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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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geblieben.«
    »Du bist mutig...« Der Fährmann hustete, »aber du irrst. Dein Schwert ist wieder zusammengeschmiedet, aber deine Seele ist noch gespalten. Glaube mir, dem Fuchs oder dem alten Fährmann, solange du die Angst nicht kennengelernt und überwunden hast,
    bist du weder als Mensch noch als Seele vollkommen.«
    »Was redest du da?«
    »Hast du schon einmal geliebt? Oder mußt du nur lächeln, wenn du etwas haben möchtest? Sieh dir den Zwerg an, der dich mit so viel Mühe wie einen Sohn erzogen hat. Was hast du je für ihn getan? Kannst du dir vorstellen, daß er dich in seinem Herzen haßt und dein Leben für das Gold opfern will?«
    Sigfrid schwieg verwirrt, aber sein unheimlicher Gefährte sprach weiter. »Ich habe dir schon einmal gesagt, daß der Wahnsinn des Goldes unauslöschlich in ihm brennt, denn er hat dem Gold seine Seele verschrieben. Also hüte dich vor ihm, denn er ist nur das Werkzeug der Zwerge, die mit dem Gold die Macht am Rhein zurückgewinnen wollen.«
    »Du willst mir also sagen, daß dieses Abenteuer reiner Wahnsinn und mein Untergang sei?«
    Der Fährmann lachte. »Wenn du dem Verstand dein Tun untergeordnet hättest, wäre nichts von dem geschehen, was du vollbracht hast. Alle Wälsungen haben sich über den Verstand hinweggesetzt. Aber vergiß nicht, der Fluch von Otturs Wergeld fließt durch deiner Mutter Seite auch in deinen Adern. Du spürst doch den Ruf des Goldes? Es brennt wie Feuer in deinen Adern. Du siehst in deinen Träumen die Flammen, du möchtest mit deinen Fingern im Gold wühlen, dich auf den Schatz legen und mit ihm über die Welt herrschen...« Sigfrid sah wieder deutlich den feurigen Schein über dem Kopf des Fährmanns. Seine Augen sprühten und funkelten gefährlich, aber Sigfrid erwiderte unbewegt den Blick.
    »Wer bist du?« fragte Sigfrid, »wie soll ich dir vertrauen, wenn es der Sinwist nicht getan hat, und auch Regin dich haßt?«
    »Du irrst. Der Sinwist hat mir vertraut und dich mit Gudrun verlobt.« Er lachte zufrieden. »Ich bin ein alter Freund deiner Familie, und ich möchte nicht, daß das Gold in die Hände der Zwerge fällt«, erwiderte der Fährmann. »Wenn man weit genug zurückgeht, dann sind wir eigentlich sogar miteinander verwandt.«
    Blitze schossen aus seinen bernsteinfarbenen Augen, als er Sigfrid spöttisch ansah. »Was auch immer geschehen mag, du willst doch bestimmt nicht den Schatz mit dem Zwerg teilen? Und nun weißt du, weshalb ich auf deiner Seite und auf der Seite der Gebikungen stehe.«
    Er wandte sich ab und steuerte das Floß geschickt um eine Klippe. Etwas Dunkles schien von der Stange ins Wasser zu gleiten und war im nächsten Augenblick verschwunden.
    »Du scheinst viel zu wissen, Fährmann, und du hast schon viel gesehen«, erwiderte Sigfrid und wollte das Thema wechseln, »sag mir doch, ist es wahr, was man über Hagens Vater erzählt?«
    »Ich habe viel gesehen«, erwiderte der Fuchs leise, »warum fragst du?«
    »Ich bin neugierig. Ich habe Hagen einmal überrascht, als er nachts am Rhein saß und ins Wasser starrte. Er wollte mir nicht sagen, was er gesehen hat.«
    Der Fährmann lachte leise. »Hagen ist sehr klug. Aber du solltest jetzt schlafen, Sigfrid. Du brauchst den Schlaf... denn morgen hast du einen schweren Tag vor dir.«
    »Ich glaube, das ist der erste Rat von dir, dem ich trauen kann. Aber ich werde ihm nur dann folgen, wenn du meine Frage beantwortest.« »Warum willst du das wissen?«
    »Ich habe Hagen Blutsbrüderschaft geschworen, und ich möchte wissen, ob ich damit Gift in meine Adern gemischt habe«, antwortete Sigfrid.
    Der Fährmann hob den Kopf und lachte. »Blutsbrüderschaft ist schon bei größerer Unkenntnis auf beiden Seiten geschworen worden.« Er schwieg und sagte dann sehr ernst: »Soviel kann ich dir sagen: Wenn deine Blutsbrüder Hagen und Gunter an deiner Seite stehen, bist du besser geschützt als jeder andere auf dieser Welt. Ich schwöre dir, das ist die Wahrheit.«
    »Danke.« Sigfrid stand auf und ging zu Grani zurück. Kurz vor dem Einschlafen wurde ihm bewußt, daß der Fährmann seine Frage nicht wirklich beantwortet hatte.

    *

    Die Sonne stand bereits am Himmel, als Sigfrid erwachte. »Mach die Tür zu, Hildkar«, murmelte er müde, gähnte, zog den Mantel über das Gesicht und wollte weiterschlafen.
    Regins tiefe rauhe Stimme klang in seinen Ohren wie eine Feile. Er verstand die Worte nicht, aber die Stimme erinnerte ihn daran, wo er lag. Plötzlich war er hellwach, sprang

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