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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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mutig aufrichtete und Sigfrids Banner hochhielt. »Vorwärts!« befahl Sigfrid und ging weiter. Er drehte sich nicht um, aber er hörte, wie die Männer ihm folgten, und er lächelte zufrieden.

    *

    Sigfrid und seine Krieger brachten Feuer und Tod über Lingwes Land. Wohin sie kamen, erschlugen sie die Männer, verbrannten die Dörfer und verwüsteten die Felder. Sigfrid schickte die Überlebenden immer mit derselben Botschaft zu Lingwe: »Nicht alle Wälsungen sind tot.«
    Zwei Tage vor dem vollen Mond erreichte Sigfrids Flotte eine kleine Bucht. Dort gingen sie gerade vor Anker, als ein berittener Bote mit einem weißen Schild am Ufer erschien. »He!« rief er. »Ist Sigfrid, der Sohn Sigmunds, an Bord?« Sigfrid ging zur Bordwand. »Ich bin Sigfrid«, rief er zurück. »Was willst du?«
    »König Lingwe, der Sohn Hundings, schickt mich!« antwortete der Bote. Seine Stimme klang heiser, als er versuchte, seine Botschaft laut genug über das Wasser zu rufen. »Er sagt, er wird sich mit dir auf der großen Ebene im Norden seiner Feste treffen, wenn du tapfer genug bist, dich ihm in offener Schlacht zu stellen. Wenn nicht, wird er dich mit deinen Trollen von den Hunden zu Tode hetzen lassen.«
    »Wir stellen uns Lingwe am Morgen nach dem Vollmond!« erwiderte Sigfrid. »Sag ihm, das Wergeld für Sigmund und Awilimo ist immer noch nicht bezahlt. Sigfrid, der Wälsung, ist gekommen, um es zu fordern.«
    Der Bote nickte, setzte sein Pferd in Trab und ritt in einem weiten Bogen davon. Als Sigfrid sich umdrehte, stand Hildkar hinter ihm. Der junge Krieger wich respektvoll einen Schritt zurück. »Jetzt gibt es einen richtigen Kampf«, sagte Sigfrid lachend. »Freust du dich darauf?« »Du meinst, dann dürfen außer dir auch noch andere kämpfen?« erwiderte Hildkar spöttisch und fragte dann besorgt: »Haben wir eigentlich noch genug Männer für eine richtige Schlacht?«
    »Ohne mich sind es vierundachtzig«, erwiderte Sigfrid, »warum sollte das nicht genügen?«
    »Bei der Abfahrt waren wir hundert, und das war schon keine große Streitmacht. Vergiß nicht, Lingwe ist hier zu Hause.«
    »Sein Land ist verwüstet, und die Götter waren bis jetzt auf unserer Seite.« Als er Hildkars ernstes Gesicht sah, schlug er ihm auf die Schulter und rief: »Freu dich, Hildkar. In ungefähr einem Mond sitzt du wieder zu Hause, trinkst dein Bier und suchst dir eine Frau, wenn wir hier kein Mädchen für dich finden.« »Nehmen wir Gefangene mit zurück?«
    »Warum nicht? Ich wollte auf unseren Plünderungen keine mitschleppen. Aber nach dem großen Kampf ist das etwas anderes.« Sigfrid legte die Hand um den glatten Kristall von Gram. »Auf jeden Fall werden wir siegen. Mach dir also keine Sorgen.«

    *

    Sigfrid dachte an Lingwes Verschlagenheit und befahl deshalb seinen Kriegern, die Nacht vor der Schlacht auf den Schiffen zu verbringen. Die Flotte ging in der Nähe von Lingwes Halle in Sichtweite vom Ufer vor Anker. Gegen Mitternacht kam Wind auf. Dunkle Wolken zogen abwechselnd dichte und dünne Vorhänge vor den Mond. Die Schiffe begannen, auf den höher steigenden Wellen zu schaukeln. Sigfrid konnte nicht schlafen. Er ging unruhig auf seinem Flaggschiff auf und ab. Perchtwin murmelte im Schlaf, zog sich den Mantel über den Kopf und bewegte sich unruhig auf der schmalen Bank hin und her. Hildkar lag unbeweglich wie ein Stock auf dem Rücken, er atmete langsam und gleichmäßig. In der linken Hand hielt er noch im Schlaf die Stange von Sigfrids Banner.
    Plötzlich hörte Sigfrid ein Geräusch. Er glaubte, es sei das Knarren des Masts, aber dann bewegte sich etwas zwischen den halbleeren Fässern. Dort hatte sich Regin aufgerichtet und burchbohrte ihn mit seinen Augen.
    »Glaubst du wirklich, du kannst den Zeichen die Bedeutung geben, die du dir wünschst?« fragte er Sigfrid leise. »Glaubst du wirklich, du kannst morgen gewinnen?«
    »Natürlich«, antwortete Sigfrid und fügte gereizt hinzu: »Bei allen Göttern, Regin, glauben nicht alle anderen das auch? Du solltest besser wissen als jeder von ihnen, daß...«
    »Du magst ja ein Held sein. Aber hast du schon einmal darüber nachgedacht, was geschieht, wenn dich ein Pfeil trifft, den du nicht rechtzeitig siehst? Ich frage dich: Was willst du tun, wenn sich irgendein dreckiger Knecht von hinten an dich heranschleicht und dir ein Messer zwischen die Rippen stößt?« Er lachte höhnisch. »Dann wirst du sterben!« Als Sigfrid eine wegwerfende Geste machte, zischte er böse:

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