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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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dem er nicht erwachen konnte. Seine rechte Hand griff nach Gram, und er zog das Schwert aus der Scheide. Als er den kalten Kristall in der Hand spürte, wußte er, daß alles so war, wie er es wollte. »Sigfrid?« hörte er seine eigene helle Stimme und konnte nicht glauben, daß nicht er gefragt hatte. Er nickte verblüfft. »Ich bin bereit«, antwortete Sigfrid und sah sich in alter Gewohnheit nach Gunter um. Dann mußte er lachen.
    Im Westen versank die Sonne am Horizont. Sigfrid sprang auf Granis Rücken. Die Flammen um Brünhilds Burg schlugen hoch aus den Schilden und Speeren. Sigfrid hob sein blitzendes Schwert und stieß dann dem Hengst leicht in die Flanken.
    Die Feuerwand schien bis in den Himmel zu reichen, als Grani darauf zu galoppierte. Der Felsen unter Sigfrid erbebte, und dann fanden Granis Hufe keinen festen Halt mehr. Um Sigfrid wurde es so blendend heiß und hell, daß er die Augen schließen mußte, während das ohrenbetäubende Prasseln der Flammen ihn umgab. Die Zeit stand für Sigfrid still. Eine Ewigkeit tat sich auf. Im Feuerkreis eines dunklen Lichts umwehte ihn der Atem einer erhabenen Kraft. Sie prüfte seinen innersten Kern, ertastete seine unverwundbare Seele und vermochte dem hellen Glanz seines eigenen Lichtfunkens nichts anzuhaben. Ein unbeschreibliches Jauchzen, ein befreiendes Glück erfaßte ihn. Das Feuer verblaßte vor dem weißen Kristall, als den er sich erkannte. Langsam ließ der Lärm nach, die blendende Helligkeit nahm ab, und als er die Augen wie nach einem langen Schlaf öffnete, sah Sigfrid, daß er vor einer kleinen Burg stand. Die Flammen, die den Gipfel umloderten, warfen ihr zuckendes Licht auf ein wuchtiges Tor. Das matte Holz spiegelte undeutlich schattenhafte Gestalten. Sigfrid sprang vom Pferd, ging zum Tor und schlug mit dem Schwertgriff dreimal dagegen. Das dröhnende Klopfen hallte in der Burg wider, als sei sie aus Eisen. Er wartete kurz, und als niemand ihm öffnete, schob er das Tor auf und trat ein. In der Halle brannten auf ganzer Länge Fackeln. Am anderen Ende standen erhöht zwei Thronsessel. Der eine war dunkel, aber der andere schimmerte wie zarte weiße Seide. Langsam ging Sigfrid durch die Halle, bis er vor der weißgekleideten Frau stand, die dort saß. Sie leuchtete wie ein Schwan auf dunklen Wellen. Brünhild trug ein Kettenhemd über ihrem weißen Gewand und hielt einen weißen Schild vor sich. Unter dem stählernen Helm kamen lange blonde Haare hervor. Sie hatte ein blasses Gesicht mit hohen Wangenknochen. Ihre Augen waren so blau wie der Himmel, der sich im ewigen Schnee auf den Bergen spiegelt. Sigfrid betrachtete sie lange.
    »Wer bist du?« fragte Brünhild leise. »Wie bist du durch die Flammen geritten und kommst in meine Halle?«
    »Ich bin Gunter, Gebikas Sohn, König der Burgunder. Mit dem Einverständnis deines Vaters sollst du meine Frau sein, denn ich habe die Prüfung bestanden, so wie du es verlangst.«
    »Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll«, murmelte Brünhild und durchbohrte Sigfrid mit ihrem kristallklaren Blick. Er glaubte, sie werde sich von der Tarnkappe nicht täuschen lassen, und seine unwirkliche Gestalt würde von ihm abfallen wie ein alter, zerschlissener Mantel. Aber sie senkte schließlich den Kopf, seufzte tief und sagte leise: »Gunter, du solltest nicht so zu mir sprechen, wenn du nicht wirklich der Größte im Kreis von Mittelerde bist.« Sie schüttelte den Kopf und sah ihn mißtrauisch an. »Du scheinst nicht der Mann zu sein, der diesen Flammenring überwinden kann, und dich habe ich nicht in meinem Traum gesehen.« Sie schwieg und hob den Kopf. »Ich war eine Walküre und habe in vielen Schlachten das Schicksal von Königen bestimmt. Meine Waffen glänzten vom Blut der gefallenen Männer, und ich sehne mich noch immer nach dem Kampf.«
    »Du hast große Taten vollbracht«, erwiderte Sigfrid, »aber vergiß jetzt nicht deinen Eid. Du hast deine Hand dem versprochen, der durch die Flammen reitet. Verlobe dich also mit mir, Gunter, Gebikas Sohn.«
    »Ich habe den Eid geschworen, und ich werde ihn nicht brechen«, sagte Brünhild wie zu sich selbst. Dann stand sie energisch auf, verließ den Thron und nahm Sigfrids Hand. Der Griff ihrer schlanken Finger war so stark, daß er seine Kraft nicht zurückhalten oder befürchten mußte, ihr weh zu tun. »Da du mein Mann sein mußt, komm und setz dich neben mich.« Brünhild führte ihn zu dem leeren Thronsessel. Als er Platz genommen und Gram über die

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