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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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warum?«
    »Vielleicht kann Gudrun es dir beibringen, wenn wir zurück sind. Wir haben sogar zwei römische Bücher in unserer Halle. Die Römer sagen, das sei Dichtung... wirklich schwer zu verstehen, aber das haben die größten römischen Dichter geschrieben. Diese Bücher
    sind eine wirklich kunstvolle Arbeit aus dem Süden. Möchtest du lesen lernen?«
    »Ja, natürlich. Müßte ich dann auch Latein lernen?«
    »Alles wird bei ihnen lateinisch oder griechisch geschrieben. Griechisch soll aber noch schwieriger sein, und Griechisch braucht man heutzutage nicht mehr.«
    »Zaubern die Römer mit ihren Runen?«
    »Wie sollten sie? Sie benutzen die Schrift für alles, und viel zu viele können schreiben.« »Damit verlieren sie aber die Gunst der Götter«, sagte Sigfrid kopfschüttelnd.
    »Brünhild müßte eigentlich gut Latein können. Die Goten sind durch das römische Reich gezogen.«
    »Ich hoffe, sie ist die ganze Mühe wert«, meinte Sigfrid nachdenklich.
    »Das hoffe ich auch«, murmelte Gunter, und zu Hagen gewandt fügte er hinzu: »Ich finde, wenn Krimhild so klug wäre, wie alle glauben, dann hätte sie mich gewarnt und uns diesen Ritt erspart.«
    »Krimhild glaubt bestimmt aus guten Gründen, daß du Brünhild heiraten solltest. Ich habe gehört, daß es keine edlere Jungfrau als sie gibt.«

    *

    Zuerst hatte es den Anschein, als sei der Berggipfel in das glühende Rot der untergehenden Sonne getaucht, während die Berge in der Umgebung mit der einsetzenden Dämmerung dunkel wurden. Aber beim Näherkommen sahen Sigfrid, Gunter und Hagen die hohen Flammen. Sie schlugen aus einem hellen Schildwall und langen Speeren. Hinter dem Feuerring stand eine trutzige Burg. Das Dach funkelte hell wie von zahllosen blitzenden Waffen. Sigfrid hörte, wie Gunter Luft holte. Dann drückte der Burgunderkönig sich fest in den Sattel, preßte Goti die Schenkel in die Seiten und trieb den Hengst zum Galopp. Gunters Gestalt jagte vor den roten Flammen wie ein schwarzer Schatten in feuriger Glut. Aber plötzlich scheute der Hengst so heftig, daß sein Reiter beinahe aus dem Sattel fiel. Gunter richtete sich mühsam wieder auf und kämpfte mit den Zügeln, während Goti in einem weiten Halbkreis vor den Flammen auswich.
    »Warum bist du nicht gesprungen, Gunter?« rief Sigfrid. »Du warst beinahe schon hindurch!«
    »Das Pferd...«, keuchte Gunter, als er Goti schließlich wieder unter Kontrolle hatte, »er springt nicht in das Feuer. Ich wollte... Sigfrid, kannst du mir Grani geben? Dein Hengst hat keine Angst. Ich weiß, es gibt kein besseres Pferd.«
    »Gern«, erwiderte Sigfrid, sprang ab und nahm Gotis Zügel. »Du hast keine Angst vor Feuer, nicht wahr, Grani? Trage Gunter sicher hinüber.«
    Gunter sprang auf Granis Rücken. Der sturmgraue Hengst warf den Kopf hoch und scharrte mit dem Vorderhuf, aber er rührte sich nicht von der Stelle.
    »Los, Grani!« rief Gunter und stieß ihm die Fersen in die Flanken. »Los!«
    »Laufl« rief auch Sigfrid und schlug Grani mit der freien Hand auf das Hinterteil. Grani drehte den Kopf und bleckte die großen weißen Zähne, dann stampfte er mit dem Vorderhuf und rührte sich nicht mehr. So sehr Gunter sich auch mühte, ihn anzutreiben, Grani bewegte sich nicht. Er glich einer Statue aus grauem Stein. »Er läßt sich nur von dir reiten, Sigfrid«, sagte Hagen, »Grani wird uns nicht helfen.«
    Gunter blickte verzweifelt auf seinen Bruder. Dann stieß er den Kriegsruf der Burgunder aus.
    »Gebika!« rief er und sprang von Granis Rücken. Er stolperte, aber fing sich schnell wieder und rannte zu allem entschlossen auf den Flammenring zu.
    »Halt ihn fest!« rief Hagen erschrocken und lief hinter seinem Bruder her. Sigfrid rannte los, überholte Hagen und packte Gunter, der sich in die Flammen stürzen wollte. »Laß mich los!« schrie Gunter.
    »Sei doch vernünftig! Das darfst du nicht!« Gunter schlug wie wild um sich, und Sigfrid hatte Mühe, ihn festzuhalten. Aber dann war Hagen zur Stelle, und zusammen gelang es ihnen, Gunter von den Flammen zurückzuhalten. In dieser Nähe war die Hitze erschreckend, und das Feuer drohte sie zu erfassen, während sie schweißgebadet miteinander rangen.
    Schließlich gab Gunter auf und ließ sich von Sigfrid und Hagen aus der Gefahrenzone ziehen.
    »Warum... warum habt... ihr mich... nicht springen lassen?« keuchte Gunter und sah die beiden vorwurfsvoll an. »Ich hätte es...«
    »Du wärst bereits tot«, erwiderte Hagen, »das Feuer ist für

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