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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Stimme klang plötzlich noch unheimlicher und drohender: »Der Spruch ist ergangen: Siggeir wird keine lebenden Söhne haben, auch keine Töchter. Nach dem Frevel der Wölfin stirbt sein Geschlecht.« Der Erulier schwieg, und in weiter Ferne hallte in Sigmunds Herz der Klageruf einer Mutter. Siglind weinte um ihre Kinder, um die geborenen und die ungeborenen, die das grausame Schicksal ihr raubte. Dann hörte Sigmund, wie der eiskalte Atem in seinem Kopf tönte: »Frage noch einmal, dann kehre ich in das Land zurück, aus dem du mich geholt hast.«
    »Wie kann ich das Wissen der Erulier erwerben?« fragte Sigmund mit klopfendem Herzen und schwerer Stimme. Der Atem aus Widukunds Totenschädel wurde kälter, der Verwesungsgeruch stärker, als sei Sigmund dem Land der Toten näher gerückt, aus dem er kam. »Wenn du das geheime Wissen von mir lernen willst, nimm das Messer, das unter meinem Wolfsfell liegt, und trenne den Schädel vom Körper. Hülle ihn in das Wolfsfell... umhülle ihn gut, damit kein Sonnenstrahl darauf fällt, und verwahre ihn an einem dunklen Platz. Nimm auch das Amulett vom meinem Hals, es ist ein Zeichen meiner Kunst. Wenn du etwas von mir wissen willst, hole um Mitternacht meinen Schädel hervor und hänge das Amulett um deinen Hals. Dann rufe Widukund von Heruli im Namen von Wotan, Wilij und Wihaz. Und wenn du mein Wolfsfell auf deinen Leib legst, dann wird die Wut der Wölfe dich erfassen und du wirst ein Wolf sein. In der Zeit, die kommt, wirst du große Not ertragen müssen. Jetzt lege mich auf das Wolfsfell, damit ich zurückkehren kann auf die nassen Wege der Wildnis und von dort in die heilige Halle, aus der du mich gerufen hast, Sigmund Wolfstöter, der letzte Sohn von Wals.« Der Atem, der aus dem offenen Kiefer des Toten drang, erstarb mit einem schwachen Seufzen aus den ledrigen Lungen, und die gespenstischen roten Funken in den leeren Augenhöhlen erloschen. Sigmund trug den Erulier behutsam zum Wolfsfell. Nach kurzem Tasten fand er den Dolch, nahm ihn an sich und legte die Leiche auf das Fell. Es dauerte nicht lange, und die eisige Kälte in der Grabkammer ließ nach. Da wußte er, daß der Geist des Eruliers den Ort verlassen hatte. Mit einer schnellen Bewegung durch trennte er die ledrige Haut und die Sehnen am Hals. Das Rückgrat brach wie ein trockener Ast, und der Totenschädel fiel ihm in die andere Hand. Dünne Haare glitten durch seine Finger. Das goldene Amulett fiel mit einem sanften metallischen Ton auf den Boden. Als Sigmund nach den Resten des Skeletts suchte, stellte er fest, daß alles zu Staub zerfallen war. Vorsichtig umhüllte er den Schädel und tastete auf dem Boden, bis er das kalte Gold des Amuletts spürte. Die Runenzeichen fühlten sich unter seinen Fingerspitzen rauh an, als er das Amulett aufhob und auf den Totenschädel legte. Dann setzte er sich und dachte nach.
    Etwas beschäftigte ihn, ohne daß er recht wußte, was es war. Dann wurde ihm bewußt, daß er nicht mehr fror, obwohl er immer noch nackt war. Er betastete seinen geschundenen Körper und stellte verblüfft fest, daß die schmerzhaften Entzündungen abgeschwollen und alle Wunden verheilt waren. Seine Muskeln waren locker und geschmeidig, und die bleierne Müdigkeit war verschwunden. Er atmete leicht und mühelos, kein Hustenreiz und kein Schleim plagten ihn mehr. Er fühlte sich kräftig und ausgeruht.
    Die Dunkelheit in der Grabkammer erschien ihm nicht mehr so schwarz. Er blickte sich um und sah durch die Öffnung in der Mauer einen grauen Lichtschimmer fallen. Sigmund legte den Kopf des Eruliers behutsam in die dunkelste Ecke und kroch dann langsam durch den Gang hinaus ins Freie. Der Morgenwind wehte erfrischend und kühl um seinen nackten Körper.
    Vor dem Grabhügel stand Siglind, weiß wie eine schlanke Birke in ihrem hellen Gewand. Sie hielt ein großes Bündel in den Armen. Als sie Sigmund sah, ließ sie das Bündel fallen, lief auf ihn zu und warf sich in seine Arme. Die Zwillinge klammerten sich aneinander, erfüllt von jubelnder Dankbarkeit darüber, daß sie noch lebten. Ohne sich aus der Umarmung ihres Bruders zu lösen, stieß Siglind bebend hervor: »Mein Traum... ich habe gesehen, wie du...« Ihr versagte die Stimme.
    »Wie ich mit dem Erulier gekämpft habe?« Sie nickte.
    »Hast du auch die Worte gehört, mit denen er meine Fragen beantwortet hat?«
    »Du meinst, daß einer meiner Söhne ein echter Wälsung ist. Und nur wenn er an deiner Seite kämpft, kannst du dein Schwert

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