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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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vergißt.«
    »Du verlierst allmählich den Überblick«, höhnte Echmar, »das liegt vermutlich an der Hochzeit, daß du so vergeßlich wirst...« Alle lachten, während Edmar mit zwei großen Krügen Met über die Laufplanke kam. Sigfrid dachte, es sei um den Met zu schade, um sich auf der Stelle zu rächen und Echmar ins Wasser zu stoßen. »Deine Katze?« fragte Hagen und blickte mit seinem dunklen Auge auf den Korb; Sigfrid hatte den Eindruck, Hagen werde sich nun auch noch über ihn lustig machen, deshalb fragte er schnell: »Wo ist Gudrun, und wann ist die Hochzeit?«
    »Ich glaube, Gudrun sitzt mit Kopfschmerzen in ihrem Zimmer, obwohl die Nachricht von deiner Ankunft sie bestimmt von allen Schmerzen heilen wird. Wenn alles gutgeht, dann müßte die andere Hochzeitsgesellschaft hier eintreffen, wenn der Mond wieder voll ist.« »Aber gestern war doch gerade Vollmond!« rief Sigfrid enttäuscht. »Du hast es selbst gesagt«, fuhr Hagen fort, »sie reiten sehr viel langsamer als wir drei. Brünhild wäre zwar auch schnell, aber sie hat ihre Mägde und die Wagen mit der Mitgift.«

    *

    In den nächsten Wochen gab es so viel für Sigfrid zu tun, daß ihm nicht viel Zeit blieb, über die Hochzeit nachzudenken. Krimhild achtete streng darauf, daß er Gudrun so wenig wie möglich sah. Hagen ließ Sigfrid mit Grani die Steine herbeischleppen, um die Hochzeitsbäder zu bauen, in denen nach Sitte der Burgunder Männer und Frauen getrennt sich würden reinigen müssen. Als das geschafft war, ging er mit seinen Leuten auf die Jagd, und sie angelten im Rhein, um genug Fleisch und Fisch für sich und Vorräte für die Hochzeit zu beschaffen. Es blieb heiß und schwül. Kein Gewitter reinigte die Luft und brachte die ersehnte Abkühlung. Deshalb war die Jagd mühsam und kein Vergnügen. Die Frauen taten sich schwer, in der Hitze das viele Fleisch zu verarbeiten.
    Am späten Vormittag nach dem Vollmond sichteten sie endlich Gunter und Brünhild am dunstigen Horizont. Sie ritten an der Spitze der Westgoten, ihnen folgten Mägde und Knechte in den Wagen. Sigfrid und Hagen standen auf einem der alten römischen Wachtürme und sahen sie näherkommen. Brünhild ritt dicht neben Gunter. Es hatte den Anschein, als würden sie miteinander reden. Sigfrid hoffte, daß sie sich inzwischen mit ihrem Verlobten ausgesöhnt habe. »Komm!« sagte Hagen zu Sigfrid und lief die Stufen hinunter. Aber er schlug nicht den Weg zurück ein, wie Sigfrid geglaubt hatte, sondern lief mit ihm durch die Stadt und dann einen schmalen Pfad am Fluß entlang zu einem großen roten Sandstein, der hoch über das Ufer ragte.
    »Was machen wir hier?« fragte Sigfrid.
    Hagen schob das Auerochsenhorn, das an einem Lederriemen um seinen Hals hing, auf den Rücken, damit er auf den Felsen steigen konnte, ohne das kostbare Horn zu beschädigen. Er schob den Wurfspeer in den Gürtel, und beim Hinaufsteigen sagte er: »Seit die Burgunder hier am Rhein sind, ist das unser geweihter Stein. Wenn ich in das Horn stoße, rufe ich damit das Volk zu den Hochzeitsritualen.« Sigfrid folgte ihm zu der großen Felsenplatte, die Wind und Wasser ausgehöhlt und zerfressen hatten. Er bemerkte zwischen den Spalten dunkle Streifen und Flecken, als seien hier den Göttern und Geistern schon viele Jahre Blut und Wein geopfert worden. Sigfrid hatte beim Erklettern des roten Sandsteins in Händen und Füßen ein starkes Pulsieren gespürt, so als steige der Saft der Erde durch die tiefen Wurzeln des Steins. Als er sich neben Hagen auf den Felsen setzte, fühlte er sich plötzlich erstaunlich wohl. Endlich schien er einen Platz zum Ausruhen gefunden zu haben. Erst jetzt stellte er fest, wie müde und erschöpft er war, aber gleichzeitig erfüllte ihn große Kraft.
    »Wann stößt du in das Horn?« fragte Sigfrid ungeduldig. »Warten wir, bis die Sonne noch etwas höher steht. Sie brauchen noch eine Weile, bis sie hier ankommen. Dann müssen sie abladen und so weiter. Du solltest jetzt in die Halle zurücklaufen und Krimhild sagen, daß sie kommen. Dann bereite dich auf das Fest vor.« Sigfrid sprang vom Felsen. Seine Schuhe versanken bis zu den Knöcheln im weichen Sand, und er fiel wie ein gefällter Baum auf den Rücken. Kopfschüttelnd stand er auf und rannte zu Gunters Halle.

    *

    Krimhild saß mit zwei grauhaarigen Frauen im Garten und bestickte etwas, das Sigfrid für eine Bettdecke oder einen Wandbehang hielt. »Gunter ist da!« rief er und lief auf sie zu. »Hagen wollte, daß

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