Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
Vom Netzwerk:
Tiefen der Erde.
    »Regin, du bist jung, vergiß nicht, der Drache wird sich in Nichts auflösen, wenn das Schwert ihn trifft.«
    »Regin, denk dran: Das Schwert wird in seinem glühend heißen Blut schmelzen, wenn Fafnirs Geist sich über den Felsen ergießt. Hüte dich vor dem glühenden Fluß, wenn Fafnirs Macht den Drachenleib verläßt. Außerhalb von Muspelheim gibt es nur noch ein heißeres Feuer. Aber wenn wir das Schwert richtig geschmiedet haben, ist Fafnirs Schicksal besiegelt.«
    Sigfrid war in Trance. Seine Augen durchdrangen den Stein und sahen die dunkle Höhle, in der nur das Feuer der Esse brannte. Er sah das Schlangenmuster auf dem Schwert. Der gewundene Stahl schien schwarzes Gift aufzusaugen. Grüne Flammen umzüngelten die Klinge, während rote Augen aufmerksam zusahen. »Ein anderes Schwert muß Fafnir ins Herz stoßen, wenn er mit Swefnir sein Werk vollendet hat.«
    »Regin, vergiß nicht: Brate das Drachenherz über den Flammen, und dann mußt du es essen. So wirst du die Weisheit des Drachen erwerben.«
    »Regin, junger Regin, aber das muß schnell geschehen, wenn sich das Herz nicht mit dem Drachenleib in Nichts auflösen soll.«
    »Ja, denk daran, das heiße Blut darf nicht zu lange im Todesodem kühlen.«
    Das dumpfe Murmeln schwoll an, und jetzt klangen die Worte wie rhythmische Hammerschläge:
    »Höret, Brüder! Das ist das Gesetz: Das Gift der Drachen zerfrißt den Drachen, bis einer kommt, der stärker ist.«
    Sie wiederholten ihre Worte dreimal, und dann rief einer, der die tiefste Stimme hatte:
    »So haben wir das Werk vollbracht: Wer tötet, wird getötet. Wer ißt, wird gegessen.«
    Und alle wiederholten: »WER TÖTET, WIRD GETÖTET! WER ISST, WIRD GEGESSEN!«
    Das Schwert schimmerte grün an den Rändern des schwarzen Gifts. Die Schneide schien sich zu bewegen, sich zu krümmen, als werde sie schmelzen und nicht härten. Sie funkelte gefährlich, als Regin sie aus dem Trog holte. Die Zwerge drängten sich um ihr Werk. Dann senkte sich über alles tiefe Dunkelheit.

    *

    Sigfrid erwachte lange vor Tagesanbruch. Er lief unruhig auf dem Hügel hin und her und hielt ungeduldig nach dem ersten Licht im Osten Ausschau. Die Ereignisse der letzten Nacht hallten wie ein fernes Echo in ihm nach. Doch die Worte der Zwerge waren vergessen.
    In der Ferne glaubte er, einen Hahn schreien zu hören. Aus dem Loch im Felsen stieg dünner Rauch - es war Rauch von Feuerholz. Vermutlich ließ Regin das Feuer nur noch weiter brennen, um sich zu wärmen.
    Grani stampfte munter mit den Hufen und schnaubte weißen Dampf aus den Nüstern. Sigfrid streichelte ihm das Fell. Der Hengst schien die zitternde Spannung mit ihm zu teilen, während sie auf den Tagesanbruch warteten.
    Als der Himmel hell wurde, Büsche und Bäume langsam in der frostigen Luft des Julmorgens auftauchten, lief Sigfrid hinunter zum Eingang der Höhle. Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, betrachtete eingehend die bemoosten Felsbrocken und versuchte mit seiner Willenskraft, Regin soweit zu bringen, daß er das Tor endlich öffnete und herauskam.
    »Nun komm schon«, murmelte er leise, »schläfst du noch immer? Oder bist du mit den Zwergen im Innern der Erde verschwunden?« Als die Sonne rot durch die kahlen Winterbäume leuchtete, konnte Sigfrid nicht länger warten. Er klopfte mutig an das schwere Holztor.
    »Komm herein!« rief der Zwerg mit tiefer Stimme. Das Schwert lag dunkel auf dem steinernen Amboß. Es war größer als das erste, es hatte eine breitere und längere Klinge. Die schwarzen Schlangen, die sich darauf wanden, wirkten im dämmrigen Licht lebendig. 
    »Na los!« forderte ihn der Schmied heiser auf, »nimm es in die Hand.«
    Regins dunkle Augen waren rotgerändert, die braune Tunika und die Hose fleckig, Gesicht und Haare beinahe schwarz vom Ruß. Mit leicht zitternder Hand deutete er auf sein Werk. »Dieses Schwert müßte dir gefallen, obwohl es wirklich nicht einfach ist, dein Schmied zu sein...«
    Sigfrid griff nach dem neuen Schwert. Der glatte kalte Griff lag leicht in seiner Hand. Die Klinge drehte sich, als habe sie einen eigenen Willen. Als er mit dem Zeigefinger die Schärfe prüfen wollte, rief Regin heftig: »Laß das!«
    »Warum?«
    »Die Schneide ist mit Gift geschärft, wie es in diesem Fall sein muß. Wer von diesem Schwert verwundet wird, lebt nicht lange.« Der Zwerg strich sich über den Bart und verschmierte dabei den Ruß. »Wenn die Klinge Fleisch schneidet, wird sie nicht ruhen, bis

Weitere Kostenlose Bücher