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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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muß.«
    »Also gut, ich bin überstimmt.«
    Gunter seufzte und rief dann: »Schluß damit, Goti!«, als sein Hengst nach Granis Mähne schnappte. Er riß dem Pferd den Kopf zur Seite, ritt einen Kreis und blieb dann neben Hagen. »Ich glaube, wir reiten besser mit dem Wallach in der Mitte, wenn wir unterwegs keine Pferdekämpfe haben wollen.«

    *

    Der Nebel riß nicht auf. Gegen Mittag begann es zu nieseln, und am späten Nachmittag wurde der Regen immer dichter. Die Umhänge waren durchnäßt, und das Wasser tropfte ihnen von den Haaren. »Scheißwetter!« schimpfte Gunter. »Wie dumm, daß der alte Sinwist nicht mehr da ist. Hagen, du weißt sicher auch noch, daß man sagte, er könne das Wetter beeinflussen.«
    »Man hat viel über den Sinwist erzählt. Du hast ihn doch auch kennengelernt, Sigfrid. Wie fandest du ihn?«
    »Seltsam, aber ich mochte ihn. Wer ist jetzt euer Sinwist?«
    Gunter und Hagen sahen sich kurz an, dann antwortete Gunter: »Ich habe keinen neuen gewählt.«
    Gunters linker Mundwinkel zuckte heftig wie mit einem eigenen Willen. »Die Zeiten ändern sich. Das Volk braucht andere Dinge... für die alten Gewohnheiten bleibt immer weniger Raum. Was würden Rom und unsere anderen Nachbarn von uns denken, wenn sie wüßten, daß wir einen Sinwist haben, der seines Amtes nicht enthoben werden kann, aber einen König, der absetzbar ist? Als wir noch als Stamm um das Überleben kämpfen mußten, war alles anders. Jetzt vollziehen Krimhild und ich die meisten Rituale. Die Götter haben uns bis jetzt Sieg und Frieden geschenkt.« Er lachte etwas verlegen bei der unbeabsichtigten Anspielung auf Sigfrids Namen.
    »Der alte Sinwist hat keinen Nachfolger ausgebildet und keinen dazu bestimmt«, fügte Hagen hinzu, »früher hat der Sinwist immer einen Sohn angenommen und ihn auf die Aufgabe vorbereitet, die dieser übernahm, wenn er starb. Es hieß, die Geister unseres Volkes zeigten dem Sinwist den Auserwählten. So war es, bis wir auf unseren Wanderungen an die Ufer des Rheins gekommen sind.« Sigfrid schloß die Augen und dachte nach. Kannte er Runen, um das Wetter zu beeinflussen? Unbestimmt glaubte er sich daran zu erinnern, daß Regin das Wetter beeinflussen konnte..., aber wenn Regin Runen in Stahl oder Stein ritzte, dann hatte er andere Gründe. Nein, er hatte Sigfrid diese Kunst nicht beigebracht.
    Sigfrid schüttelte die langen Haare, die ihm in nassen Strähnen herunterhingen. Lachend ließ er Grani galoppieren. Kalter Schlamm spritzte von seinen Hufen auf wie ein kleines Unwetter. Gunters Hengst scheute.
    »Beeilen wir uns!« rief Sigfrid über die Schulter zurück. »Wenn wir das Wetter nicht ändern können, wozu dann Trübsal blasen? Wie wär's mit einem Rennen?«
    Goti setzte Grani bereits nach. Gunter beugte sich im Sattel vor und kniff die Augen zusammen, als die Regentropfen ihm ins Gesicht peitschten.
    Nur Hagen schüttelte den Kopf. »Ihr überanstrengt die Pferde!« rief er.
    »Bis zu dem Gasthof kann es nicht mehr weit sein«, rief Gunter zurück, »los, sei kein Spielverderber!«
    Der Burgunderkönig gab die Zügel frei und ließ Goti laufen, der schnaubend Granis schlammigen Hufspuren folgte. Als Sigfrid sich wieder umdrehte, war Gunter eine verschwommene Gestalt, ein grauer Reiter im Regen.
    Sigfrid ließ Grani weiter galoppieren, denn er freute sich, wieder allein zu sein und mit seinem schnellen Pferd über das weite Land zu jagen. Die nasse Sommererde und die ersten Blätter schienen vor Kraft zu bersten. Alles wuchs und grünte im Freudentaumel des überwundenen Winters. Sigfrid überließ sich glücklich und ganz im Einklang mit der Natur dem Hengst.
    Obwohl Gunter und Hagen bald nicht mehr zu sehen waren, galoppierte Sigfrid weiter, bis er in der Dämmerung den schwarzen Wolfskopf mit der roten Zunge über dem Eingang von Gutrids Gasthaus sah.
    Gutrid hielt den Gasthof in gutem Zustand. Der Junge erschien sofort und wollte Sigfrid die Zügel abnehmen, um sein Pferd zu versorgen. Er war ordentlich und warm
    gekleidet und sah gut genährt aus. Sigfrid nahm ihm aber die Zügel wieder aus der sommersprossigen Hand und sagte: »Schon gut, Junge, er läßt sich nur von mir versorgen.«
    »J.. .ja, Fro Sigfrid«, stotterte der Junge und starrte den riesigen Hengst an. »Was soll ich tun?«
    »Sag Gutrid, wir brauchen drei Kammern für König Gunter, seinen Bruder Hagen und für mich«, erwiderte Sigfrid, »heißer Wein und ein warmes Feuer wären auch nicht schlecht. Wenn Gunter und

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