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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Goten bei Goten. Sie redeten leise miteinander und warfen immer wieder Blicke auf Sigmund, der mit dem blanken Schwert in der Hand mitten in der Halle stand und allmählich verlegen wurde. »Bring das Schwert in meine Kammer«, sagte Wals und fügte leise hinzu: »Dort ist es sicher. Morgen können wir dir eine anständige Scheide machen.«
    Sigmund nickte. Er nahm eine Fackel von der Wand und verließ die Halle durch die niedrige Tür in der Nähe von Wals' erhöhtem Sitz, die zu der Kammer führte, die der Drichten mit Alflad teilte. Allein mit seinem Schwert, auf dem sich der rote Fackelschein brach, erfaßte Sigmund eine beinahe unerträgliche jubelnde Freude. Lange Zeit blieb er so stehen, die Fackel in der einen Hand, das Schwert in der anderen und blickte auf die Wellen von Licht und Schatten, die auf der Drachenschneide tanzten, wenn er die Klinge drehte. Schließlich zwang er sich, den Griff loszulassen. Er wickelte das Schwert in eine Decke vom Lager seines Vaters und stellte sich auf die Fußspitzen, um es auf einen der Balken über dem Feuerplatz zu legen. Er hörte, wie der Lärm in der Halle wuchs, als die Männer aßen und tranken und Trinksprüche ausbrachten, bis das Stimmengewirr zu einem gewaltigen Gebrüll aus über siebzig Kehlen anschwoll, die riefen: »Segen der Frowe!« Da wußte er, daß Siglind und Siggeir die Halle verlassen hatten und zu der kleinen Hütte aus geflochtenen Zweigen gegangen waren. Er hatte zu Ehren von Hulda und Nertuz mitgeholfen, sie mit Birken und Holunder zu schmücken, und mit weißblühender Eberesche und roten Bändern, um böse Hexenkunst abzuwehren, und mit den blassen Sternenblüten des Lauchs, Thors Bart, um Siglinds Jungfernschaft zu durchstoßen und den Samen in ihr zum Leben zu erwecken, so wie Thors Sommerblitze das Getreide reifen ließen. Sigmund stellte sich wieder auf die Fußspitzen und holte das eingewickelte Schwert vom Balken herunter. Er legte sich auf das Lager und drückte sein Schwert fest an sich. Er wußte im tiefsten Innern, wohin Gedanken nicht vordringen, daß die messerscharfe Klinge mühelos alles zertrennen konnte, daß sie ihm aber nie ins eigene Fleisch schneiden würde.
    Und so schlief Sigmund ein. Er träumte von seiner Schwester, die ängstlich und doch auch bereit war, als Siggeirs schwielige Hände ihre schwellenden Brüste streichelten, und sie zärtlich berührten, so daß sie sich ihm überließ wie ein junges Fohlen. Er träumte auch ihr Entsetzen - sie hatte im Sommer schon nackte Männer schwimmen sehen, Hunde, Katzen und Hengste in der Brunst, aber noch nie einen Mann in voller Leidenschaft - und den Schmerz am Anfang, als sie die Fäuste ballte und sich auf die Lippen biß, um den Mann nicht zu schlagen, ihn von sich zu stoßen, weil er in ihren Körper eindrang. Aber für Siggeir war sie nicht die erste Jungfrau, denn er hielt immer wieder inne und streichelte sie, bis ihr Atem sich beruhigte und ihre verkrampften Muskeln sich lockerten, bis sie wieder bereit für ihn war. Schließlich war seine Leidenschaft leichter zu ertragen, und mit dem Einsetzen der Lust und der Liebe für diesen Fremden stöhnte sie auf, denn dieser Mann war weder der Feind noch das wilde Tier, das sie gefürchtet hatte; Siglind überließ sich atemlos der Freude, die seine Berührung in ihrem Körper auslöste... Siggeir küßte Siglind, als die Wellen der Wärme sich in ihren Körper senkten; aber unter dem Strom der Gefühle, der sie verband - Huldas Geschenk -, hörte Siglind den fernen tiefen Klang des Unheils für ihren Vater, wie eine schäumende Brandung, die an ein fernes Ufer donnerte. Und in der Dunkelheit der Brauthütte dachte sie einen flüchtigen Augenblick daran, wie nahe und ungeschützt die Kehle ihres Mannes jetzt war. Aber sie hatte wie er auf den Ring vor dem Feuer der Göttin geschworen, und sie hatte mit ihm das Fleisch der heiligen Stute gegessen. Und so ließ sie sich aufs neue von seiner Zärtlichkeit besänftigen und sank schließlich in seinen Armen in einen tiefen Schlaf.
    Sigmund erwachte vom Lärm von Männern, die durch die Halle liefen und aufgeregt miteinander sprachen. Er stand schnell auf, schob das Schwert durch den Gürtel und lief zur Tür. Siggeirs Männer legten ihre Schlafdecken zusammen und trugen alles, was sie mitgebracht hatten, aus der Halle. Wals und Siggeir standen vor dem Apfelbaum, dessen Blätter im Licht des morgendlichen Regens tropften, und sprachen ruhig miteinander, während Siglind an der

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