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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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aufzusetzen, die goldene Scheibe selbst einmal auf der Stirn zu fühlen. Hagen blickte auf das achtstrahlige Zeichen und wußte, daß er damit, und nur er allein, den Schlüssel zu den verborgenen Welten besaß, und nur er konnte die Geheimtür öffnen, hinter der das Rheingold lag. Tarnkappe und Schatz - er mußte es nur wollen, dann besaß er beides. Die verführerische Glut des feurigen Goldes ließ sein Blut schneller kreisen.
    »Das darf Sigfrid nicht begleiten!« sagte er laut. »Die Tarnkappe darf nicht nach Walhall. Sie ist ein Werk der Zwerge und auf alle Zeiten mit dem Rheingold verbunden. Ich muß sie noch heute in die Felsenkammer bringen.« Er schob sie in seinen Gürtelbeutel. Hagen fand unter dem Bett das Kettenhemd, das er Sigfrid geliehen hatte. Er legte es auf das Bett, packte Gold und Silber hinein und verhakte die aufgeplatzten Seiten zu einem großen Sack, den er in den Hof trug. Die Frauen erschienen mit Brünhilds Sachen. Sie faßten den Schmuck, die wertvollen Stoffe, die Gold- und Silberbarren nur vorsichtig mit spitzen Fingern an, als würden sie brennende Kerzen tragen. Sie machten einen großen Bogen um Grani, legten die Dinge vor die aufgebahrten Leichen und eilten wieder davon. Hagen breitete das Kettenhemd auf Sigfrids Brust aus und legte die mitgebrachten Dinge um Sigfrid und Sigmund, aber so, daß noch Platz für Brünhild blieb. Er mußte nur noch die Tote holen, dann konnten die Männer beginnen, den Scheiterhaufen aufzuschichten.
    Gunter schlief noch immer tief und fest. Hagen nahm Brünhild vom Bett. Er wußte sehr wohl, daß Tote, die den dunklen Kräften verfallen waren, unnatürlich schwer wurden, so daß niemand sie aufheben konnte, bis sie sich als Geister erhoben. Aber Brünhild war so leicht wie die Daunen eines Schwans, die vom Wind davongetragen werden. Er konnte sie mühelos und ohne zu stolpern, über die Schwelle bringen und an Sigfrids Seite legen. Er legte eine Hand auf ihre Schulter und die andere um den Schwertgriff, dann zog er ruckartig der Toten die Klinge aus der Brust. Kein But floß, der Körper bewegte sich nicht.
    Als Hagen Gram in der Hand hielt, strömte die stählerne Macht durch ihn hindurch. Die Sonnenstrahlen fingen sich auf dem gewundenen Drachen aus hellem und dunklem Metall. »Komm, Granit« rief er dem Hengst zu. Aber Grani bewegte sich nicht. »Du willst also noch warten?«
    Ohne das Schwert aus der Hand zu legen, verteilte er Brünhilds Schmuck und ihren anderen Besitz um die Tote. Die Männer hatten das Holz in den Hof gebracht. Als Hagen zurücktrat, begannen sie, den Scheiterhaufen aufzurichten. Am Anfang waren sie sehr ungeschickt, denn die Bugunder verbrannten ihre Toten nicht, aber schließlich fand Hagen, es sei genug Holz, damit die Leichen zu Asche würden.
    »Jetzt sollen die fünf Geiseln und die acht Krieger vortreten, die mit Brünhild gekommen sind«, befahl er. Die beiden Schwestern Childburg und Ragna erschienen als erste. Sie hatten die Köpfe gesenkt, und Hagen sah den bleichen Gesichtern an, daß sie wußten, was ihnen bevorstand. Er dachte daran, ihnen mit einem tröstlichen Wort zu helfen, aber er wußte, daß seine Anteilnahme ihnen eher noch mehr Angst und Schrecken einjagen würde. Ermina und Litta folgten den Schwestern stumm aus der Halle, aber Iring mußte die Christin Marta holen. Als die beiden erschienen, schwankte Marta beim Anblick des Scheiterhaufens und mußte sich auf Iring stützen. Die gotischen Krieger kamen in geordneter Reihe und nahmen vor dem Scheiterhaufen Aufstellung, so wie Brünhild es kurz vor ihrem Tod angeordnet hatte - zwei am Kopfende, zwei am Fußende, je vier an beiden Seiten. Hagen gab den Burgundern ein Zeichen, und die Männer schlossen einen engen Ring um den Scheiterhaufen. »Jetzt sollt ihr gehen, wie ihr gekommen seid! Begleitet eure Frowe zu ihrer Sippe und zu allen, die vor ihr gegangen sind. Ihr scheidet von uns in allen Ehren als Helden und könntet keinen würdigeren Abschied bekommen.«
    Hagen trat vor und stieß den Männern und Frauen das Schwert ins Herz. Sie waren von Fesseln gebunden, die niemand sah. Als Hagen die blutigen Leichen auf den Scheiterhaufen legte, erschien bleich und mit vor Entsetzen verzerrtem Gesicht Gunter. Der Burgunderkönig blieb am Tor seiner Halle stehen und mußte wie die anderen stumm mitansehen, wie Hagen mit eiserner Disziplin seine Pflicht erfüllte. Zum Schluß reichte man Hagen zwei gebundene Falken, die er lebend auf Sigfrids und Brünhilds

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