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Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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solche Mütze hat und noch viel schönere, mit goldenen Quasten und einem Federbusch drauf; dies ist nur meine ordinäre Reisemütze.« – »Ei! da bist du ja sehr glücklich!« sagten die Kinder, »warum hast du denn geweint?« – »Geweint«, sagte Mausohr, »habe ich vor Zorn über die Leute, die da am Galgen hängen, die euch so vielen Schaden getan; ei potz tausend! die haben schöne Mäusepelze an, da könnte mein Vater euch allen Mützen davon machen, wenn er sie auf der Petersau hätte.«
    »Hört einmal, ihr Knaben!« sagte da ein Schornsteinfegerjunge, »wenn uns nur die Mädchen nicht verraten, die Kerls mit den Pelzen wollte ich bald herunter haben, und dann nimmt sie Peterchen mit zu seinem Vater und läßt uns Mützen daraus machen.« – »Ei! ihr wollt uns immer als Verräter ausschreien,« sagte da ein Schulmeisters-Töchterchen, »und ihr seid es doch, die ihr uns neulich verraten habt, da wir dem Küster die Birnen von dem Baume geworfen haben; wir tragen auch gerne Pelzmützen, und wenn ihr uns auch welche machen lassen wollt, so soll keine Seele was davon wissen.« – »Ja ja, gewiß nicht!« schrieen alle die andern Mädchen. – »Was sollen wir aber sagen,« versetzte der Schornsteinfegerjunge, »wenn uns die Eltern fragen, woher die Mützen und wohin da die Pelznickel gekommen sind?« – »Ei!« sagte das schlaue Mägdlein, »wir sagen, die Pelznickel seien fortgeflogen, und die Mützen wären vom Himmel herab geregnet; wissen die Eltern doch auch nicht, wo die Mäuse hergekommen.«
    »Ja ja!« schrieen da alle, »so geht es an, herunter! herunter mit den Pelznickeln!« Und mit einem Sprung kletterte der Schornsteinfegerjunge den Galgen hinan und wollte sie schon abschneiden und herunter plumpsen lassen; aber Mausohr schrie ihm zu: »Lieber! laß sie nicht so hart fallen, daß der Pelz nicht zerreißt; habt ihr keinen Wagen, auf dem wir sie nach dem Rhein fahren können, wo ein Kahn steht?« – »Da neben unterm Schloßtor steht dem König sein kleiner goldener Gartenwagen, auf dem er sich täglich von zwei großen Hunden im Garten herumfahren läßt,« schrie das Söhnlein des Leibkutschers, »den wollen wir holen, er ist sehr leicht«, und somit liefen gleich einige nach dem Wagen.
    In wenigen Augenblicken stand er unter dem Galgen; der Schornsteinfegerjunge schnitt zu, und alle beiden Figuren fielen so schön gerade hinein, daß sie wie lebendige Menschen zu sitzen kamen; so oft aber eine herunterfiel, schrieen alle Kinder Viktoria! und Mausohr drückte die Augen zu; denn er glaubte noch immer, es sei seine Mutter und sein Bruder, und das Fallen könne ihnen weh tun. »Nun fort an den Rhein!« schrie Mausohr; die Knaben zogen, die Mägdlein drückten, Mausohr ging voran.
    Als sie ans Wasser kamen, stand hinter einem Busch der hochzeitliche Kahn mit schwarzen Wimpeln; er ließ die Strohmänner drauflegen, spannte die Segel auf; die Kinder standen in einem langen Kreis am Wasser hin; da alles zur Abfahrt fertig war, ergriff Mausohr mit einer Hand das Steuer, mit der andern nahm er seine Pfeife aus der Mütze und sagte: »Nun, ihr Mainzer Knaben und ihr Mainzer Mägdlein! weil ihr denn diesen Ehrenleuten, die hier im Kahne ruhen, so manch Liedchen gepfiffen, will ich euch wieder eins pfeifen; kommt mit! kommt mit! damit mein Vater euch das Maß zu den Pelzmützen nehmen kann«; und somit begann er ein Liedchen auf seiner Pfeife, indem er vom Land abfuhr, zu blasen, so wunderbar lustig und traurig, daß die Kinder erst alle an zu lachen und zu weinen und endlich zu tanzen begannen, und sich immer mehr und mehr an das Wasser drängten und endlich gar hineinsprangen und drin herumwalzten; und immer ferner fuhr Mausohr mit dem Kahn, und die Kinder sprangen immer lustiger ins Wasser; anfangs hielten sie noch die Kleiderchen in die Höhe, um sie nicht naß zu machen, bald stand ihnen das Wasser bis an den Hals, und dabei sangen sie beständig mit dem beweglichsten Ton:
    Ach Gott und Herr im Himmelreich!
Ach liebster Vater und Mutter mein!
Wir armen Kinder allzugleich,
Wir müssen sterben in dem Rhein!
Ach Hilfe! Hilfe! Hilfe!
    Ach Peterchen, Herrn Peters Sohn,
Des Königs von der Petersau,
Du nimmst gar teuren Mützenlohn,
Du nimmst das Maß gar zu genau,
Ach Peter! Peter! Peter!
    Ach hätten nun und nimmermehr
Die Mützen wir gesehen an;
Du rächest dich auch gar zu schwer,
Du falscher, böser Petermann!
Ach Mütze! Mütze! Mütze!
    Die Pfeife bläst du gar zu mild,
Die Pfeife bläst du gar

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