«
    »Hagen!« schrie sie, »Hagen laß das! Ich kann doch gehen!«
    Ohne auf den wütenden Protest seiner Schwester zu achten, hob Hagen sie hoch und trug sie den Hang hinunter. »Setz mich ab!« schrie Gudrun, »setz mich sofort ab!«
    »Sei still«, sagte Hagen keuchend, »wenn du so zappelst, fallen wir beide hin.« Er schwankte, aber es gelang ihm schließlich, mit seiner Last die Quelle zu erreichen. Dort setzte er Gudrun vorsichtig auf einen großen Stein und wusch ihre Wunde aus. »Das müßte verbunden werden«, murmelte er und wollte den Saum seiner Tunika abreißen.
    Gudrun packte seine Hände und rief: »Bist du verrückt? Das ist deine beste Tunika. Mutter wird außer sich sein, wenn du sie zerreißt.«
    »Gut, aber wie willst du zur Halle zurückkommen? Vielleicht kann dir Sigfrid Schuhe und Verbandszeug holen.«
    Sigfrid lachte. »Gudrun kann nicht so schwer sein. Wenn Hagen sie herumträgt, ist es für mich eine Kleinigkeit, sie zur Halle zu tragen.« »Vorsicht«, warnte ihn Gunter, »sie wird dich windelweich schlagen. Sie haßt nichts mehr, als auf den Arm genommen zu werden.« Gudrun richtete sich auf und ballte die Fäuste. »Rühr mich nicht an, du ... du Franke. Wenn du mir helfen willst, dann sag Ildiko, sie soll mir ein Paar Schuhe bringen. Nein, geh du, Hagen. Du weißt, wo sie stehen. Ildiko findet nicht einmal ihre eigenen Schuhe.«
    »Ich soll aber bei dir bleiben«, erwiderte Hagen, und mit einem Blick auf Gunter und Sigfrid sagte er: »Warum geht ihr nicht?«
    Gudrun hob den Fuß hoch. »Es blutet nicht mehr. Wozu eigentlich die ganze Aufregung? Ich bin nicht für den Rest meines Leben ein Krüppel.«
    »Kannst du wirklich wieder gehen?« fragte Sigfrid unsicher. »Ihr seid richtige Dummköpfe!« rief Gudrun gereizt. »Ich

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