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Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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hatte.
    Unter bittern Tränen hob Mauseohr den Stein in die Höhe und sah seine Mutter und seinen Bruder fein ordentlich mit ihren Kronen daliegen; er pries den frommen Müller tausendmal selig, daß er so ehrlich an seinen Verwandten gehandelt habe, und dann schimpfte er wieder auf den Mainzer König, der an allem dem Elend schuld sei.
    »Ja wohl,« sagte die Ratze, »ihm ist alles Böse zu gönnen, und wenn nur seine Tochter, die schöne Ameley, vor ihm gerettet wäre, wollte ich gar nicht mehr an ihn gedenken.«
    »Die schöne Ameley hat gute Ruh,« sagte Mausohr, »die war schuld an allem, und sie liegt nun im Rhein mit all den übrigen Kindern, ich habe sie noch zuletzt hineingepfiffen.« – Da die Ratze dies hörte, geriet sie in große Traurigkeit und Wehklagen wegen dem frommen Müller Radlauf und stellte dem Mausohr die Sache so beweglich vor, daß er auch zu weinen begann; da die Sache aber nicht mehr zu ändern stand, so beschlossen sie endlich, den Leichnam der Königin und Rattenkahls auf dem Schifflein nach Trier zu bringen, an ihrer Statt aber die Strohpuppen in die Grube zu legen und die Grabschrift zu verändern, damit der Müller, wenn er zurückkäme, wisse, was vorgefallen sei.
    Nun brachte Mausohr erst seine Mutter und dann seinen Bruder auf das Schiff; dann legten sie an ihrer Statt die Strohpuppen hinein, den Grabstein aber drehte er um und schrieb darauf:
    Prinz Mauseohr von Trier
Fand Mutter und Bruder hier
Und fuhr sie auf dem Kahn
Den Rhein hinab, die Mosel an,
Nach Trier, wo sie jetzt ruhen.
Nun liegen in der Truhen
Zwei Strohpuppen in Mäusebalgen,
Er holte sie vom Mainzer Galgen
Und pfiff die Mainzer Kinderlein
Zur Strafe alle in den Rhein.
Beschlossen ward im Himmelsrat,
Was er aus Kindesliebe tat;
Ach frommer Radlauf! ihm verzeih,
Weiß Gott, die schöne Ameley
War auch dabei,
Der Gott genad;
Kömmt Zeit, kömmt Rat!
    Nachdem er diese Grabschrift verfaßt hatte, ging er, das Schifflein mit allerlei grünen Gesträuchen zu schmücken; der Rattenkönig aber läutete nochmals mit seiner Kürbisglocke, und da ohngefähr ein Zwanzig Ratten und Mäuse zusammengekommen waren, teilte er das Säckchen Mehl, das ihm Radlauf zurückgelassen hatte, redlich unter sie aus, und rief die ältesten unter ihnen hervor, zu denen sagte er: »Ich übergebe euch nun auf längere Zeit die Regierung meines Reichs, da ich schon alt bin und nicht weiß, ob ich von meiner Reise wieder zurückkomme.« Sodann rief er alle die Paare hervor, die miteinander haushalten wollten, legte ihnen ihre Pfötchen ineinander und sprach: »Haltet fein Haus zusammen, und alle eure Kinder haltet dazu an, die schreckliche Niederlage, die der König von Mainz unter eurem Geschlecht angerichtet hat, zu rächen; lebt wohl und haltet euch wie ehrliche Ratten und Mäuse.«
    Nun begab sich der Rattenkönig mit Mausohr auf den Kahn und sie fuhren mit gutem Wind nach Trier. Man war wegen der plötzlichen Flucht des kleinen Prinzen dort noch in der größten Bestürzung, als er plötzlich an der Stadt landete. Mit ungemeiner Freude und Trauer empfing man ihn und die Leichen der verstorbenen Herrschaften, denen man ein schönes Grab baute und oben drauf ein kleines goldnes Haus für den Rattenkönig, wo er immer von Mausohr mit Zuckerbrot gefüttert wurde; denn er wollte sich gar nicht von der alten Königin trennen, so sehr liebte er sie.
    Mausohr ward nun, weil er so viel Klugheit und Tapferkeit gezeigt hatte, einstimmig zum König ausgerufen, und das erste, was er tat, war, daß er alle Zurüstungen zum Kriege machte, um den König von Mainz noch härter zu strafen.
Wie die Mainzer Bürger ein großes Wehklagen erhoben und vor des Königs Schloß zogen, und wie dieser eine neue Treulosigkeit beging.
    Nun wollen wir aber einmal wieder nach Mainz sehen, was alle die Leute und der König und die Königin anfangen, die Mausohr in die Kirchen eingeriegelt hatte. Als der Gottesdienst aus war, wollten die Leute nach Haus zum Mittagessen gehen; aber da war die Türe fest zu. Man pochte, man probierte alle Schlüssel; nichts half; schon zankten die Leute auf die Kinder und nahmen sich vor, wenn sie erst heraus wären, die Kinder recht zu strafen, denn niemand anders konnte den Riegel vorgeschoben haben als die Kinder, weil alle übrigen Leute mit eingeschlossen waren.
    Es war ein entsetzliches Lamentieren, die Köchinnen schrieen alle: »Ach Gott! der Braten wird uns verbrennen!« Die Mütter schrieen: »Unsere Kinder werden verhungern!« Die

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