Rheingold
mit einem Satz auf und sah vor sich, noch in der Ferne, die sieben hohen Hügel auf der östlichen Rheinseite.
Regin nickte. »Wir sind da«, sagte er, und ein seltsamer Unterton lag in seiner Stimme wie eine schnelle, gefährliche Strömung unter dem sanft gewellten Wasser eines Flusses. »Siehst du dort... die schwarz verbrannte Spur zwischen den Bäumen... du weißt ja, auf diesem Weg kommt Fafnir hinunter zum Wasser.«
Sigfrid legte die Hand um den Schwertgriff und hob den Kopf. Wie vor einer Schlacht begann sein Blut schneller zu pulsieren. Sein Herz klopfte, und er spürte ein funkelndes Vibrieren, das um so stärker wurde, je näher sie dem Drachenfels kamen. Im hellen Sonnenlicht sah er deutlich den schwarz gebrannten Weg. Hoch oben verschwand die Spur dicht unter dem Gipfel wie ein Flußbett ohne Wasser in der dunklen Höhle.
Der Fährmann steuerte das Floß ans Ufer. »Womit wollt ihr mich bezahlen?« fragte er spöttisch.
Sigfrid hörte den Zwerg mit den Zähnen knirschen. Als er sich umdrehte, sah er Regin mit halb gezogenem Schwert auf dem Floß stehen. Er schien zwischen Angriff und Flucht zu schwanken. Sigfrid ging schnell zu dem Fährmann, streifte einen gewundenen Goldreif vom Arm und wollte ein Stück von dem Gold abbrechen. Aber das Gold war härter, als er geglaubt hatte, einen Augenblick schien seine Kraft nachzulassen. Schließlich brach das Gold, und er legte es dem Mann in die Hand.
»Du bist großzügig für jemanden aus Hraidmars Sippe«, sagte der Fährmann, »ich habe gehört, daß er und seine Söhne in ihrer Gier nicht einmal auf einen kleinen Ring verzichten wollten. Habe ich recht, Regin?«
Sigfrid legte dem Fährmann die Hand auf die knochige Schulter. Selbst durch das dicke Gewand hindurch glühte die Haut, als habe er einen Kessel mit kochendem Wasser angefaßt. Sigfrid zog die Hand verblüfft zurück und sagte: »Ich dulde nicht, daß du meine Sippe beleidigst!«
Der Fährmann wendete sich ab. »Geh«, murmelte er, »du hast dein Wort gehalten und mich angemessen bezahlt. Ich werde dich auch weiterhin unterstützen. Ruf mich. Ich sehe dein Notfeuer, wenn du meine Hilfe brauchst.« Sigfrid führte Grani an Land, wo Regin bereits wartete. Der Zwerg starrte dem Floß nach, bis es hinter der nächsten Flußbiegung verschwand.
»Hast du mir nicht alles von deiner Geschichte erzählt?« fragte Sigfrid, »bist du ihm schon einmal begegnet?«
»Natürlich nicht«, leugnete der Zwerg. »Warum dann die Aufregung? Du zitterst ja immer noch.«
»Er hat mich an Dinge erinnert, die besser vergessen wären«, murmelte Regin und blickte auf den Boden. Dann fragte er mißtrauisch: »Was hat er dir gesagt?«
»Nicht viel.«
Sie liefen schweigend, aber unter großer Spannung am Ufer entlang, bis sie die schwarze Spur erreichten. Sie war so breit wie zwei große Männer. Der morgendliche Tau verdampfte auf der verkohlten Erde. Sigfrid sagte nachdenklich zu Regin: »Du hast gesagt, der Drache sei nicht größer als jeder andere Lindwurm. Aber diese Spur sieht nach einem riesigen Drachen aus.«
Regin kaute auf seinem Bart. Sigfrid hörte in der morgendlichen Stille das Zwitschern von Vögeln in den hellgrünen Bäumen. »Du mußt eine Grube ausheben und dich hineinsetzen«, sagte der Zwerg. »Wenn der Drache zum Wasser kriecht, stoß ihm das Schwert ins Herz. Damit bringst du ihm den Tod. Für diese Tat wirst du von allen Menschen gerühmt und bewundert werden.«
»Was geschieht, wenn das Drachenblut auf mich tropft?« fragte Sigfrid.
»Was nutzt dir der beste Rat, wenn du Angst hast. Du bist eben feige und kein echter Wälsunge.«
Bei seinen Worten blickte Regin immer wieder verstohlen zur dunklen Höhle hinauf. Schweißperlen standen in den schwarzen Poren seiner Stirn.
»Wann kommt er zum Fluß hinunter?« fragte Sigfrid, ohne auf die Beleidigung einzugehen, denn er wollte jetzt keinen Streit mit Regin, sondern seinen Rat.
»Nicht tagsüber - der Tag gehört den Lebenden. Warte, bis die Sonne untergeht! Warte auf die Stunde zwischen Tag und Nacht. Dann fürchten die Menschen den Drachenfels am meisten.«
»Aha«, sagte Sigfrid, »aber meinetwegen kannst du jetzt schon gehen, Regin. Da du nicht an meiner Seite kämpfen willst, kannst du mir nicht mehr viel helfen. Wenn der Drache so groß ist wie die Spur hier, dann wirst du aus sicherer Entfernung bestimmt genug von dem Kampf sehen.«
Regin trat zitternd zu Sigfrid und umfaßte seinen rechten Arm mit beiden Händen. »Ich wünsche
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