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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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lauschte. »Ich kenne dieses Pferd«, flüsterte sie.
    »Ich muß den Hengst versorgen«, erklärte Sigfrid, »hast du einen Stall für ihn? Das Pferd gehört mir nicht. Mein Hengst hatte Angst, und so mußte ich mir das Pferd von einem der Krieger geben lassen, die mich begleiten.« Als sie die Halle verließen, lief Grani zu seinem Herrn. Er drückte wie immer seinen Kopf an Sigfrids Schulter, aber zu Sigfrids größtem Erstaunen legte er auch Brünhild die weichen Nüstern in die Hände. Zum ersten Mal sah Sigfrid sie lächeln.
    »Grani...«, flüsterte sie und strich ihm über den Kopf, »ja, so heißt du. Natürlich konntest nur du...« Sie schwieg verlegen, weil Sigfrid sie mit großen Augen ansah. »Hier um die Halle«, sagte sie und nahm Granis Zügel. Der graue Hengst folgte ihr gehorsam, und Sigfrid konnte den beiden nur verwirrt hinterhergehen. Die Flammen beleuchteten den Platz, obwohl die Sonne bereits untergegangen war.
    »Die Römer haben die Burg vor vielen Jahren gebaut«, erklärte Brünhild, als sie Grani in den Stall führte. »Elf Männer konnten hier mit ihren Pferden sein. Sie hatten Verpflegung für einen Monat, und in einem Brunnen gibt es Wasser.«
    Ein Schimmel und drei Rappen blickten neugierig über die Gatter ihrer Verschläge, als Grani vorüberging. Er wieherte leise und ließ sich von Brünhild zu seinem Platz bringen, wo frisch aufgeschüttetes Stroh lag.
    »Können wir ihn hier lassen?« fragte Sigfrid. »Ich denke schon. Meine Stute ist noch nicht rossig. Er wird also nicht ausbrechen.«
    Sie verließen den Stall. Brünhild ging zur Rückseite der Halle und öffnete eine der kleinen Türen. Sie betraten eine große Kammer. Fackeln brannten an den Wänden. Der würzige Geruch von Pinien lag in der Luft. Auf dem breiten Lager lag eine Fuchsfelldecke über weißem Leinen. Die Matratze war weich und duftete nach frischen Kräutern. Die Mägde hatten mitten auf das Bett einen Laib Brot und eine rosa Rose gelegt.
    Brünhild blieb schweigend vor dem Bett stehen. Sigfrid ergriff ihre Hand. Sie war so kalt und leblos wie Stein, aber sie wehrte sich nicht.
    »Ich nehme mir das, und du sollst von nun an Gunters Hochzeitsring tragen«, sagte er und zog an dem goldenen Drachenring an ihrem Finger.
    Brünhild riß sich heftig von ihm los. »Wie kannst du es wagen, meinen Ring zu nehmen?« rief sie empört. »Den Ring wirst du nicht bekommen, wer du auch sein magst und was du auch vollbracht haben magst! Er gehört mir... nur diesem Zeichen kann ich trauen. Wenn du der Richtige wärst...« Die Wut verflog so schnell, wie sie gekommen war. Sie lehnte sich an die Wand und schluchzte leise. »Ich werde deinen Ring auch tragen, wenn ich muß. Aber diesen Ring mußt du mir lassen. Ich habe ihn im Traum bekommen, und er ist mir wertvoller als alles auf der Welt.« Sie sah Sigfrid flehend an. »Ich muß dem, der ihn mir gab, die Treue halten, so gut ich es vermag.« Sigfrid empfand Mitgefühl mit ihr. Brünhild hatte eine verborgene Saite in ihm angerührt, und zärtliche Wehmut erfüllte ihn. Er wollte sie in die Arme nehmen und trösten, sie aus der erstickenden Enttäuschung befreien, um ihr Fröhlichkeit und Glück zu schenken. Bei diesem Gedanken wurde ihm warm ums Herz, und er war wie von einem großen Druck befreit. Aber mit einem Blick auf das Bett wurde er rot und verlegen. Schuldbewußt rief er sich ins Gedächtnis, daß Brünhild Gunters Braut war. Auf ihn wartete Gudrun, der er einen Eid geschworen hatte. Ehe Sigfrid schwach werden konnte, zog er Brünhild den Drachenring vom Finger und streifte ihr den schweren goldenen Smaragdring des Burgunders über. Andvaris Ring schien sich in seiner Hand zu bewegen. Der Drachenschweif legte sich wie von selbst um seinen Finger und saß im nächsten Augenblick wie angegossen an seinem Platz. Brünhild bewegte sich nicht, als Sigfrid ihr den Helm abnahm. Sie hob sogar die Arme, so daß er ihr das Kettenhemd über den Kopf streifen konnte.
    Als Sigfrid sie auf die Arme nahm, war sie so leicht wie Schwanendaunen im Wind. Er setzte sie behutsam auf die eine Seite des Lagers, dann löschte er alle Fackeln in der Kammer. In der Dunkelheit zog er Gram aus der Scheide und ging zum Bett. Er griff mit der rechten Hand nach Brünhilds nackter Schulter. So wird es sein, wenn Gudrun neben mir im Bett liegt, dachte Sigfrid, und bei diesem Gedanken erfaßte ihn heißes Verlangen. Er zog schnell die Hand zurück und flüsterte: »Ich bleibe hier auf dieser Seite«. Er

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