Rheingold
es durchtrennt ist. Wenn menschliches Blut an ihr klebt, kannst du das Schwert nicht in die Scheide stecken. Ich habe ihm den Namen Swefnir gegeben.«
Der Name hallte dumpf in der Höhle, und Sigfrid glaubte, wieder die Stimmen der Zwerge zu hören: »Ein schönes Schwert... ein schönes Schwert... ein schönes...« Die verhallenden Worte klangen höhnisch. Sigfrid überlief ein Schauer. Er schüttelte sich und packte das Schwert. Vorsichtig schwang er es ein paarmal um den Kopf. Regin wich hastig zurück. Swefnir zischte kalt, aber wie ein lebendes Wesen durch die Luft, als hungere es nach einem warmen Körper. Die stählernen Schlangen schienen gierig das Licht aufzusaugen und verschmolzen unruhig sich windend mit den Strahlen der Wintersonne, während die Klinge in Sigfrids Hand kreiste. Er dachte daran, wie in den vergangenen Tagen unter ihm der Felsen vibriert hatte, die Klinge im schwarzen Gift mit todbringender Schärfe von den Zwergen gehärtet worden war, und näherte sich langsam dem Amboß. »Nein!« rief Regin erschrocken, als Sigfrid zu allem entschlossen das Schwert hob, und rannte aus der Höhle.
Sigfrid spürte, wie Swefnir sich in seiner Hand drehen wollte, um sich gegen ihn zu wenden. Er packte unerschrocken den Griff mit beiden Händen und schlug die Klinge mit einem kurzen Ruck aus den Gelenken auf den Stein. Swefnir prallte mit kaltem Klirren gegen den Amboß und riß Sigfrid dabei die Arme so heftig über den Kopf, daß er den Schwertgriff kaum halten konnte, als die Hälfte der Klinge abbrach und sich wie ein Speer hinter ihm in den Felsen bohrte. Dünner grünlicher Dampf drang ätzend in seine Nase. Er hustete trocken und spuckte aus. Dann fiel sein Blick auf das verbogene, abgebrochene Schwert in seinen Händen.
Eine Woge des Zorns und der Enttäuschung erfaßte ihn. Er schleuderte die nutzlose Schwerthälfte durch die Höhle und rief wütend: »Regin, du bist so verschlagen wie dein Bruder!«
Regin erschien im Eingang der Höhle. Sein rußverschmiertes Gesicht war von Zorn verzerrt.
»Verflucht!« krächzte er heiser, »was ist notwendig, um dich zufriedenzustellen? Du kannst mir glauben, ein solches Schwert bekommst du nicht so schnell wieder.« Der Zwerg starrte auf die Schwertspitze, die in der Felswand steckte, und zog sie vorsichtig heraus. »Du kannst von Glück reden, daß Swefnir nicht in viele Stücke gesprungen ist wie dein letztes Schwert. Dann hättest du allen Grund zu bereuen, daß du mein Werk so einfach zerstört hast.«
»Es war nicht das Schwert, das ich brauche«, erwiderte Sigfrid. »Das Schwert, das du brauchst? Dieses Schwert hätte Fafnir getötet!« Regin lief durch die Höhle, hob das Schwert auf und betrachtete die Bruchstelle. Dann ging er zu einem großen Topf mit einer schwarzen Flüssigkeit, der in der Nähe der Esse stand, und tauchte vorsichtig beide Teile hinein. »Jetzt wird es von dem Gift zerfressen, das Fafnir töten sollte. Noch mehr Arbeit ist dir zuliebe vertan.« Er sah Sigfrid ärgerlich an. »Andere Helden haben mit weniger guten Schwertern getötet und sind im ehrlichen Kampf gefallen. Nur du bist so kühn, mit deinem ersten Hieb beste Zwergenarbeit zu zerbrechen.«
»Was muß ich tun, um ein Schwert zu bekommen«, fragte Sigfrid, »wenn das beste Zwergenarbeit war... und wenn du mir kein Schwert schmieden kannst?«
»Verschwinde aus meiner Schmiede!« schrie
Regin, »geh zu deiner Mutter. Einen besseren
Schmied als mich findest du nicht, also wird es kein Schwert für dich geben. Wenn für dich keine Waffe gut genug ist, bleibst du besser in der Halle bei den Frauen und lernst spinnen und weben.«
Wütend hob Sigfrid die Faust. Regin bleckte die Zähne wie eine in die Enge getriebene Ratte und duckte sich, während Sigfrid seinen ganzen aufgestauten Zorn und seine Enttäuschung hinausschrie und mit der Faust auf einen Felsen schlug, der aus der Höhlenwand ragte. Der Stein zerbrach und fiel polternd auf den Felsboden. Sigfrid hörte, wie Regin erschrocken die Luft anhielt. Als ihre Blicke sich trafen, begriff Sigfrid, was sie beide wußten: Der Schlag hätte den Zwerg ohne weiteres töten können, wenn Sigfrid seinem ersten Impuls gefolgt wäre und die Faust nicht auf dem Stein, sondern auf dem Kopf des alten Schmieds gelandet wäre. Sigfrid wankte aus der Höhle und stieg schwerfällig auf Granis Rücken. »Was hätte ich tun sollen?« fragte er den Hengst, »Wer soll mir ein Schwert schmieden, wenn Regin nicht dazu in der Lage
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