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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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fuhr danach seinen altersschwachen, stumpfgrünen Fendt mit der stolzen gelben Aufschrift ›Dieselross‹ aus der Scheune, um Einkäufe im nahen Ostrach zu erledigen. Die roten Radfelgen leuchteten durch den Nebel.
    Das braune gemalte Auge blickte dem Bauer aus dem fleischigen Dreieck vorwurfsvoll nach, als er auf seinem knallenden Traktor im Nebel verschwand.

2 Lehrerglück
    Der Brief des Jakobus
    Nicht so viele von euch sollen Lehrer werden, meine Brüder. Ihr wisst, dass wir im Gericht strenger beurteilt werden.
    3:2 Denn wir alle verfehlen uns in vielen Dingen. Wer sich in seinen Worten nicht verfehlt, ist ein vollkommener Mann und kann auch seinen Körper völlig im Zaum halten.
    3:3 Wenn wir den Pferden den Zaum anlegen, damit sie uns gehorchen, lenken wir damit das ganze Tier.
    3:4 Oder denkt an die Schiffe: Sie sind groß und werden von starken Winden getrieben, und doch lenkt sie der Steuermann mit einem ganz kleinen Steuer, wohin er will.
    3:5 So ist auch die Zunge nur ein kleines Körperglied und rühmt sich doch großer Dinge. Und wie klein kann ein Feuer sein, das einen großen Wald in Brand steckt.
     
    »Sergej, lass das! Weg mit dem Feuerzeug!«
    Der Angesprochene schaute mich kurz herausfordernd an, dann ließ er das Feuerzeug in seiner Tasche verschwinden. Sergej hatte versucht, den Hintern seines Vordermannes zu erhitzen. Dieser war nun aufgesprungen, fuhr sich mit der Rechten über sein Gesäß und rief:
    »Du Russenarsch, lass den Schwachsinn, das nächste Mal fängst du eine!«
    »Ich nix Russenarsch«, konterte Sergej erstaunlich gesprächig.
    Meist schüttelte der 17-jährige Russlanddeutsche nur den Kopf. Entweder vertikal, meist jedoch horizontal.
    »Ruhe, Leute, benehmt euch nicht wie im Kindergarten.«
    Diese Aufforderung und einer meiner pädagogischen Standardsprüche, vermochte es vermutlich nicht, die beiden Kampfhähne zu beruhigen, es war wohl eher ihre Müdigkeit in der letzten Schulstunde, die eine heftigere Auseinandersetzung verhinderte.
    Seit einem Jahr war ich Berufsschullehrer honoribus causa, mit einem Sechs-Stunden-Deputat unterrichtete ich Religion in Friseurinnen I und II, Metall   II, Puddingakademie I und Fototechnische Assistenten – wobei ich die Elitegruppe Fototechnische Assistenten zweistündig unterrichtete, immer donnerstags und am Freitag in der ersten Stunde. In dieser Klasse der gewerblichen Bad Saulgauer Vorzeigeausbildung befand ich mich gerade.
    »Also zurück zum Thema, wer weiß noch, wo wir stehengeblieben waren?«
    Stille.
    Vorwurfsvoll blickte ich in die illustre Runde von 24 eher gelangweilten Gesichtern. Ich wusste selbst nicht mehr, wovon wir gerade geredet hatten. Als ich meine Stirn sorgenvoll runzelte, meldete sich die zarte Alisa:
    »Sie haben gesagt, Sie finden den obszönen Endkapitalismus echt zum Kotzen und letztendlich müsste unsere Generation wieder auf die Straße und Molotowcocktails werfen.«
    »Ähm, so habe ich das nicht, ähm gesagt.«
    »Doch ziemlich genau so.«
    Das doppelte Dutzend grinste mich – plötzlich erstaunlich aufmerksam – forsch an. 23 Köpfe nickten, nur Sergej, von dem keiner wusste, warum er ausgerechnet in dieser Klasse war, schüttelte den Kopf. Ich deutete vom Pult aus in seine Richtung und nickte ihm dankbar zu – einen Verbündeten wähnend:
    »Sergej scheint das auch anders zu sehen?«
    Sergej schüttelte weiterhin seinen kleinen Kopf mit den glatten, blonden Haaren und bemerkte:
    »Ich nix Russenarsch!«
    »Also, zurück zum Thema. Wir haben versucht zu klären, was Trinität ist. Wer kann das noch mal in einem Satz wiedergeben?«
    Die anämische Alisa hob wiederum ihr dünnes, dunkel behaartes Ärmchen und schnipste ungeduldig mit den Fingern.
    »Nicht immer Alisa, weiß das sonst noch jemand? Das ist echt zum Kotzen mit euch, Heilandzack!«
    »Aber Herr Bööönle, man darf doch nicht fluchen«, klimperte Vicky mit ihren verlängerten Wimpern. Sie saß in der ersten Reihe mit ihrer Busenfreundin Anita. Und Busenfreundin war noch untertrieben. Anita war vorbildlich gebaut und für die herbstliche Jahreszeit eindeutig zu leicht beschürzt.
    »Sag mir lieber, was Trinität bedeutet.«
    Die schöne, dunkelhaarige Vicky schaute mich treu an.
    »Herr Bönle, können Sie mir mal sagen, warum ein Mann wie Sie Religion in einer Berufsschule unterrichtet?«
    Dabei begutachtete sie mich ausgiebig von oben bis unten. Ganz unten blieb sie hängen und forderte keck:
    »Und die Geschichte mit Ihren

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