Richter
sorgen. Und da dies Regeln waren, welche vom Gesetz nicht vorgesehen sind, standen diese Männer unversehens automatisch außerhalb des Gesetzes. Dennoch haben sie das Verdienst, dass sie ...«
»Erlaubt mir eine Frage, Eccellenza«, unterbrach ihn der Richter. »Zu diesen Männern voll guten Willens zählt Ihr wohl auch Signor Emanuele Lonero?«
Der Senator lächelte. Dieser Piemontese war wohl doch nicht so blöde, wie er wirkte.
»Ja, ihn auch, warum nicht?«
»Weil dieser Herr sich von einem pflichtvergessenen Richter Ermittlungsakten hat geben lassen, die ...«
»Und was will man dagegen sagen! Kaum habt Ihr diese Akten von Lonero verlangt, da hat er sie Euch unversehrt ausgehändigt!«, wandte der Senator flugs ein. »Er hat sich diese Akten geben lassen, um sie in Sicherheit zu bringen, da das Gerichtsgebäude nicht mehr bewacht wurde. Seht Ihr, wie schnell man einem schweren Irrtum erliegt?«
»Diese vier Verfahren scheinen dem Herrn Lonero sehr am Herzen zu liegen.«
»Ja, weil sie vier seiner Freunde und Mitarbeiter betreffen, die dazu beigetragen haben, die Ordnung aufrechtzuerhalten, auf korrekten Umgang der Menschen miteinander zu achten ... Genau darum möchte er sie, wie soll ich sagen, sorgfältig behandelt wissen, ich will nicht sagen parteilich, Gott behüte, doch mit einem verständnisvollen Blick angesichts dessen, was sie für unsere Stadt ...«
Richter Surra erhob sich. Er hatte schon zu lange zugehört.
»Dann wird es Signor Lonero freuen zu hören, dass diese vier Ermittlungsverfahren für mich höchste Priorität genießen. Sie werden als Allererste vom neuen Gericht von Montelusa behandelt, das garantiere ich Euch.«
Er vollführte eine angedeutete Verbeugung vor dem Senator, der ihn wie versteinert ansah, und verließ den Salon.
»Don Nené ist zu grobschlächtig für einen wie den Richter Surra! Freilich hat der gelächelt, als er den Lämmerkopf sah. Das Lächeln des Überlegenen, das war das!«,meinte Don Agatino Smecca glutvoll. »Dessen, der weiß, dass er seinen Gegner in den Sack stecken kann, wann und wie er will!«
Professore Sciacca pflichtete ihm bei.
»Ganz offensichtlich ist Don Nené im Hintertreffen. Er hat mit Presidente Paoloantonio eine wichtige Figur eingebüßt und hat die Akten zurückgeben müssen. Mit der Folge, dass Don Nenés vier Spezis die ersten sind, denen der Prozess gemacht wird! Bella figura, kann man nur sagen!«
»Abwarten, wenn Ihr mich fragt.«
»Ich kann aber nicht mehr abwarten! Mir schwimmen so langsam die Felle weg! Seht Ihr denn nicht, wie der gestrickt ist? Was habt Ihr erreicht, indem Ihr mit ihm gesprochen habt? Einen feuchten Kehricht!«
»Ich habe begriffen, wie er funktioniert. Er funktioniert so, dass er eben nicht funktionieren will.«
»Das heißt?«
»Ich kehre morgen nach Rom zurück. Und dann unternehme ich alles, um ihn versetzen zu lassen. Darum sage ich ja: abwarten.«
»Und so lange macht der mit den vier Verfahren weiter?«
»Das ist unvermeidlich.«
»Dann sorge ich selbst dafür, dass er nicht weitermacht.«
»Hört her, Don Nené, und hört gut her. Wenn Ihr irgendetwas gegen den Richter unternehmt, kann Euch keiner mehr helfen, nicht mal der Herr Jesus Christus höchstpersönlich!«
»Ah, ich fass ihn nicht an, Euren Richter, fahrt Ihr nur immer beruhigt weg.«
»Und was habt Ihr stattdessen vor?«
»Das geht niemanden was an.«
5.
E in dringliches Klopfen an der Haustür weckte ihn. Verschlafen machte er auf und erkannte im dämmernden Tageslicht Solano, den Maresciallo der Carabinieri.
Er erschrak.
»Was ist los?«
»Man hat versucht, das Gericht in Brand zu stecken. Kommt schnell, ich warte hier auf Euch.«
Die Nachricht erschütterte ihn derart, dass es ihm nicht gelang, Ordnung in die Gedanken zu bringen, die in seinem Kopf wild durcheinanderschossen. Eilig zog er sich an und ging hinunter.
»Wie ist die Lage?«
»Die Flammen konnten rasch unter Kontrolle gebracht werden. Zum Glück hat der diensthabende Carabiniere es rechtzeitig bemerkt und Alarm geschlagen.«
»Schwere Schäden?«
»Nicht so schwere. Nur Euer Amtszimmer ist teilweise zerstört. Der Schreibtisch und der grüne Schrank sind verbrannt, mit allem, was darin war.«
»Aha«, meinte der Richter beruhigt. Und nach einer Weile fragte er: »Warum sagt Ihr, es handle sich um Brandstiftung?«
»Weil sie eine Hintertür aufbrechen mussten, um unbemerkt hineinzukommen.«
Auf der Piazzetta vor dem Gerichtsgebäude hatten sich trotz
Weitere Kostenlose Bücher