Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Richter

Richter

Titel: Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Ciancarlo de u Lucarelli Andrea u Cataldo Cammilleri
Vom Netzwerk:
der frühen Stunde rund dreißig Neugierige versammelt.
    Einer davon löste sich aus der Gruppe, näherte sich dem Richter und zog den Hut.
    Es war Don Nené Lonero, mit betrübter, anteilnehmender Miene.
    Auf der Piazzetta herrschte mit einem Mal gespannte Stille.
    »Ich hoffe doch sehr, dass die Justiz keinen allzu schweren Schaden erlitten hat«, sagte er.
    »Die Justiz«, antwortete eiskalt der Richter, »hat keinerlei Schaden erlitten, seid unbesorgt.«
    Und er betrat das Gerichtsgebäude.
    Auf seinem Weg durch den Flur bemerkte er, dass der massive schwarze Schrank unbeschädigt an Ort und Stelle stand.
    In sein völlig rußgeschwärztes Amtszimmer kam er nicht hinein; Nicolosi und die beiden Gerichtsdiener versuchten bereits, das Wenige zu retten, das den Flammen entgangen war.
    Der grüne Schrank war in einen Haufen aus Asche und verkohlten Holzstückchen verwandelt, und auch der halbe Schreibtisch existierte nicht mehr.
    »Wohin wollt Ihr umziehen?«, fragte Nicolosi.
    »Ins Zimmer nebenan.«
    Derart viele Büros standen leer, man hatte die Qual der Wahl.
    Richter Consolato trat zu ihm.
    »Ich habe es eben erfahren und bin gleich hergelaufen.«
    Der Richter lächelte ihm zu. Heilige Muttergottes, der Mann musste Nerven wie Drahtseile haben!
    »Habt Ihr gefrühstückt?«
    »Dazu hatte ich keine Zeit.«
    »Ich auch nicht. Kommt Ihr mit mir ins Café Arnone ?«
    »Gern.«
    Sie gingen los. Irgendwann fand Consolato den Mut, das Schweigen zu brechen.
    »Wie es aussieht, wollten sie nur den grünen Schrank vernichten«, sagte er.
    »Freilich«, meinte der Richter. »Und es ist ihnen voll und ganz gelungen.«
    Wieder bewunderte Consolato Surras Ungerührtheit und Gemütsruhe angesichts einer so schwerwiegenden Niederlage. Denn natürlich würde von diesen vier Ermittlungsverfahren keine Rede mehr sein können.
    Sie betraten das Café.
    An einem der Tische saßen Don Nené und vier Männer. Gerade goss Don Nené Schaumwein in die Gläser. An vielen anderen Tischen frühstückten Gäste.
    Als er Richter Surra hereinkommen sah, stand Don Nené auf, das Sektglas in der Hand: »Wollt Ihr Euch nicht zu uns gesellen? Meine Freunde hier, Milioto, Savastano, Curreli und Costantino, feiern mit mir.«
    Die vier Genannten betrachteten den Richter, verbeugten sich und brachen in Gelächter aus. Auch an den Nebentischen wurde gelacht.
    Consolatos Gesicht war fahl. Das des Richters teilnahmslos.
    »Nein danke, ich trinke morgens nie.« Dann, zum Mann hinter dem Tresen gewandt: »Was der Herr dort isst, was ist das?«
    »Eine Zitronengranita und ein Tarallo.«
    »Das möchte ich auch gern probieren. Und Ihr, Consolato, was nehmt Ihr?«
    »Einen ... Mi... Milchkaffee.«
    Der Richter aß die Granita. Hin und wieder schloss er kurz die Augen.
    »Sehr gut!«, sagte er schließlich. »Gebt Ihr mir noch eine?«
    Da sämtliche Mitglieder des Gerichts herbeigeeilt waren, sobald sie die schlimme Nachricht vernommen hatten, konnte Richter Surra die Besprechung eine Stunde früher beginnen als geplant. Vor sich hatte er finstere, zornige Mienen. Es herrschte eine Begräbnisstimmung.
    Gerade wollte er das Wort ergreifen, da kam Nicolosi herein und berichtete, der Korrespondent des Giornale dell’ Isola wolle dem Herrn Richter einige Fragen zu dem Brandanschlag stellen.
    »Bittet ihn herein«, sagte Surra überraschenderweise.
    »Hierher?«, staunte Nicolosi.
    Und nicht nur Nicolosi.
    »Ja. Hierher.«
    Der Journalist trat ein, der Richter bat ihn, sich zu setzen, und sagte: »Ich empfange Euch in Gegenwartmeiner Kollegen, denn mein neues Büro – das alte ist ja nicht mehr brauchbar – wurde noch nicht hergerichtet.«
    »Ich werde Euch so wenig Zeit stehlen wie möglich«, sagte der Journalist, »es geht mir nur um eine Bestätigung. Stimmt es, dass ein gewisser grüner Schrank in Eurem Büro verbrannt ist?«
    »Ja, und auch der Schreibtisch, um exakt zu sein.«
    »In der Stadt geht das Gerücht um, der Schrank habe Prozessakten von einiger Wichtigkeit enthalten. Könnt Ihr das bestätigen?«
    »Ich bestätige es.«
    »So kann ich also schreiben, das einzige Ziel derer, die ins Gericht eingedrungen sind, bestand darin, diese Akten zu vernichten?«
    »Ich würde sagen, das könnt Ihr schreiben.«
    »Und dass der entstandene Schaden folglich irreparabel ist?«
    Richter Surra wirkte perplex.
    »Irreparabel? Schaut, der Schreibtisch war wurmstichig, der grüne Schrank vollkommen verzogen ... Ich lasse neue Möbel anschaffen.«
    »Nein, ich

Weitere Kostenlose Bücher