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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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werde, aber die Herausforderung blieb aus. »Du hast es so gewollt«, sagte der Führer der Goten, drehte sich um und ging zu seinem Platz zurück. Siglind erinnerte sich plötzlich an ihre neue Würde und sprang schnell vom Tisch, auf den sie geklettert war. Aber sie hielt die Augen noch immer auf ihren Bruder gerichtet. Sie atmete schnell und war glücklich, sie stand noch ganz im Bann des jubelnden Echos, das Sigmund in ihr ausgelöst hatte, als seine Hände das Schwert aus dem Stamm zogen. Siggeir legte den Arm um sie und drehte ihren Kopf zu sich. Er küßte sie sanft, aber leidenschaftlich, obwohl seine Augen über ihre Schulter hinweg Sigmund und Wals ansahen. Wals klopfte seinem ältesten Sohn auf den Rücken. »Ein gutes Schwert ist alles, was du willst?« fragte er, ohne die Stimme zu senken. »Bei den Göttern, Sigmund, du bist ein echter Wälsunge. Ganz sicher wirst du dir mit diesem Schwert Reichtum und Schiffe selbst erobern, so wie ich es getan habe.«
    Sigmund sah seinen Vater strahlend an. Das stille Feuer der Liebe und des Stolzes brannte in seinem Herzen und erhellte die Dunkelheit, die das Sinken der blendenden allgewaltigen Macht zurückgelassen hatte. »O ja, das werde ich«, sagte er. Sigmund wog das Schwert in der Hand und blickte zu seiner Schwester, um sich gemeinsam mit ihr zu freuen. Der blonde Wasserfall ihrer Haare kräuselte sich unter Siggeirs streichelnden Händen; ihr Bruder sah nur ihren Rücken. Sigmunds Hand preßte sich fest um den hellen Kristall im Schwertgriff. Sie ist seine Braut, sagte er sich. Sie hat den Schwur geleistet, und er ist jetzt ihr Mann. Aber Sigmund sehnte sich danach, Siglind wie immer an seiner Seite zu haben. Sie sollte das Gewicht und die Ausgewogenheit seiner neue Waffe prüfen, wie sie es immer bei seinen Übungsschwertern getan hatte. Sie sollte wie er den glatten Edelstein in der Hand spüren, der sich so selbstverständlich in seine Handfläche drückte, als habe er schon immer dort geglänzt. Siglind würde den Nachklang der Macht, der noch immer in seinem Arm vibrierte, genauso wie er empfinden, wenn die schlangenspitze Klinge schnell und gewichtslos die Luft durchschnitt. Er wußte, an diesem Schwert würde sie keinen Fehler finden. Die Männer drängten sich um Sigmund, begutachteten die Klinge und bewunderten das Schwert.
    »Ein Schwert so gut wie von Wieland«, erklärte ein stämmiger Gote mit einer Narbe unter dem linken Auge und nickte nachdrücklich. »Ja«, stimmte ihm Alfhari, Alflads Bruder, zu und kratzte sich den dichten braunen Bart. »Ich kannte einen Mann, der hatte ein Schwert mit einem ähnlichen Drachen auf der Klinge. Er sagte immer, die Zwerge hätten es für seinen Vater geschmiedet, aber er hat viel gesagt...« »Man erzählt, die kleinen dunklen Männer südlich von Rom am Rand von Muspell schmieden solche Klingen«, berichtete ein Sachse.
    »Ach was. Ich habe von einem Schmied gehört, der so klein ist wie ein Zwerg. Er hat seine Schmiede am Rhein«, entgegnete der kleinere Gote. »Mein Bruder kennt einen Mann, der einen Dolch von ihm besitzt. Er sagt, es ist der schönste Dolch, den er je gesehen hat. Er wollte ihn kaufen, aber der Mann hat ihn nicht hergegeben - so wie der Junge hier. Bei Thor, wenn ich eine solche Waffe hätte, würde ich sie auch nicht verkaufen. Aber unserem Drichten etwas abschlagen, das ist ein schneller Weg, um den Kopf zu verlieren und bei den Würmern zu landen.«
    »Wals' Sohn kann sagen, was er will und zu wem er will«, erwiderte Alfhari und ballte drohend die Fäuste.
    Wals' lautes Husten durchschnitt die dunstige Luft. Alfhari lachte mit gelben Zähnen, trat einen Schritt zurück, öffnete die Fäuste und wiederholte freundlich: »Sigmund kann sagen, was er will. Ich würde mich mit dem Jungen nicht anlegen, wenn er ein solches Schwert in der Hand hält...«
    Der stämmige Gote blickte ihn finster an, wandte den Kopf verstohlen in Siggeirs Richtung, räusperte sich dann laut, spuckte auf den Boden und trat den Speichel mit dem dicken Stiefel nachdrücklich ins Stroh. »Wahrscheinlich nicht«, sagte er widerwillig, und als er sich umdrehte, glaubte Sigmund zu hören, wie er murmelte: »... hat gesagt, wir sollen keinen Streit anfangen.«
    Alflad stand unterdessen wieder an dem Kessel, flüsterte leise rituelle Worte und begann, die Suppe und das Fleisch in Tonschalen zu füllen, die ihr die Mägde und Knechte reichten. Die Krieger kehrten zu den Bänken zurück; Sachsen saßen bei Sachsen und

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