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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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als Sigfrid schon glaubte, er würde seine Frage nicht beantworten, sagte er: »Weißt du, ich meine, nur wenn Krimhild niemanden zu unserer Begrüßung schickt, dann kommen wir unangefochten durch dieses Land - zumindest auf dem Hinweg. Zurück ist es vielleicht nicht so einfach...«
    »Du machst dir zu viele Sorgen, Regin.« Sigfrid kannte inzwischen die Ängste seines Ziehvaters und versuchte, ihn zu beruhigen. »Vergiß nicht, die Burgunder haben uns Freundschaft geschworen.«
    »Schwüre können gebrochen werden«, murmelte Regin düster. »Du und Gunter, ihr habt euch gegenseitig viel versprochen, aber noch keinen der Schwüre in die Tat umgesetzt.«
    »Dann lassen wir uns überraschen. Es ist ja nicht mehr weit bis zur Grenzmarsch.«

    *

    Sigfrid und Regin ritten ohne Zwischenfall über die burgundische Grenze. Nur eine Schwalbe flog leise zwitschernd an ihnen vorbei. Regin hob ruckartig den Kopf und starrte wütend hinter ihr her.
    »Es ist nur ein Vogel, Regin«, sagte Sigfrid, als die Schwalbe zurückkam und sie umkreiste. »Oder wird sie uns mit ihrem Schnabel zu Tode hacken? He!« rief er dem Vogel zu, »verschwinde, du machst dem Zwerg hier Angst!«
    »Spotte du nur! Später wirst du noch einmal an mich denken«, murmelte Regin.
    »Wird sie Krimhild Nachricht von uns bringen oder ist sie es vielleicht selbst, die so munter durch die Lüfte fliegt?« fragte Sigfrid spöttisch und stellte sich vor, wie sich die hagere Burgunderkönigin ein Federkleid überstreifte, wie die Finger mit den spitzen Nägeln zu Krallen wurden und die lange Nase zu dem Schnabel einer Schwalbe. Es war nicht schwer, Krimhild so etwas zuzutrauen. Er ließ den kleinen Vogel nicht aus den Augen. »Krimhild!« rief er, »bist du es?«
    »Hör damit auf, Sigfrid!«
    Regins Stimme klang wie Donnergrollen. »Hüte dich, ihren Namen auszusprechen.«
    »Du glaubst, sie ist es, nicht wahr?«
    Sigfrid blickte neidisch auf die Schwalbe und dachte: Es muß schön sein zu fliegen. Vielleicht kann ich es von ihr lernen ... »Krimhild!« rief er noch einmal. Aber noch ehe er weitersprechen konnte, war die Schwalbe zum Fluß hinuntergeflogen und nicht mehr zu sehen.
    »Das kann ich dir sagen«, schimpfte Regin, »wenn du jemals hierher zurückkommen solltest, und wenn du ihr in die Falle gehst, dann ist es schlecht um dich bestellt. Sie hat viele Künste, mit denen sie dich fangen kann.« Seine Worte klangen so bitter wie Wermut in süßem Wein.
    »Aber jetzt bin ich noch frei und kann selbst auf mich aufpassen«, sagte Sigfrid lachend.
    Regin hustete und spuckte dann angewidert den Speichel aus. »Wir werden ja sehen.«

    *

    Diesmal ritten sie an den Gasthäusern vorbei. Sie machten Rast, wenn Regin nicht mehr auf dem Pferderücken sitzen konnte, und aßen weißen Käse und hartes Brot, das Sigfrid als Proviant mitgenommen hatte. Der Zwerg verhielt sich seltsam, brach oft mitten im Satz ab, starrte in den Fluß und murmelte unhörbare Worte vor sich hin. Sigfrid ließ ihn gewähren und quälte ihn nicht mit Fragen, denn er zweifelte nicht mehr daran, daß er in Regin einen zuverlässigen und klugen Ratgeber hatte, auf den er sich verlassen konnte. Es wurde bereits dunkel, als sie die ersten römischen Häuser von Worms sahen. »Und was nun?« fragte Regin, verdrehte den Kopf und blickte vorwurfsvoll zu seinem Ziehsohn auf.
    Sigfrid hielt Grani an. In den langen Schatten auf dem Fluß bewegte sich etwas. Er kniff die Augen zusammen und sah eine dunkle Gestalt auf dem Wasser, die ein seltsames Leuchten umgab. Lautlos wie ein Wassergeist glitt das Wesen über die Wellen. Aber dann sah Sigfrid einen langen Stab, den ein Fährmann rhythmisch ins Wasser tauchte.
    »Ich denke, wir werden schneller am Ziel sein, als du glaubst. Siehst du das Floß dort?« Er deutete auf den Fluß. »Wenn es groß genug ist für Grani und uns, dann hat Krimhild das Nachsehen.« Er lachte leise.
    Das Floß kam näher, denn der Fährmann steuerte mit kräftigen, schnellen Schlägen auf sie zu. Sigfrid sah, daß der Mann sehr alt war. Sein hagerer Körper bewegte sich unruhig wie eine Flamme, die der eigene Rauch verhüllt. Die langen grauen Haare fielen ihm über beide Augen, und die im Wind wehenden, seltsam knisternden Strähnen gingen in den weißgrauen Bart über.
    »Wollt ihr flußabwärts?« rief der Mann mit einer wie Feuer zischenden Stimme, »und könnt ihr einen Fährmann bezahlen?«
    Regin zuckte beim Klang dieser unheimlichen Stimme zusammen und wäre beinahe

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