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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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einen Reiter in vollem Galopp eine tödliche Falle ...«
    »Dann hättet ihr mich eben sterben lassen! Wie soll ich nach dieser Schande weiterleben? Du hast selbst gesagt, es bleibt mir keine Wahl... Also, gib mir dein Pferd, Hagen«, sagte er plötzlich. Aber Hagen schüttelte den Kopf. »Du weißt, ich bin kein guter Reiter, und Holker ist für mich gerade gut genug. Selbst wenn er den Sprung wagen würde, er kann nicht hoch und weit genug springen, damit du lebend auf der anderen Seite ankommst. Nein, das geht auch nicht.« Er schwieg und sah Sigfrid nachdenklich an. Dann sagte er: »Aber einem von uns können diese Flammen nichts anhaben und er wird Brünhilds Zauber lebend überstehen.«
    Gunters Verzweiflung legte sich etwas, als er an die glühende Kohle dachte, die Sigfrid in Worms in der Hand gehalten hatte ... ja, Sigfrid hatte den feuerspeienden Drachen bezwungen... Erwartungsvoll sah er Sigfrid an, aber dann schlug er sich stöhnend auf die Stirn. »Du kannst es schaffen, Sigfrid..., aber dann bist du Brünhilds Erwählter, und nicht ich«, seufzte er, »was soll daraus werden? Ich bin entehrt, und Gudrun wird von dir verstoßen, nur weil du mit dem Sprung durch die Flammen Theoderids Tochter gewonnen hast...«
    »Das geht nicht«, erklärte Sigfrid, ohne nachzudenken. Er warf einen Blick auf die Feuerwand, die immer heller und heftiger zu brennen schien, je dunkler der Himmel wurde, während im Osten der blasse Mond über der weiten Ebene aufging. Plötzlich verstand er, warum ihm Krimhild so bereitwillig noch vor dem Ritt nach Toulouse erklärt hatte, wie er die Tarnkappe benutzen konnte... Er zog den goldenen Helm aus dem Gürtelbeutel. Im Licht der Flammen glühten die feinen Kettenglieder auf, als würden sie brennen.
    »Ich reite in deiner Gestalt auf Grani durch Brünhilds Feuer, Gunter! Zauber soll den Zauber überwinden. Mit dieser Kappe tauschen wir unsere Gestalt, bis ich dich mit Brünhild verlobt und sie aus der Burg geholt habe.«
    Gunter starrte mit großen Augen auf die Tarnkappe in Sigfrids Hand. »Du meinst, ich muß meine Braut durch eine List gewinnen und den Ruhm, ein Held zu sein, oder mir bleibt nur die Schande des Versagers?«
    »Dies ist keine faire Herausforderung für dich«, erwiderte Sigfrid, »das Feuer ist Hexenwerk, wie Agrippus gesagt hat. Bin ich nicht dein Blutsbruder? Was einem von uns widerfährt, das widerfährt uns allen...«
    »Es geht nicht nur um deinen Stolz, Gunter«, sagte Hagen, »du mußt auch an dein Volk denken und an deine Pflichten als König. Soll alles zerstört werden, was du aufgebaut hast, nur weil du deinen Stolz nicht überwinden kannst? Ich rate dir zu Sigfrids Plan. Außer uns wird niemand etwas erfahren, und in meinen Augen ist diese Lösung keine Schande.«
    Gunter drehte sich wortlos um und ging den Weg zurück zu den Pferden. Sigfrid glaubte, er werde wieder aufsitzen, aber der Burgunderkönig öffnete seine Satteltasche und suchte darin etwas. Als er zurückkam, hielt er etwas Schimmerndes in der Hand. »Hier ist der Ring, den ich für Brünhild mitgebracht habe. Nimm meine Gestalt an und gebe ihn Brünhild in meinem Namen.« Sigfrid nahm den Ring von Gunter. Er hatte einen runden Stein, der so dunkelgrün wie das Wasser in einem Fluß war. Sigfrid schob ihn über den kleinen Finger seiner linken Hand und setzte die Tarnkappe auf.
    »Jetzt schau in meine Augen«, befahl er Gunter, und auch er richtete seinen Blick aufs Gunters Augen.
    Breite Backenknochen und ein eckiges Kinn... ein kurzgeschnittener dunkler Bart... dichte lockige kastanienbraune Haare ... eine tiefe breite Stirn mit den ersten Falten eines jungen Königs, der lernen mußte zu regieren ... etwas zusammengekniffene Augen, als versuche er, weit in die Ferne zu blicken... ein gedrungener Körper und kräftige Muskeln über schweren Knochen, die so hart waren wie die Äste von Eichen... stämmige, gut verwurzelte Beine... die Schultern etwas vorgebeugt, als laste etwas schwer auf ihm, das sich nicht abwerfen ließ ... Vor Sigfrid schienen Gunters Züge immer mehr zu verschwimmen, die dunklen Augen wurden langsam, langsam heller und blau. Schließlich leuchteten sie so klar, daß es schmerzte, sie anzusehen und das leichte selbstsichere Lächeln des anderen zu ertragen. Er blickte auf Sigfrids breite, muskulöse Brust und sah mit Erstaunen die hellen Haare, die Sigfrid wie ein Wasserfall über die Schultern fielen. Er glaubte einen Augenblick lang, das alles sei ein Alptraum, aus

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